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Der Portwein-Erbe

Titel: Der Portwein-Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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um seine Handgelenke wand. Dann wurde er durchsucht. Er hörte das Futter seiner Jacke reißen. Die Brieftasche wurde
     herausgezerrt, klatschte wieder auf den Beton. Dann kamen die Hosentaschen dran, der neue Autoschlüssel klimperte. Also darum
     ging es. Während der Fuß sein Gesicht weiter auf den Boden presste, hörte er, wie der Wagen ansprang. Der Fuß wurde von seinem
     Kopf zurückgenommen, dafür traf ihn ein Tritt in den Rücken. Der Schmerz nahm ihm die Luft, und beim Versuch, Atem zu holen,
     hörte er Türen schlagen, das Aufheulen des Motors. Dann entfernte sich der Wagen.
    Nicolas krümmte sich, rollte sich auf die Seite, versuchte gegen den Schmerz zu atmen, zerrte an den Handfesseln, und als
     er sich nicht befreien konnte, schrie er. Er stieß einen erstickten Schrei aus, denn wie »Hilfe« auf Portugiesisch hieß, hatte
     ihm noch niemand beigebracht.
    Lichter gingen an, ein Mann lief herbei. Zwei weitere kamen, knieten sich neben ihn. Er verstand sie nicht. Endlich |274| band ihm jemand die Hände los, und er fühlte Nässe im Gesicht. Es roch nach Blut. Als er sich mit den taub gewordenen Händen
     durchs Gesicht fuhr, waren die Handflächen klebrig. Er blutete im Gesicht. An der Lippe und oberhalb der Schläfe und am Jochbein
     war die Haut aufgeplatzt. Die Helfer lehnten ihn an eine Zapfsäule und redeten auf ihn ein, weder verstand er etwas noch sagte
     er ein Wort. Er sah ein Elektrokabel – damit also hatten sie ihm die Hände gefesselt. Dann kam ein Polizeiwagen. Sie nahmen
     ihn mit. Er wunderte sich, dass man ihm das Mobiltelefon gelassen hatte, glücklicherweise war Dr. Velosos Nummer gespeichert,
     und eine Viertelstunde später war der Arzt da.
    Kopfschüttelnd stand er vor ihm. »Was machen Sie für Unsinn? Eine Katastrophe jagt die nächste. Ihr Glück, dass Sie nicht
     unter dem abgerutschten Weinberg begraben wurden – und jetzt das.« Dr. Veloso reinigte die Kopfwunde. »Wie viele Männer haben
     Sie denn überfallen?«
    »Sind Sie auch Polizeidolmetscher?« Nicolas hatte nicht bedacht, dass Dr. Veloso auf diese Weise erfuhr, was vorgefallen war.
     Er konnte nur hoffen, dass er es nicht weitererzählte. Der Überfall war ihm peinlich, er hätte sich lieber nur der Polizei
     anvertraut.
    »Wir können auch bis übermorgen warten, bis ein otizieller Übersetzer zur Verfügung steht. Dann finden wir Ihr Auto nie wieder.
     Wir müssen schnell sein, sicher bringt man den Wagen über die spanische Grenze. Jetzt halten Sie verdammt noch mal den Kopf
     still. Ich muss die Wunde vereisen, da ist Sand drin . . .« Nicolas empfand die Prozedur als äußerst schmerzhaft und schnappte
     nach Luft.
    »Wie viele waren es nun?«
    »Zwei«, murmelte Nicolas. Beim Sprechen knackte und schmerzte das Kiefergelenk, während Veloso die Wunde reinigte. »oder auch
     drei. Ich weiß es nicht.«
    |275| »Haben Sie niemanden gesehen?«
    »Nein, aber . . .«
    Nicolas hörte, wie einer der Uniformierten dem Arzt etwas sagte.
    »Der Tenente hält es für möglich, dass man Sie beobachtet hat, seit Sie den Wagen in Porto übernommen haben. Ein Angestellter
     des Autohändlers kann den Tätern einen Hinweis gegeben haben, das wird überprüft. Diese Autos sind gefragt, besonders im Osten,
     oder man bringt ihn nach Ceuta und von dort aus nach Marokko. Die Wagenpapiere sind weg? Das Pack arbeitet mit den Grenzbehörden
     zusammen, alle sind käuflich.«
    Es hörte sich plausibel an, nur was Nicolas störte, war, dass die Polizei, vielmehr die Guarda Nacional Republicana, sofort
     jemanden präsentierte, der als Täter in Betracht kam, ohne überhaupt nachzuforschen. Niemand machte sich die Mühe, den Tatort
     abzusuchen, auf das Kabelende hatte er sie aufmerksam gemacht, sie hätten es liegen lassen.
    »Glauben Sie nicht, es wäre sinnvoll, erst mal so was wie Spurensicherung zu betreiben?«, fragte Nicolas, während der Arzt
     noch immer mit der Wunde im Gesicht beschäftigt war, was entsetzlich wehtat. »Wir sollten noch einmal zur Tankstelle fahren!«
    »Das hält man für wenig sinnvoll«, meinte Veloso nach kurzer Rücksprache. »Was wollen Sie dort finden? Eine Visitenkarte?
     Weshalb haben Sie überhaupt mitten in der Nacht an der Tankstelle gehalten?«
    Nicolas erklärte, dass er im »Cacho d’Oiro« essen gehen wollte.
    »Dann bin ich quasi schuld am Überfall«, meinte der Arzt zerknirscht. »Wollen Sie darauf hinaus? Aber an einem so finsteren
     Ort stellt man keinen fabrikneuen Wagen ab. Das ist

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