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Der Polizistenmörder

Der Polizistenmörder

Titel: Der Polizistenmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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große Schmerzen, und die Vorderseite seiner Uniform war bereits vom Blut durchnäßt und klebrig. Er konnte weder sprechen noch sich bewegen, nur beobachten. Er war völlig hilflos. Trotzdem war er mehr erstaunt als ängstlich. Wie hatte so etwas geschehen können? Zwanzig Jahre lang war er mit Leuten umgesprungen, hatte sie angebrüllt, angerempelt, mit Füßen getreten, ihnen eins mit dem Gummiknüppel übergezogen oder sie mit der flachen Seite des Säbels geschlagen. Immer war er der Stärkere gewesen, war bewaffnet gegen Unbekannte vorgegangen, hatte Recht gegen Rechtlose durchgesetzt und Macht über Machtlose gehabt Und nun lag er hier.
    Der Mann mit dem Revolver war zwanzig Schritte entfernt. Es war heller geworden, und Elofsson sah, wie er den Kopf drehte, und hörte ihn die drei Worte brüllen: »Ins Auto, Kasper!«
    Dann hob der Mann die linke Hand, legte den Lauf in die Armbeuge und zielte sorgfältig. Auf wen?
    Die Frage war überflüssig. Ein Querschläger, weniger als einen halben Meter von seinem Gesicht entfernt, ließ die Funken sprühen. Gleichzeitig hörte er einen Schuß hinter sich.
    Schoß der andere Idiot ebenfalls? Oder war es Borglund? Den Gedanken ließ er fallen. Wenn Borglund nicht schon tot war, lag er irgendwo und stellte sich tot.
    Der Mann mit dem Revolver stand jetzt still. Breitbeinig. Zielte.
    Elofsson schloß die Augen. Fühlte das Blut aus seinem Körper rinnen. Er sah nicht sein Leben an sich vorbeiziehen, sondern dachte nur:Jetzt sterbe ich.
    Hector hatte im Fallen seine Pistole in der Hand behalten. Er lag auf dem Rücken, sein Kopf lehnte an dem Zaun, und er sah die Gestalt mit den kurzgeschnittenen Haaren ebenfalls, jedoch der größeren Entfernung wegen undeutlicher. Außerdem lag Elofsson mitten im Schußfeld, aber so dicht auf die Fahrbahn gedrückt, daß er darüber hinwegschießen konnte.
    Im Gegensatz zu seinem Kollegen war Hector nicht besonders erstaunt. Er war jung, und dies hier war eigentlich genauso, wie er sich seinen Beruf vorgestellt hatte. Sein rechter Arm war nach wie vor unverletzt, aber mit dem linken stimmte etwas nicht, und es fiel ihm sehr schwer, mit der linken Hand das Schlußstück zu ergreifen und durchzuziehen. Und eine solche Bewegung war notwendig, denn der Vorschrift entsprechend hatte er tatsächlich keinen Schuß im Lauf. (Bei Elofsson und Borglund war das anders, aber die beiden hatten weder Freude noch Nutzen davon.) Die Handbewegung glückte erst, als der andere bereits seinen ersten Schuß in der zweiten Serie abgefeuert hatte.
    Hector litt. Der Schmerz im Arm und in der ganzen linken Seite war kaum auszuhalten, und manchmal verschwamm die ganze Szene vor seinen Augen. Er gab den ersten Schuß versehentlich durch eine unwillkürliche Bewegung des Fingers ab, und der lag prompt zu hoch.
    Jetzt war nicht die Zeit für Warnschüsse, das war ihm klar. Hector erzielte auf dem Schießstand ganz gute Ergebnisse, aber in diesem Moment ging es um Leben und Tod. Die Gestalt im Nebel, fünfundzwanzig Meter von ihm entfernt, hatte alle Vorteile für sich, und das Verhalten des Mannes ließ darauf schließen, daß er den Schauplatz nicht verlassen würde, ehe alle Polizisten um ihn herum garantiert mausetot waren. Hector holte tief Luft; das tat so weh, daß er beinahe das Bewußtsein verlor. Ein Geschoß schlug in den Zaun, und der Maschendraht gab einen eigentümlichen Ton von sich. Die Schwingungen erreichten Hectors Hinterkopf, und für einen Augenblick konnte er mit erstaunlicher Schärfe und Konzentration sehen. Er hob die Pistole, bemühte sich, den Arm gerade und die Hand stillzuhalten. Das Ziel war verschwommen, aber er konnte es sehen.
    Hector krümmte den Finger. Dann verlor er das Bewußtsein. Die automatische Pistole fiel ihm aus der Hand.
    Elofsson dagegen war bei Bewußtsein. Zehn Sekunden früher hatte er die Augen geöffnet und festgestellt, daß sich nichts verändert hatte. Der Mann mit dem Revolver stand wie vorher da, breitbeinig und die Waffe in der Armbeuge, sichtlich unverletzt, und zielte.
    Wieder fiel ein Schuß hinter ihm.
    Und, Wunder über Wunder, der Mann mit dem Revolver zuckte zusammen und warf die Arme über den Kopf. Die Waffe fiel ihm aus der Hand. Dann, wie eine Fortsetzung der gleichen Bewegung, fiel er in sich zusammen und auf die Fahrbahn wie ein nasser Sack, so als ob er kein Skelett im Körper gehabt hätte. Lag zusammengesunken da. Kein Laut kam über seine Lippen.
    Es wäre falsch, dies einen Zufallstreffer zu

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