Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Portwein-Erbe

Titel: Der Portwein-Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
Vom Netzwerk:
Gedanken, dass Pereira verreiste und niemand mehr da
     war, mit dem er Fragen wie die leeren Weinfässer oder das Verschwinden der Personalakte von Pacheca besprechen konnte. Zumindest
     hatte Pereira zugesagt, Gonçalves auf den Zahn zu fühlen.
    Das Portweininstitut war nebenan, Nicolas würde heute otiziell als Produzent registriert, die entsprechenden Dokumente hatte
     Pereira vorbereitet, und wegen der britischen Dominanz im Portweingeschäft und der internationalen Kontakte sprachen viele
     Mitarbeiter Englisch. Wie die meisten Portugiesen seien sie Ausländern gegenüber offen und hilfsbereit, sagte Dr. Pereira.
     Es sei eben ein Land mit einer langen Tradition von Seefahrern und Entdeckern.
    |180| Die Registrierung war einfach. Nicolas erfuhr, dass er von allen Qualitäten seiner Weine Proben abzuliefern hatte, die untersucht
     und bewertet würden, und dass nach dem
Lei do Terço
, dem Gesetz des Drittels, geregelt war, dass alle Produzenten jährlich nur jeweils ein Drittel ihrer Portweinproduktion verkaufen
     durften. Käme alles auf den Markt, würden die Preise abstürzen. Ihrem Gesprächspartner lagen die Bestände und Verkäufe der
     Quinta do Amanhecer vor. Was an Portwein fehlte, war hier als Bestand registriert, die Menge entsprach der in Nicolas’ Unterlagen.
     Um ihm entgegenzukommen, wurde ein Inspektor beauftragt, den Bestand vor Ort zu überprüfen, am besten sofort, solange Pereira
     noch da war. Erst dann wollte man entscheiden, wie weiter zu verfahren sei.
    Sie fuhren zu dritt mit Pereiras Wagen hinauf und hielten vor der Lagerhalle. Nicolas zeigte dem Inspektor die leeren Fässer.
     Der klopfte dagegen – und bereits jetzt hörte Nicolas, dass sie nicht mehr hohl klangen. Er wurde blass. Jemand hatte sie
     in der Zwischenzeit aufgefüllt. Seine Begleiter sahen ihn fragend an. Er holte die Trittleiter, kletterte hinauf und zerrte
     an dem ins Spundloch getriebenen Stopfen. Mit nur einem Arm gelang es ihm nicht. Erst der Inspektor schaffte es unter Mühen.
     Er roch daran und gab den Stopfen an Nicolas weiter. Was man eingefüllt hatte, roch so wie der Portwein für die Touristenshow
     in Vila Nova de Gaia.
    »Jemand hat heimlich das Fass aufgefüllt«, empörte sich Nicolas, »aber mit anderem Port als dem, der vorher drin war.«
    Pereira zweifelte offensichtlich an Nicolas’ Wahrnehmung. Der Inspektor blickte nicht durch. Pereira übersetzte, und jetzt
     hielt der Inspektor die Nase über das Spundloch. In diesem Augenblick kam Gonçalves hinzu und begann sofort zu toben, auch
     der Kellermeister trat hinzu, brachte einen Weinheber und versenkte die gläserne Röhre im Fass, |181| schloss mit dem Daumen die obere Öffnung, sodass der Wein vom Vakuum gehalten wurde. Überraschend schnell hatte Gonçalves
     zwei Gläser in den Händen, die der Kellermeister füllte. Die Probe wurde herumgereicht. Alle rochen daran, nur der Inspektor
     nippte und spuckte in eine Rinne. Dann sagte er was zu Pereira, ohne von Gonçalves Notiz zu nehmen.
    »Es fehlt nichts«, erklärte Pereira mit einem mitleidigen Gesichtsausdruck. »Allerdings ist der Inhalt falsch deklariert.
     Die Qualität ist bedeutend schlechter als angegeben.«
    Nicolas fuhr auf. »Das ist Betrug. Ich weiß, was ich probiert habe und was ich gerochen habe. Da war Tabak, es roch nach Vanille,
     nach reifen Früchten, nach Pfirsich, ich habe mir das aufgeschrieben.« Wütend stierte er Gonçalves an, während Pereira übersetzte.
    Der Verwalter blieb ungerührt, und während er langatmig antwortete, machte er entschuldigende oder abfällige Gesten in Nicolas’
     Richtung.
    Pereira wirkte verwirrt und nickte mehrmals, bevor er sich an Nicolas wandte. »Der Verwalter meint, dass Sie sich irren, niemand
     habe die Fässer angerührt, und was den Portwein angehe, so könnten Sie das gar nicht beurteilen, Sie hätten nicht die geringste
     Erfahrung, was kaum von der Hand zu weisen ist. Er findet sich von Ihnen unkorrekt behandelt. Sie würden ihn mit Ihrem Misstrauen
     verfolgen. Neulich sei ein guter Kunde hier gewesen, und Sie hätten ihn auf aggressivste Weise vertrieben. Das sei beleidigend
     gewesen.« Pereira zuckte mit den Schultern. »Ich kann es nicht beurteilen, aber lassen Sie sich Zeit, bitte, gehen Sie die
     Dinge langsam an . . .«
    »Fragen Sie ihn mal, wieso er nicht mehr mit mir spricht«, zischte Nicolas wütend. »Seit einigen Tagen versteht er kein Englisch
     mehr, er reagiert nicht einmal. Und ich will wissen, wo die

Weitere Kostenlose Bücher