Der Polizistenmörder
befinden? Der Justizminister ist doch der Zimperlichste von allen. Deshalb haben wir keinen ordentlichen Rechtsschutz. Beinahe überhaupt keinen Schutz. Nimm nur mal die Vorschrift, daß man keine Patrone im Lauf haben darf. Der reinste Unsinn. Wenn du nun plötzlich Auge in Auge einem bewaffneten Desperado gegenüberstehst, was willst du denn dann machen? Ohne Patronen im Lauf.«
»Ich habe aber eine drin.«
»Dir geht’s wohl nicht gut«, rief Kvastmo aufgebracht. »Das ist doch gegen die Vorschrift. Na, jedenfalls dürftest du die nicht im Lauf haben. Du bist also hilflos. Ganz einfach verraten und verkauft. Und wessen Fehler ist das? Wer trägt die Schuld daran? Kein anderer als der Justizminister. Wie sollen wir aufräumen, wenn wir keine Patrone im Lauf haben dürfen?«
»Ich habe einmal geschossen«, sagte Kristiansson plötzlich. »In einem Bus.«
»Hast du getroffen?«
»Na ja. Wenn du damit verletzt meinst, dann nein. Aber ich habe natürlich den Bus getroffen.«
»Und was geschah dann?«
»Es gab ein großes Theater. Der lange Grobschlächtige vom Überfalldezernat hat mich runtergeputzt.«
»Da hast du’s. Keine Unterstützung von oben. Sieh dir doch nur die Sache mit den drei Kollegen in Skäne an, die dort niedergemäht worden sind. Was meinst du, was deren Frauen und Kinder vom Justizmlnister halten? Und der Mörder ist immer noch nicht gefaßt. Ich glaube übrigens, daß er sich irgendwo hier in der Stadt aufhält. Mann, wenn wir den zu fassen kriegten! Ich hasse solche Typen. Ich würde nicht eine Sekunde zögern, wenn ich den vor den Lauf kriegte.«
»Tja.«
»Was meinst du mit tja? Zwei Kollegen liegen im Krankenhaus, oder vielleicht nicht? Und einer ist tot. Borglund. Tot. Ermordet.«
»Ich habe gehört, daß er von einem giftigen Tier gebissen sein soll, von einer Kröte oder so.«
»Wie kannst du nur solchen Blödsinn glauben? Hast du nicht den Vortrag über die perversiven Kräfte in unserer Gesellschaft gehört? Nein, die subversiven meine ich: Kommunisten und all das Pack. Die verbreiten solche Lügen, um dem Polizeikorps zu schaden. Ich hätte wirklich nicht gedacht, daß es Kollegen gibt, die solchen - Unsinn glauben. Manchmal erschreckst du mich wirklich, Kalle.«
»Tue ich?«
Kristiansson hatte an etwas anderes gedacht. Er hatte einen konstruktiven Plan. Im Selbstbedienungsladen hatte er vor einigen Tagen ein gigantisches Marzipanbrot gesehen, das wahrscheinlich für eine Bäckerei bestimmt war. Das nächstemal, wenn er bei seinen Wetten gewann, würde er so eines kaufen und es zwischen die Vordersitze legen. Kvastmo liebte Marzipan über alles und würde schwerlich widerstehen können. Zwei Fragen beunruhigten Kristiansson allerdings: Wie lange würde das Brot reichen? Er selbst würde daran für sein ganzes Leben genug haben, aber Kvastmo würde es vielleicht innerhalb einer halben Stunde verdrücken. Das andere Problem war genauso ernst. Vielleicht beherrschte Kvastmo die Kunst, auch mit dem Mund voll Marzipan ununterbrochen zu reden?
Kristiansson fragte plötzlich: »Was ist das: Es sagt nöff-nöff und kommt niemals an die Tür?«
»Ein Schwein.«
»Falsch. Eine Katze mit einem Sprachfehler.«
»Du erschreckst mich, Kalle«, Kvastmo schüttelte den Kopf. »Und warum kommt sie nie an die Tür?«
»Tja.«
»Es gibt eine Grenze. Es gibt eine Grenze für das, was ein normaler Polizist aushaken kann. Norman Hansson, zum Beispiel, stellt genau diese Grenze dar. Letzte Woche, als du krankgeschrieben warst, mußte ich bei einem Krach in einer Wohnung eingreifen und einen Strolch festnehmen, der gewaltsam Widerstand leistete, als ich ihn mitnehmen wollte. Ich mit dem Gummiknüppel über ihn her, erst im Hauseingang und dann im Wagen, bis er sich beruhigt hat. Nächsten Vormittag werde ich zu Norman Hansson befohlen, der mich fragt, ob ich diesen Redakteur, wie hieß er gleich“ noch, mißhandelt hätte. Ich sage, ich bin mit dem Gummiknüppel über ihn her, bis er sich beruhigt hat, aber von Mißhandlung kann doch keine Rede sein. Und weißt du, was Norman Hansson da sagt?«
Kristiansson überlegte, was das riesige Marzipanbrot wohl kosten mochte.
»Warum antwortest du nicht, Kalle?«
»Was?«
»Weißt du, was Norman Hansson da sagt?«
»Nein.«
»Also der schüttelt den Kopf und sagt: Damit muß nun aber Schluß sein, Kenneth. Beim nächstenmal, wenn sich einer beschwert, gehst du in den Bau. Ich sollte also eingesperrt werden, weil irgendso ein Schwein sein
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