Der Präsident
vermutlich das beste Dampfverfahren und konnte Fingerabdrücke zum Vorschein bringen, die man nicht für möglich halten würde. Das Problem war, dass es Zeit brauchte, bis der Zauber wirkte. Und Zeit hatten sie keine.
»Ach komm, Laurie, so wie die Leiche aussieht, haben die bösen Jungs ohnehin schon einen gehörigen Vorsprung.«
Sie sah ihn an. »Ich habe ein anderes Zyanoakrylester, das ich ausprobieren möchte. Es arbeitet schneller. Notfalls kann ich den Super Glue immer noch anzünden, um die Sache zu beschleunigen.« Sie lächelte.
Der Kommissar zog eine Grimasse. »Genau. Bei deinem letzten Versuch mussten wir das ganze verfluchte Gebäude evakuieren.«
»Nichts in dieser Welt ist vollkommen, Seth.«
Magruder räusperte sich. »Sieht so aus, als hätten wir es hier mit echten Profis zu tun.«
Seth bedachte den Einsatzleiter mit einem strengen Blick. »Das sind keine Profis, Sam, das sind Mörder. Die haben kein College besuchen müssen, um so etwas zu lernen.«
»Nein, Sir.«
»Ist es sicher, dass es die Hausherrin ist?«, wollte Frank wissen.
Magruder wies auf das Foto auf dem Nachttisch. »Christine Sullivan. Natürlich lassen wir sie noch identifizieren.«
»Irgendwelche Zeugen?«
»Nicht, dass ich wüsste. Ich habe noch nicht mit den Nachbarn gesprochen. Das werd’ ich heute Morgen machen.«
Frank begann, sich ausführliche Notizen über den Raum sowie den Zustand des Opfers zu machen; dann fertigte er eine genaue Skizze des Zimmers und des Mobiliars an. Ein guter Verteidiger konnte einen unvorbereiteten Zeugen der Staatsanwaltschaft wie den letzten Idioten aussehen lassen. Unvorbereitet zu sein bedeutete, dass schuldige Verbrecher freikamen.
Die einzige Lektion, die er zu dem Thema je brauchen sollte, hatte Frank bei einer Verhandlung wegen Einbruchs gelernt. Er war damals noch Anfänger und als erster am Tatort gewesen. Nie zuvor in seinem Leben war ihm beschämter oder deprimierter zumute gewesen als in dem Augenblick, als er den Zeugenstand verließ. Der Verteidiger hatte seine Zeugenaussage förmlich zerpflückt und auf dieser Grundlage am Ende einen Freispruch für den Angeklagten erwirkt. Hätte Frank im Gerichtssaal seine 38er tragen dürfen, gäbe es seit jenem Tag einen Anwalt weniger auf Erden.
Frank ging durch das Zimmer zum Gerichtsmediziner, einem feisten, weißhaarigen Mann, der trotz der Morgenkälte, die draußen herrschte, heftig schwitzte. Er zog gerade den Rock der Leiche herunter. Frank kniete nieder und untersuchte eine der in Plastikbeutel gehüllten Hände, dann betrachtete er das Gesicht der Frau. Es sah so aus, als wäre sie grün und blau geschlagen worden. Die Kleidung war durchtränkt mit ihren Körperflüssigkeiten. Mit dem Tod ging die fast unverzügliche Entspannung der Schließmuskeln einher. Die daraus entstandene Geruchskombination war alles andere als angenehm. Glücklicherweise war der Insektenbefall trotz des offenen Fensters äußerst gering.
»Hast du schon den ungefähren Todeszeitpunkt?«, fragte Seth Frank den Gerichtsmediziner.
»Das Rektalthermometer hilft mir hier nicht viel, wenn du verstehst, was ich meine. Zweiundsiebzig bis vierundachtzig Stunden. Genaueres kann ich sagen, sobald ich sie aufgemacht habe.« Der Gerichtsmediziner stand auf. »Schusswunden am Kopf«, fügte er hinzu, wenngleich für niemanden im Raum Zweifel hinsichtlich der Todesursache der Frau bestanden.
»Mir sind die Male am Hals aufgefallen.«
Der Leichenbeschauer musterte Frank einen Augenblick, dann zuckte er die Schultern. »Die sind da. Ich weiß noch nicht, was sie bedeuten.«
»Ich hätte gerne einen raschen Bericht über diesen Fall.«
»Den bekommst du. Hier draußen gibt’s nicht viele Morde. Die wenigen haben normalerweise Vorrang.«
Bei der sarkastischen Bemerkung zuckte der Kommissar zusammen. Der Gerichtsmediziner sah ihn an. »Ich hoffe, du schlägst dich gerne mit den Pressefritzen herum. Auf das hier stürzen sie sich bestimmt wie ein Bienenschwarm auf einen Topf Honig.«
»Eher wie ein Wespenschwarm.«
Abermals zuckte der Gerichtsmediziner die Schultern. »Besser du als ich. Für diesen Mist bin ich viel zu alt. Von mir aus könnt ihr sie wegschaffen.«
Der Leichenbeschauer verstaute seine Instrumente und ging.
Frank hielt die zierliche Hand zu seinem Gesicht hoch und betrachtete die professionell manikürten Nägel. Zwei der Nagelhäute waren mehrfach eingerissen, was darauf hindeuten mochte, dass es einen Kampf gegeben hatte, bevor man sie
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