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Der Portwein-Erbe

Titel: Der Portwein-Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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fundamental geirrt hatte. Das war am schwersten zu verkraften,
     denn Enttäuschungen basierten stets auf eigenen Fehleinschätzungen.
    »Es war seine Idee, er sollte Hausmeister in dem Hotel werden, einen besseren Job bekommen.«
    »Wer hat ihm das versprochen? Wer hat mich in den
mortório
geschickt, in den toten Weinberg?«
    Gonçalves’ Schweigen sagte alles. »Sie sollten verschwinden«, |361| flüsterte er. »Wir sollten Sie dazu bringen, den Vertrag zurückzunehmen. Wer konnte wissen, dass Sie sich einmischen, dass
     Sie sich plötzlich für Wein interessieren?« Die Empörung darüber hörte Nicolas noch immer heraus.
    »Was haben Sie gedacht, als Senhor Otelo nicht mehr auftauchte?«
    »Ich war froh darüber; er machte alles kompliziert, er traute mir nicht.«
    »Mit Recht. Was wissen Sie eigentlich von meinem neuen Wagen?«
    »Nichts, ich habe es Dona Madalena erzählt, ich habe ihr über alles berichtet, was auf der Quinta geschah, was Sie gemacht
     haben, mit wem Sie telefonierten, welche Akten Sie gelesen haben . . .«
    ». . . die Sie dann verschwinden ließen. Wo sind die Papiere jetzt?«
    »Bei ihr . . .«
    »Und weshalb sind Sie so plötzlich verschwunden?«
    »Ich kann nicht mehr, bitte gehen Sie«, sagte Gonçalves verzweifelt. »Ich mache zwar Geschäfte, aber nicht so und nicht mit
     Gewalt. Es ist zu viel, ich kann nicht mehr.«
    »Wer hat dem Hund Gift ins Futter getan?«
    »Roberto . . .« Gonçalves hauchte den Namen nur noch.
    Nicolas stand auf und betrachtete die Umrisse des Körpers unter dem Laken. Es glich einem Leichentuch.
     
    »Es war alles langfristig geplant, strategisch sozusagen, sogar Gonçalves ist bereits in Hinblick auf Friedrichs Tod angestellt
     worden. Nach dem, was ich erfahren habe, ist Dona Madalena zu allem fähig, aber sie ist keine Strategin, niemals. Ausgedacht
     hat sich diese Schweinereien ein anderer.«
    »Veloso!« Otelo hatte Mühe, sich in den kleinen Wagen zu zwängen und den Sicherheitsgurt anzulegen. Sich nach allen Seiten
     umschauend verließen sie den Parkplatz vor |362| dem Krankenhaus. »Sie hat ihn in Lissabon getroffen, er hat von ihrem neuen Leben erfahren und sie dazu angestiftet.«
    Nicolas lachte. »Du kannst Dona Madalena nicht riechen.«
    Otelo ignorierte den Einwurf. »Die Autopsie ist für morgen früh angesetzt. Pereira rief eben an, er kommt. Und wie ist es
     mit dir?«
    »Mir reicht das Ergebnis. Außerdem müssen wir spritzen, wie Pacheca meinte, es könnte Befall mit Mehltau geben. Ich will dabei
     sein, ich muss es lernen.«
    »Gut. Wir sollten uns jedoch was einfallen lassen, damit Dona Madalena sich nicht über Nacht nach Macão oder sonst wohin absetzt.
     Veloso hat viele Möglichkeiten. Wir sind nicht sicher, ob er weiterhin für die CIA arbeitet. Geheimdienste statten ihre Leute
     mit neuen Identitäten aus, mit Geld, sie haben überallhin Beziehungen . . .«
    »Wir passen auf sie auf.«
    »Wer ist wir?«
    »Happe und ich. Ich muss was tun, ich muss mich ablenken, ich darf nicht nachdenken. Die Erinnerung kommt immer wieder. Diese
     Nacht, die Dunkelheit, seit sie mir die Augen verbunden haben, kann ich kaum noch schlafen . . .«
     
    Als Nicolas am Abend zu Dona Madalena hinaufging, hatte er bereits gehört, dass Veloso verschwunden war. Der Arzt hatte am
     Vormittag keine Sprechstunde mehr abgehalten. Happe schwor Stein und Bein, dass er am Abend zuvor bei Dona Madalena weder
     die Exhumierung noch die damit verbundene Autopsie erwähnt hatte. Also konnte sie ihn nicht gewarnt haben. Auf dem Weg zu
     ihr dachte Nicolas an Friedrichs Brief und an den, mit dem alles angefangen hatte. Als er die Steintreppe zum Garten hinaufging,
     sah er den Hausflur seiner Wohnung in Berlin vor sich, den er |363| mit Rechtsanwalt Hassellbrincks Brief in der Hand hinaufgegangen war. Er dachte daran, was seitdem passiert war und was geschehen
     wäre, wenn er das Schreiben in den Müll geworfen hätte. Im Garten erinnerte er sich daran, wie er ihm beim ersten Mal gesehen
     hatte, wie ein Park war er ihm erschienen, ein kleines Paradies. Wie viel darf man besitzen, fragte er sich, um es noch richtig
     zu nutzen, um was davon zu haben? Er hatte seit seiner Ankunft nicht ein einziges Mal hier gesessen.
    Er überquerte den Platz vor den Wirtschaftsgebäuden. Der Kellermeister arbeitete mit Otelo im Labor, Pacheca war dazugekommen.
     Er sah Licht im Fenster und die drei Männer hinter der Glasscheibe – und lächelte. Es war sein Zuhause. Wie gut, dass

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