Der Prediger von Fjällbacka
bei Discovery in einer Sendung über Serienmörder gesehen, daß es für diese typisch war, Dinge von ihren Opfern aufzubewahren, es war ein Teil des Rituals.
Martin besann sich. Noch deutete nichts auf einen Serienmörder hin. Er tat gut daran, sich nicht in dieser Gedankenspur festzufahren.
Er begann sich ein paar Punkte zu notieren, wie er bei den Nachforschungen im Fall Tanja vorgehen wollte. Als erstes Kontaktaufnahme zur deutschen Polizei, was er gerade hatte tun wollen, als er durch den Anruf von Tord Pedersen gestört worden war. Dann würde er etwas ausführlicher mit Liese reden, und als letztes gedachte er, Gösta zu bitten, mit ihm zum Campingplatz zu fahren, wo sie sich ein bißchen umhören würden. Möglicherweise hatte Tanja dort ja mit jemandem gesprochen. Oder vielleicht war es das beste, Patrik zu bitten, daß er Gösta diese Aufgabe übertrug. Bei dieser Ermittlung hatte Patrik die Befugnis, Gösta Anweisungen zu erteilen, aber nicht Martin. Und die Dinge hatten die Tendenz, weitaus reibungsloser abzulaufen, wenn das Protokoll vorschriftsmäßig eingehalten wurde. Erneut machte er sich daran, die Nummer der deutschen Polizei zu wählen, und diesmal hatte er Erfolg.
Es wäre übertrieben, zu behaupten, das Gespräch sei glatt gelaufen, aber als er auflegte, war er sich relativ sicher, die notwendigen Angaben auf richtige Weise hervorgestottert zu haben. Man versprach, sich zu melden, sobald man über mehr Informationen verfügte. Jedenfalls glaubte er, daß die Person am anderen Ende das gesagt hatte. Wenn es nötig sein sollte, weiteren Kontakt mit den deutschen Kollegen aufzunehmen, würden sie wohl einen Dolmetscher brauchen.
Im Hinblick auf die Zeit, die es dauern konnte, Angaben aus dem Ausland zu erhalten, wünschte er sich innigst, hier einen genauso guten Internet-Anschluß zu besitzen wie zu Hause. Aber aufgrund des Risikos, daß sich Hacker einschalten konnten, besaß das Polizeirevier nicht einmal einen beschissenen analogen Anschluß. Er versuchte sich einzuprägen, daß er zu Hause im deutschen Telefonbuch nach Tanja Schmidt suchen wollte, falls das ins Netz gestellt war. Doch wenn er sich recht erinnerte, war Schmidt einer der gewöhnlichsten deutschen Nachnamen, also war die Chance gering, etwas zu finden.
Da er nicht viel mehr tun konnte, als auf die Information aus Deutschland zu warten, konnte er sich ebensogut der nächsten Aufgabe widmen. Er hatte die Handy-Nummer von Liese erhalten, und um sicherzugehen, daß sie noch hier war, rief er sie zuerst an. Eigentlich war sie nicht verpflichtet zu bleiben, aber sie hatte versprochen, die nächsten Tage noch nicht weiterzufahren, damit sie Gelegenheit erhielten, mit ihr zu sprechen.
Ihre Reise mußte für sie zum Horrortrip geworden sein. Nach dem, was sie Patrik erzählt hatte, waren die beiden Mädchen sich in kurzer Zeit sehr nahe gekommen. Jetzt saß sie allein in einem Zelt auf Sälviks Campingplatz in Fjällbacka und trauerte um ihre Reisebegleitung. Vielleicht war auch sie in Gefahr? Das war ein Szenario, an das Martin bisher noch nicht gedacht hatte. Es war vielleicht das beste, darüber mit Patrik zu reden, sobald er ins Revier zurückkam. Es konnte ja sein, daß der Mörder die Mädchen auf dem Platz gesehen und sich aus irgendeinem Grund für die beiden entschieden hatte. Aber wie paßten dann die Gebeine von Mona und Siv ins Bild? Mona und eventuell Siv, berichtigte er sich sofort. Man sollte nie etwas als sicher betrachten, was nur fast sicher war, hatte einer der Dozenten auf der Polizeischule bei einer Gelegenheit gesagt, und dieser Leitlinie versuchte Martin treu zu bleiben.
Bei näherem Nachdenken glaubte er nicht, daß Liese in Gefahr war. Auch das hatte mit Wahrscheinlichkeit zu tun, und die sprach dafür, daß Liese nur aufgrund der unglücklichen Wahl ihrer Reisebekanntschaft in die Sache hineingezogen worden war.
Trotz seiner früheren Befürchtungen entschloß er sich, Gösta auf geschickte Weise zu etwas konkreter Polizeiarbeit mitzulocken. Er ging den Korridor zu dessen Zimmer hinunter.
»Gösta, darf ich mal stören?«
Noch immer voller Enthusiasmus über seine sportliche Großtat, saß Gösta am Telefon, und als Martin den Kopf ins Zimmer steckte, legte er sofort schuldbewußt auf.
»Ja?«
»Patrik hat uns gebeten, zu Sälviks Campingplatz zu fahren. Ich soll mich mit der Reisegefährtin des Opfers treffen, und du sollst dort wohl ein bißchen rumfragen, soviel ich weiß.«
Gösta brummelte ein
Weitere Kostenlose Bücher