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Der Polizistenmörder

Der Polizistenmörder

Titel: Der Polizistenmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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in die Wagen des Überfallkommandos zu schleppen. So war es richtig, fand Kvastmo, aber zu seinem Leidwesen war er in einer Gegend stationiert, in der die Vorgesetzten nicht ganz so blutdürstig waren.
    Während der vielen gemeinsamen Monate im Streifenwagen hatte Kristiansson jedenfalls zwei Dinge gelernt. Etwas Negatives: Es war unmöglich, von Kvastmo auch nur einen Fünf-Kronen-Schein zu pumpen. Aber auch etwas Positives: Kvastmo war beinahe süchtig nach Kaffee, und wenn er völlig unausstehlich wurde, konnte man immer noch eine Kaffeepause vorschlagen.
    Die braune Flüssigkeit hatte einen erstaunlichen Effekt.
    Kvastmo konnte mindestens eine halbe Stunde lang und häufig länger schweigend dasitzen, während er schlürfte und genießerisch Blätterteigstücke und Marzipanbrote verzehrte.
    Aber sobald sie danach im Wagen saßen, gingen die Klagen über die Ganovengesellschaft und die Jagd nach Verdächtigen wieder los. Kristiansson mochte keinen Kaffee, sah aber ein, daß dies der Preis war, den er für eine Weile geruhsamer Entspannung zu bezahlen hatte.
    Eben hatten sie gerade eine längere Kaffeepause beendet und saßen wieder im Streifenwagen, einem schwarz-weißen Plymouth mit Suchscheinwerfer und Blinklampen und Kurzwellenfunkgerät und allen möglichen technischen Finessen.
    Der Streifenwagen befand sich auf Essingeleden, einer Autobahn, die auf einer langen Hochbrücke über Buchten,Wasserläufe und Inseln von Süden her direkt ins Herz von Stockholm führt.
    Kristiansson fuhr in gemächlichem Tempo, als Kvastmo ihn anranzte:
    »Warum antwortest du nicht, Kalle?«
    »Was?«
    »Ich spreche dich auf wichtige Dinge an, und du hörst nicht mal zu.«
    »Aber sicher höre ich zu.«
    »Tust du? Blödsinn! Du sitzt da und denkst an etwas ganz anderes.«
    »Tue ich?«
    »Woran denkst du?«
    »Tja.«
    »Sicher an nackte Frauen.«
    Eigentlich hatte Kristiansson an Hafergrütze mit Erdbeerkompott und kalter Milch gedacht, aber um seinen Appetit zu zügeln, hatte er sich das Bild einer ungewöhnlich ekligen Leiche ins Gedächtnis zurückgerufen, die sie dank Kvastmos Dickköpfigkeit im vorigen Sommer entdeckt hatten. Da er seine innersten Gedanken nicht preisgeben wollte, überlegte er sich eine andere Antwort.
    »Ich denke daran, daß Leeds achtundzwanzig Ligaspiele hintereinander nicht verloren hat, Millwall aber schon fünfmal auf eigenem Platz besiegt wurde. Das ist doch kaum zu fassen.«
    »Idiot! Wie kann ein erwachsener Mann an so etwas denken? Diese Mannschaften sind ja nicht mal aus Schweden.«
    Kristiansson nahm das ziemlich übel. Er stammte aus Skäne, und in Südschweden hat das Wort Idiot einen sehr häßlichen Klang. Das ist beinahe das schlimmste Schimpfwort, das man dort unten kennt.
    Kvastmo hatte dafür kein Gespür und fuhr unbekümmert fort: »Ich meine, wir sind juristisch gesehen schlecht geschützt und haben zu zimperliche Vorgesetzte. Viele der Kollegen gehen lässig gekleidet umher und keiner sagt was. Erinnerst du dich an den Kerl auf dem Motorrad im Sommer? Der, der nicht mal eine Mütze auf hatte? Und dann hatte er die Jacke auf den Gepäckträger geklemmt?«
    »Es waren fünfunddreißig Grad Wärme.«
    »Das darf doch keine Rolle spielen. Ein Polizist ist bei jedem Wetter ein Polizist. Ich habe in der Zeitung gelesen, daß in New York die Konstabler häufig im Asphalt festsitzen, wenn große Hitze herrscht. Trotzdem bleiben sie auf ihrem Posten stehen und müssen herausgezogen werden, wenn sie abgelöst werden sollen. Wenn überhaupt eine Ablösung kommt.«
    Mit Zeitung meinte Kvastmo die Zeitschrift Svensk Polis, die ihren Lesern häufig erstaunliche Wahrheiten vermittelte.
    Kristiansson sagte nichts. Er hatte mehrmals in Lehrfilmen Einsatzkommandos der amerikanischen Polizei gesehen und überlegte, wie das wohl aussehen würde, wenn mehrere hundert Mann, die an der Straßendecke festgewachsen sind, gemeinsam vorgehen sollen. »Hörst du, Kalle?« Kristiansson überlegte, was die Kleidung mit dem Rechtsschutz zu tun hatte.
    »Warum antwortest du nicht, Kalle?«
    »Ich denke nach.«
    »Woran denkst du?«
    »Tja.«
    »Eigentlich ist es völlig sinnlos, mit dir zu sprechen. Hier wird jeder Mann zu jeder Minute des ganzen Tages gebraucht, um Verbrechen zu verhindern, und du sitzt nur da und denkst an Fußball und sagst nichts anderes als tja oder na ja, und wenn etwas geschieht, dann höchstens noch Jesses. Ist es dir noch nicht aufgegangen, in welcher unerhörten Situation wir uns

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