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Der Prediger von Fjällbacka

Der Prediger von Fjällbacka

Titel: Der Prediger von Fjällbacka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
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Firma, klar, daß die sich nur das Beste gönnen.«
    Johan gab keine Antwort. Im Unterschied zu seinem älteren Bruder brachten ihm die Einbrüche nie einen Adrenalinkick, statt dessen lief er tagelang, sowohl vor als auch nach einer Aktion, mit einem riesigen kalten Angstklumpen im Bauch herum. Aber er hatte immer getan, was Robert gesagt hatte, und er kam nicht einmal auf die Idee, daß es anders sein könnte.
    Der gestrige Einbruch hatte ihnen die größte Beute seit langem beschert. Sonst waren die Leute vorsichtig damit geworden, sich teure Sachen in die Ferienhäuser zu stellen, brachten vor allem alten Mist dahin, mit dem sie nichts mehr anzufangen wußten, oder Auktionskäufe, die sie für einen guten Fang hielten, die aber bloß einen Dreck wert waren. Gestern jedoch hatten sie einen neuen Fernseher, einen DVD-Player, Nintendo-Spiele und einen Haufen Schmuck von der Frau des Hauses erwischt. Robert würde die Sachen über die üblichen Kanäle verkaufen, und das würde ihnen ein hübsches Sümmchen einbringen. Nicht, daß es besonders lange reichen würde. Gestohlenes Geld brannte in der Tasche, und nach ein paar Wochen war davon nichts mehr übrig. Es wäre ausgegeben für Spiele, wildes Nachtleben mit großzügigen Einladungen und die eine oder andere Erwerbung. Johan betrachtete die teure Uhr, die er am Arm trug. Zum Glück verstand sich Mutter nicht darauf, Wertvolles zu erkennen, wenn sie es sah. Wüßte sie, was die hier gekostet hatte, würde das Gemecker kein Ende mehr nehmen.
    Manchmal war ihm, als säße er in einem Mäuserad test, das sich immer nur drehte und drehte, während die Jahre vergingen. Nichts hatte sich eigentlich verändert, seit sie Teenager gewesen waren, und auch jetzt sah er kein Licht am Horizont. Das einzige, was seinem Leben inzwischen einen Sinn gab, war auch das einzige, was er Robert jemals verheimlicht hatte. Ein Urinstinkt sagte ihm, daß nichts Gutes dabei herauskäme, wenn er sich dem Bruder anvertraute. Robert mit seinen vulgären Kommentaren würde nur etwas Schmutziges daraus machen.
    Eine Sekunde erlaubte er sich daran zu denken, wie weich doch ihr Haar seine rauhe Wange streichelte und wie klein ihre Hand wirkte, wenn er sie zwischen seinen Pranken hielt.
    »Hör mal, sitz nicht da und träume. Wir haben was zu erledigen.«
    Robert stand auf, die Zigarette im Mundwinkel, und ging durch die Tür voraus. Wie gewöhnlich folgte ihm Johan. Er konnte nicht anders.
    In der Küche saß Solveig auf ihrem üblichen Platz. Seit seiner Kindheit, als das mit Papa passiert war, hatte er sie in ihrem Stuhl am Fenster sitzen sehen, während ihre Finger eifrig mit dem beschäftigt waren, was vor ihr auf dem Tisch lag. Nach seinen ersten Erinnerungen war sie schön gewesen, doch mit den Jahren hatte sich das Fett immer dicker auf Körper und Gesichtszüge gelegt.
    Wie sie jetzt da saß, wirkte es, als sei sie in Trance; die Finger lebten ein eigenes Leben, es war ein unablässiges Fummeln und Streicheln. Mehr als zwanzig Jahre lang hatte sie schon mit diesen verdammten Fotoalben zugebracht, hatte sortiert und umsortiert. Hatte neue Alben gekauft und die Fotos und Zeitungsausschnitte noch einmal eingesetzt. Schöner und besser. Er war nicht so dumm, daß er nicht verstand, daß sie auf diese Weise versuchte, glückliche Zeiten am Leben zu erhalten, aber irgendwann mußte sie wohl begreifen, daß all das seit langem vorbei war.
    Die Bilder stammten aus den Jahren, als Solveig schön gewesen war. Der Höhepunkt ihres Lebens war der Augenblick, als sie Johannes Hult geheiratet hatte, den jüngsten Sohn von Ephraim Hult, dem berühmten Freikirchenpastor und Besitzer des größten Hofes der Gegend. Johannes sah gut aus und war reich, und sie war zwar arm, doch war sie das schönste Mädchen, das Bohuslän zu bieten hatte, das sagten damals alle. Und wenn es weiterer Beweise bedurfte, dann reichten die Artikel, die sie von damals aufgehoben hatte, als man sie zwei Jahre hintereinander zur Maikönigin gekrönt hatte. Diese Artikel und die vielen Schwarzweißfotos von ihr selbst als junges Mädchen waren es, die sie Tag für Tag seit über zwanzig Jahren sorgfältig sortierte. Sie wußte, daß dieses Mädchen noch irgendwo unter den Fettschichten existierte, und durch die Bilder konnte sie es lebendig halten, auch wenn es ihr mit jedem weiteren Jahr mehr und mehr entglitt.
    Mit einem letzten Blick über die Schulter verließ Johan seine Mutter, die in der Küche sitzen blieb, und folgte

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