Der Präsident
wenn die sich nicht beim ersten oder zweiten Versuch an die Kombination erinnern. Wir hatten so viele falsche Alarme, dass die Polizeireviere uns schon Rechnungen geschickt haben. Stellen Sie sich das mal vor ...«
Frank dankte ihm und nahm sodann den Rest des Hauses in Augenschein. Wer immer das Verbrechen begangen hatte, wusste, was er tat. Dieser Fall würde sich nicht im Schnellverfahren lösen lassen. Gute Planung vor dem Verbrechen bedeutete meist ebenso gute Planung danach. Die Hausherrin umzupusten war jedoch vermutlich nicht vorgesehen gewesen.
Plötzlich lehnte sich Frank gegen den Türrahmen und dachte über das Wort nach, das sein Freund, der Gerichtsmediziner, gebraucht hatte: Schusswunden.
KAPITEL 8 Er war zu früh dran. Die Uhr zeigte fünf nach halb zwei. Den Tag hatte er sich freigenommen und den ganzen Vormittag überlegt, was er anziehen sollte. Noch nie hatte er sich darüber Gedanken gemacht, heute aber schien es unglaublich wichtig zu sein.
Jack zupfte an der grauen Tweedjacke, fingerte an einem Knopf des weißen Baumwollhemdes herum und rückte zum zehnten Mal die Krawatte zurecht.
Er spazierte zum Kai hinunter und beobachtete, wie die Deckshelfer die Cherry Blossom putzten, ein Rundfahrtschiff, das einem alten Mississippidampfer nachgebaut war. Kate und er waren in ihrem ersten Jahr in Washington einmal damit gefahren, an einem der seltenen freien Nachmittage. Es war ein warmer Tag gewesen, so wie heute, aber klarer. Nun zogen von Westen her dunkle Wolken auf. Um diese Jahreszeit musste man täglich mit einem Nachmittagsgewitter rechnen.
Neben der kleinen Hütte des Hafenmeisters setzte Jack sich auf eine verwitterte Bank und betrachtete die Möwen, die träge über dem aufgewühlten Wasser kreisten. Von diesem Aussichtspunkt konnte man das Kapitol sehen. Lady Liberty thronte majestätisch über der berühmten Kuppel. Man hatte sie erst kürzlich von dem Schmutz befreit, der sich in über hundertdreißig Jahren angesammelt hatte. In dieser Stadt bleibt niemand vom Dreck verschont, dachte Jack; es musste wohl an der Umgebung liegen.
Seine Gedanken wanderten zu Sandy Lord. Er sorgte für die ergiebigsten Geldzuströme der Firma und war der größte Egozentriker, der je bei Patton, Shaw & Lord ein Büro besetzt hatte. In den Justiz- und Politkreisen von Washington, D. C., war Sandy fast schon etwas wie eine fixe Einrichtung geworden. Die anderen Teilhaber sprachen seinen Namen so ehrfurchtsvoll aus, als wäre er soeben vom Berge Zion herabgestiegen und hätte seine eigene Version der Zehn Gebote verkündet, beginnend mit den Worten: »Du sollst für Patton, Shaw & LORD so viel Geld wie möglich machen«.
Ironischerweise hatte Sandy Lord einen Teil des Reizes ausgemacht, als Ransome Baldwin die Firma damals erwähnte. Wenn Lord nicht das allerbeste Beispiel für einen einflussreichen Anwalt in der Stadt war, dann zumindest eines der besten. Er spielte in der obersten Liga, die es für Anwälte gab. Lords Möglichkeiten waren grenzenlos. Jack wagte jedoch zu bezweifeln, ob das allein für ein glückliches Leben ausreichte.
Er war auch nicht sicher, was er sich von diesem Mittagessen erwartete. Sicher war nur, dass er Kate Whitney sehen wollte. Das wünschte er sich aus ganzem Herzen. Je näher die Hochzeit rückte, desto tiefer zog er sich in seine Gefühlswelt zurück. Und wo sonst konnte dieser Rückzug enden als bei der Frau, der er vor mehr als vier Jahren einen Heiratsantrag gemacht hatte? Rasch schüttelte Jack den Kopf, als die Erinnerung über ihn hereinbrach. Er hatte eine Heidenangst davor, Jennifer Baldwin zu heiraten. Eine Heidenangst davor, dass er sich vielleicht bald nicht mehr mit seinem Leben identifizieren konnte.
Irgendetwas brachte ihn dazu, sich umzudrehen; er wusste selbst nicht genau, was. Aber da stand sie am Rand des Piers und beobachtete ihn. Der Wind wehte den langen Rock um ihre Beine. Zwar brach die Sonne nur mühsam durch die Wolken, dennoch fielen einige Strahlen auf Kates Gesicht, während sie die langen Haarsträhnen aus den Augen strich. Ihre Waden und Knöchel waren sonnengebräunt. Die weite Bluse gab den Blick auf die Schultern frei, mit all den Sommersprossen und dem winzigen Halbmond, den Jack so gerne mit dem Finger nachzog, nachdem sie einander geliebt hatten. Wie gerne hatte er sie betrachtet, wenn sie schlief.
Als Kate auf ihn zukam, lächelte er. Sie musste zu Hause gewesen sein, um sich umzuziehen. Das war zweifellos nicht die Kleidung, mit
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