Der Prediger von Fjällbacka
Patrik mit unheilverkündender Stimme. Ernst hatte diesen Ton schon früher vernommen, zuletzt erst vor ein paar Tagen, und er wußte, daß er wieder ins Fettnäpfchen getreten war.
»Ja, also, er hat gesagt, daß jemand ihm immer ganze Säcke von diesem Dünger geklaut hat.«
»Und im Hinblick darauf, daß Västergärden gleich nebenan liegt, bist du nicht auf die Idee gekommen, daß das vielleicht eine wichtige Information ist?«
Patriks Stimme war so kalt, daß Ernst das Gefühl hatte, der Frost schneide ihm in die Haut. Patrik drehte sich zu Gösta um: »Hast du das auch gehört?«
»Nein, das muß der Bauer erzählt haben, als ich ein paar Minuten auf dem Klo war.« Er starrte Ernst wütend an.
»Daran habe ich nicht gedacht«, sagte Ernst sauer. »Mensch, man kann doch nicht an alles denken.«
»Genau das hat man zu tun, verdammt. Aber über die Sache werden wir später reden, die Frage ist jetzt, was das für uns bedeutet.«
Martin hob die Hand, als sitze er in der Schule. »Bin ich der einzige, der findet, daß wir immer deutlicher Jacob einkreisen?«
Niemand gab eine Antwort, also erklärte er, was er meinte. »Erstens haben wir eine Zeugenaussage, wenn auch aus etwas unzuverlässiger Quelle, die besagt, daß Tanja kurz vor ihrem Verschwinden auf Västergärden gesehen worden ist. Zweitens weist die DANN-Probe von Tanjas Leiche auf jemanden hin, der mit Johannes verwandt ist, und drittens wurden Säcke von einem Hof gestohlen, der buchstäblich an Västergärden grenzt. Ich finde, das reicht ja wohl wenigstens, um ihn zu einer kleinen Unterhaltung herzuholen und in der Zwischenzeit das Anwesen ein bißchen unter die Lupe zu nehmen.«
Noch immer sagte keiner ein Wort, also fuhr Martin mit seiner Argumentation fort: »Wie du selber sagst, Patrik, eilt es. Wir verlieren nichts, wenn wir uns dort ein bißchen umschauen und Jacob die Daumenschrauben ansetzen. Das einzige, wobei wir etwas verlieren können, ist, wenn wir nichts tun. Sicher, wir erhalten Bescheid, wenn wir alle getestet und die DANN verglichen haben, aber wir können in der Zwischenzeit nicht nur hier rumsitzen und Däumchen drehen. Wir müssen etwas tun!«
Am Ende ergriff Patrik das Wort: »Martin hat recht. Wir haben genug in der Hand, daß es sich lohnen könnte, mit ihm zu reden, und es schadet auch nichts, sich Västergärden einmal näher anzusehen. Also machen wir es jetzt so: Gösta und ich fahren dorthin und holen Jacob. Martin, du rufst in Uddevalla an und bittest um Verstärkung, um eine Haussuchung auf dem Hof vorzunehmen. Bitte Mellberg um Hilfe bei der Beschaffung der Genehmigungen, aber achte darauf, daß sie sich nicht nur aufs Wohnhaus beziehen, sondern auch auf alle anderen Gebäude des Anwesens. Bei Bedarf erstatten wir Annika Bericht. Okay? Irgendwas unklar?«
»Ja, wie machen wir es mit den Blutproben?« fragte Martin.
»O verdammt, das habe ich vergessen. Man könnte sich glatt zerteilen.« Patrik dachte ein Weilchen nach. »Martin, kannst du das auch noch übernehmen, wenn du Hilfe von Uddevalla erhältst?« Martin nickte. »Gut, setz dich auch mit dem Ärztehaus von Fjällbacka in Verbindung, und nimm jemanden von dort mit, der Blut abnehmen kann. Und achte dann um Himmels willen darauf, daß die Proben richtig gekennzeichnet werden und blitzschnell bei Pedersen landen. Also dann, los geht’s. Und vergeßt nicht, warum es eilt!«
»Und was soll ich machen?« Ernst sah seine Chance, wieder in Gnaden aufgenommen zu werden.
»Du bleibst hier«, erwiderte Patrik und verschwendete keine weiteren Worte.
Ernst brummte, aber er wußte, wann es geraten schien, sich zurückzuhalten. Doch er würde wirklich mal mit Mellberg sprechen, wenn all das hier vorbei war. So furchtbar schlimm war die Sache ja wohl nicht gewesen. Man ist ja schließlich nur ein Mensch!
Marita ging das Herz in der Brust auf. Der Gottesdienst in freier Natur war wunderbar wie immer, und im Mittelpunkt desselben stand ihr Jacob. Aufrecht, stark und mit sicherer Stimme verkündete er Gottes Wort. Viele waren gekommen. Außer den meisten Bewohnern des Hofes - einige von ihnen waren jedoch noch nicht erleuchtet und hatten sich geweigert - waren gut hundert treue Anhänger erschienen. Sie saßen im Gras, den Blick auf Jacob gerichtet, der auf seinem üblichen Platz stand, auf den glatten Felsen mit dem Rücken zum Meer. Um sie herum wuchsen die Birken hoch und dicht, sie spendeten Schatten, wenn die Hitze unerträglich wurde, und raschelten zur
Weitere Kostenlose Bücher