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Der Prediger von Fjällbacka

Der Prediger von Fjällbacka

Titel: Der Prediger von Fjällbacka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
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bißchen, aber stellte die Richtigkeit von Martins Behauptung nicht in Frage. Er nahm seine Jacke und folgte Martin dicht auf den Fersen zum Auto. Der strömende Regen war in leichtes Nieseln übergegangen, aber die Luft war frisch und klar. Es war, als hätte der Guß Wochen voller Staub und Hitze weggespült, und alles sah sauberer aus als gewöhnlich.
    »Man kann nur hoffen, daß dieser Regen bloß ein Zwischenspiel ist, sonst geht es mit meinem Golfen in die Binsen«, knurrte Gösta verdrossen, als sie im Auto saßen, und Martin begriff, daß der Kollege wohl im Moment der einzige war, der die kleine Pause von der Sommerhitze nicht begrüßte.
    »Also ich finde es ziemlich schön. Diese sengende Hitze hat mich fast umgebracht. Und denk doch mal an Patriks Frau. Muß verdammt stressig sein, wenn man mitten im Juli hochschwanger ist. Ich wäre damit nie klargekommen, soviel ist sicher.«
    Martin redete drauflos, sich durchaus bewußt, daß Gösta die Tendenz hatte, ein ziemlich schweigsamer Begleiter zu sein, wenn es um etwas anderes als Golfspielen ging. Und da sich Martins Golfkenntnisse auf das Wissen beschränkten, daß der Ball weiß und rund war und daß sich Golfspieler gewöhnlich an karierten Clownshosen erkennen ließen, stellte er sich darauf ein, das Gespräch allein in Fluß zu halten. Deshalb registrierte er Göstas verhaltenen Kommentar zunächst überhaupt nicht.
    »Unser Junge wurde Anfang August geboren, in so einem warmen Sommer hier.«
    »Du hast einen Sohn, Gösta, das wußte ich gar nicht.«
    Martin versuchte sich an Kommentare über Göstas Familie zu erinnern. Er wußte, daß seine Frau vor ein paar Jahren gestorben war, aber er konnte sich nicht erinnern, je etwas von Kindern gehört zu haben. Er drehte sich verwundert zu dem neben ihm sitzenden Kollegen um. Der reagierte nicht auf Martins Blick, sondern schaute auf seine Hände hinunter, die in seinem Schoß lagen. Ohne daß er sich dessen bewußt zu sein schien, drehte er an dem goldenen Ehering, den er noch immer trug. Es war, als hätte er Martins Frage nicht gehört. Mit tonloser Stimme fuhr er fort: »Majbritt nahm dreißig Kilo zu. Sie wurde riesig. Und schaffte es auch nicht, sich in der Wärme zu bewegen. Gegen Ende saß sie nur noch keuchend im Schatten. Ich holte ihr eine Kanne Wasser nach der anderen, aber es war, als würde man ein Kamel tränken, der Durst nahm einfach nie ab.«
    Er lachte auf, ein lustiges, nach innen gekehrtes, leicht liebevolles Lachen, und Martin begriff, daß Gösta sich so tief auf der Allee der Erinnerungen befand, daß er nicht länger zu ihm sprach. Gösta fuhr fort: »Der Junge war perfekt, als er kam. Dick und prächtig. Mir wie aus dem Gesicht geschnitten, behaupteten sie. Aber dann ging alles so schnell.« Gösta drehte den Ehering schneller und schneller. »Ich war bei ihnen zu Besuch im Zimmer, als er plötzlich zu atmen aufhörte. Es herrschte eine Riesenaufregung. Leute kamen von allen Seiten angerannt, und sie nahmen ihn uns weg. Dann haben wir ihn erst wiedergesehen, als er im Sarg lag. Es war ein schönes Begräbnis. Dann wollten wir irgendwie nicht mehr. Wenn es nun wieder schiefgehen würde. Das hätten wir nicht ertragen, Majbritt und ich. Also mußten wir uns miteinander zufriedengeben.«
    Gösta fuhr zusammen, als würde er aus einem Trancezustand erwachen. Er schaute Martin vorwurfsvoll an, als wäre der schuld daran, daß die Worte mit ihm durchgegangen waren.
    »Das ist eine Sache, über die wir nicht mehr reden, klar. Und das ist auch nichts, worüber ihr euch beim Kaffee den Mund zerreißen müßt. Das ist jetzt vierzig Jahre her und geht niemanden etwas an.«
    Martin nickte. Dann konnte er sich nicht zurückhalten und klopfte Gösta leicht auf die Schulter. Der brummte, aber Martin spürte dennoch, daß von diesem Augenblick an ein dünnes Band zwischen ihnen geknüpft worden war, an der Stelle, wo sich zuvor auf beiden Seiten nur mangelnder Respekt befunden hatte. Schon möglich, daß Gösta noch immer nicht der beste Polizist war, aber das hieß nicht, daß er keine Erfahrungen und Kenntnisse besaß, von denen er selbst etwas lernen konnte.
    Sie waren beide erleichtert, beim Campingplatz anzukommen.
    Gösta zog auf eigene Faust los, die Hände in den Taschen vergraben und mit niedergeschlagener Miene, um sich unter den Campingplatzbesuchern umzuhören. Martin fragte sich zu Lieses Behausung durch und fand ein Zelt, das kaum größer war als ein Taschentuch. Es stand zwischen

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