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Der Präsident

Der Präsident

Titel: Der Präsident Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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abknallte. Der Körper war aufgebläht; überall wüteten Bakterien, die den Verwesungsprozess vorantrieben. Die Totenstarre hatte schon lange eingesetzt, was bedeutete, dass sie seit mindestens achtundvierzig Stunden tot war. Die Gliedmaßen fühlten sich geschmeidig an, da sich die weiche Hautschicht des Körpers auflöste. Frank seufzte. Sie lag tatsächlich schon eine ganze Weile hier. Das war gut für den Mörder, schlecht für die Polizei.
    Vorsichtig hob er den Kopf der Leiche an und drehte jede Seite gegen das Licht. An der rechten Seite klafften zwei Eintrittswunden, an der linken ein großes, gezacktes Austrittsloch. Sie hatten es mit schwerkalibrigen Geschossen zu tun. Stu hatte die Wunden bereits aus allen möglichen Winkeln fotografiert, einschließlich direkt von oben. Die rundlichen Schürfränder und das Fehlen von Brand- oder Druckstellen an der Hautoberfläche ließen Frank darauf schließen, dass die Schüsse aus mehr als einem halben Meter Entfernung abgefeuert worden waren.
    Kleinkalibrige Kontaktwunden, verursacht durch Schüsse aus weniger als fünf Zentimeter Distanz oder unmittelbare Mündungsberührung mit der Haut konnten vielerlei verschiedenartige Eintrittswunden am Opfer hinterlassen. Doch wenn sie es mit einer Kontaktwunde zu tun hatten, wären noch Pulverrückstände im Gewebe entlang der Geschossbahn vorhanden. Die Autopsie würde in diesem Punkt Gewissheit bringen.
    Als nächstes begutachtete er die Quetschung am rechten Kiefer. Teilweise wurde sie durch die natürliche Blasenbildung des verwesenden Körpers verdeckt, doch Frank hatte genug Leichen gesehen, um den Unterschied zu erkennen. Die Hautoberfläche an der Stelle war ein merkwürdiges Gemisch aus Grün, Braun und Schwarz. Nur ein gewaltiger Schlag konnte so etwas verursacht haben. Ein Mann? Das war merkwürdig. Er rief nach Stu, damit er von dem Bereich Fotos mit einer Farbskala machte. Dann legte er den Kopf mit der Ehrfurcht zurück, die der Verstorbenen gebührte, selbst unter den überwiegend klinischen Umständen.
    Bei der nachfolgenden Autopsie würde man nicht so viel Pietät zeigen.
    Langsam hob Frank den Rock hoch. Die Unterwäsche war unbeschädigt. Der Autopsiebericht würde die offensichtliche Frage klären.
    Frank sah sich den Raum an, während die Mitglieder des Untersuchungsteams weiterarbeiteten. Es hatte etwas Gutes, in einer reichen, wenn auch eher ländlichen Gegend zu leben: Die Steuereinnahmen reichten problemlos aus, um eine kleine, aber erstklassige Untersuchungsmannschaft für den Tatort auszurüsten, mit der neuesten Technologie und allen Geräten, die es theoretisch erleichterten, Verbrecher zu fangen.
    Das Opfer war auf die linke Körperseite gefallen, von der Tür abgewandt. Die Knie waren teilweise angezogen, der linke Arm ausgestreckt, der rechte ruhte an der Hüfte. Das Gesicht wies nach Osten, weg von der rechten Bettseite; sie lag in beinahe fötaler Stellung. Frank rieb sich die Nase. Vom Anfang zum Ende, wieder zurück zum Anfang. Niemand konnte wissen, auf welche Weise man von Mutter Erde schied, nicht wahr?
    Mit Simons Hilfe vermaß er die Lage des Leichnams; das Maßband quietschte, als es ausgezogen wurde. In diesem Raum des Todes klang es irgendwie blasphemisch. Er betrachtete die Tür und die Lage des Körpers. Dann nahmen Simon und er eine vorläufige Flugbahnbestimmung der Kugeln vor. Daraus ergab sich, dass die Schüsse höchstwahrscheinlich von der Tür aus abgegeben worden waren. Bei einem Einbruch, wenn der Täter auf frischer Tat ertappt wurde, hätte man das Gegenteil erwartet. Doch es gab noch ein Beweisstück, das mit großer Wahrscheinlichkeit bestätigen würde, welchen Weg die Kugeln zurückgelegt hatten.
    Abermals kniete Frank sich neben die Leiche. Es gab keine Schleifspuren auf dem Teppich, auch die Blutflecken und Spritzmuster deuteten daraufhin, dass die Tote genau an dieser Stelle gefallen war. Sachte drehte Frank die Leiche um und hob erneut den Rock hoch. Nach Eintritt des Todes sammelte sich das Blut an den untersten Stellen des Körpers, ein Umstand, der Livor mortis genannt wird. Nach vier bis sechs Stunden bleibt der Livor mortis unverändert. Folglich führt eine Bewegung des Körpers zu keiner Änderung der Blutverteilung im Körper. Frank legte die Leiche zurück. Alles wies darauf hin, dass Christine Sullivan genau hier gestorben war.
    Die Blutspuren erhärteten ferner den Schluss, dass die Verstorbene wahrscheinlich zum Bett hingesehen hatte, als der Tod

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