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Der Prediger von Fjällbacka

Der Prediger von Fjällbacka

Titel: Der Prediger von Fjällbacka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
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einfach versuchen.
    Er nahm einen Schirm aus dem Ständer, kontrollierte eine Adresse im Telefonbuch und machte sich schweren Herzens auf den Weg. Daß man bestimmte Aufgaben erledigen mußte, war einfach nicht menschlich.
     
    Der Regen prasselte ausdauernd gegen die Scheiben, und unter anderen Umständen hätte Erica die Kühle, die er brachte, willkommen geheißen. Aber das Schicksal und aufdringliche Verwandte wollten es anders, und sie fühlte sich statt dessen langsam, aber sicher an den Rand des Wahnsinns getrieben.
    Die Kinder rannten durchs Haus, völlig frustriert, daß sie drinnen hocken mußten, und Conny und Britta hatten angefangen, sich wie bedrängte Hunde gegeneinander zu wenden. Es war noch nicht zum offenen Streit gekommen, aber die Plänkeleien hatten sich immer mehr verstärkt und waren nun in ein Fauchen und Zischen übergegangen. Alte Sünden und Kränkungen wurden ans Licht gezerrt, und Erica wollte am liebsten nach oben gehen und sich die Decke über den Kopf ziehen. Aber wieder stand dem ihre gute Erziehung im Weg, drohte mit dem Finger und zwang sie, sich mitten in der Kriegszone so zivilisiert wie möglich zu verhalten.
    Sie hatte sehnsüchtig zur Tür geblickt, als Patrik zur Arbeit ging. Er hatte seine Erleichterung darüber, daß ihm die Flucht ins Revier möglich war, nicht verbergen können, und einen Moment lang war sie versucht gewesen, die gestrige Zusicherung zu testen, nämlich daß er zu Hause bleiben würde, wann immer sie es wollte. Aber sie wußte, es wäre nicht richtig, wenn sie das nur täte, weil sie nicht mit »diesen furchtbaren Leuten« allein bleiben wollte, und so winkte sie ihm statt dessen wie eine pflichtbewußte kleine Ehefrau vom Küchenfenster aus hinterher.
    Das Haus war nicht so groß, daß die allgemeine Unordnung keine katastrophalen Formen angenommen hätte. Erica hatte ein paar Gesellschaftsspiele für die Kinder vorgekramt, aber das Ergebnis war nur, daß jetzt ein heilloses Gemisch von Scrabble-Steinen, Monopoly-Häusern und Spielkarten überall im Wohnzimmer verstreut lag. Mühsam beugte sie sich hinunter, hob kleine Spielfiguren auf und versuchte ein bißchen Ordnung zu schaffen. Die Konversation draußen auf der Veranda, wo Britta und Conny saßen, wurde immer aufgeregter, und sie verstand allmählich, warum die Kinder so wenig Manieren hatten. Mit Eltern, die sich wie Fünfjährige benahmen, war es nicht leicht, Respekt vor anderen und ihrem Eigentum zu lernen. Wäre dieser Tag doch nur schon überstanden! Sobald der Regen aufhörte, würde sie die Familie Flood vor die Tür setzen. Gute Erziehung und Gastfreundschaft in allen Ehren, aber da sie nicht die heilige Birgitta war, würde sie einfach explodieren, wenn die Leute noch viel länger blieben.
    Der Tropfen, der das Faß zum Überlaufen brachte, fiel beim Mittagessen. Mit brennenden Füßen und dumpfem Schmerz im Kreuz hatte sie eine Stunde lang am Herd gestanden, um eine Mahlzeit zu bereiten, die sowohl Connys Heißhunger als auch der Mäkeligkeit der Kinder gerecht werden konnte, und nach eigener Ansicht war ihr das ziemlich gut gelungen. Fleischwurstauflauf mit Makkaroni in weißer Soße würde ihrer Meinung nach alle Seiten zufriedenstellen, aber es zeigte sich nur zu bald, daß sie sich gründlich getäuscht hatte.
    »Bäääh, ich hasse Fleischwurst. Wie eklig!«
    Lisa schob demonstrativ den Teller weg, verschränkte die Arme und blieb mit mürrischem Gesicht sitzen.
    »Tut mir leid, das gibt es nun mal.«
    »Aber ich habe Huuunger. Ich will was anderes!«
    »Es gibt nichts anderes. Wenn du keine Fleischwurst magst, dann kannst du ja die Makkaroni mit Ketchup essen.« Erica gab sich Mühe, ihre Stimme sanft klingen zu lassen, obwohl sie kochte.
    »Makkaroni sind eklig! Ich will was anderes. Mamaaaa!«
    »Könntest du ihr vielleicht etwas anderes vorsetzen?« Britta tätschelte ihrer kleinen Quengelliese die Wange und wurde mit einem Lächeln belohnt. Mit vor Triumph glühendrotem Gesicht schaute das Kind Erica auffordernd an. Aber jetzt war die Grenze überschritten. Jetzt herrschte Krieg.
    »Es gibt nichts anderes. Entweder ißt du, was vor dir auf dem Tisch steht, oder du läßt es.«
    »Aber Erica, jetzt finde ich, du bist uneinsichtig. Conny, erkläre du ihr doch, wie wir es zu Hause machen, wie unser Erziehungskonzept aussieht.«
    Britta wartete seine Antwort nicht erst ab. »Wir zwingen unsere Kinder zu nichts. Das hemmt ihre Entwicklung. Wenn meine Lisa etwas anderes haben möchte,

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