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Der Prediger von Fjällbacka

Der Prediger von Fjällbacka

Titel: Der Prediger von Fjällbacka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
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fünften Klingelzeichen war eine schlaftrunkene Stimme zu hören. Beschämt darüber, ihn geweckt zu haben, gelang es Martin in seinem holprigen Deutsch zu erklären, wer er war und daß er gleich noch einmal anrufen würde. Er hatte Glück, bei der Touristeninformation war Pia sofort am Apparat. Sie sagte zu, ihm noch einmal zu helfen, und ein paar Minuten später hatte er sie beide an der Strippe.
    »Zunächst möchte ich Ihnen mein Beileid aussprechen.«
    Der Mann am anderen Ende dankte zurückhaltend für die Aufmerksamkeit, aber Martin konnte seine Trauer spüren, die sich wie ein dichter Schleier auf das Gespräch legte. Er war sich nicht schlüssig, wie er weiter vorgehen sollte. Pias weiche Stimme übersetzte alles, was gesagt wurde, aber während er nachdachte, was er als nächstes vorbringen sollte, war nichts anderes als die Atemzüge der beiden zu hören.
    »Wissen Sie, wer meiner Tochter das angetan hat?«
    Die Stimme zitterte leicht, doch Pia hätte eigentlich nicht übersetzen müssen. Martin verstand es trotzdem.
    »Noch nicht. Aber wir werden es herausfinden.«
    Genau wie Patrik, als er Albert Thernblad begegnet war, fragte sich Martin, ob er zuviel versprach, aber er konnte einfach nicht anders, er versuchte die Trauer des Mannes auf die einzige Weise zu lindern, die ihm zur Verfügung stand.
    »Wir haben mit Tanjas Reisegefährtin gesprochen, und sie behauptete, daß Tanja mit einem Anliegen hier nach Schweden, also nach Fjällbacka, gekommen wäre. Aber als wir Tanjas ExMann danach fragten, fiel ihm kein Grund dafür ein, weshalb sie hätte herkommen sollen. Haben Sie eine Erklärung?«
    Martin hielt den Atem an. Ein langes, unerträglich langes Schweigen folgte. Dann begann Tanjas Vater zu sprechen.
    Als er schließlich den Hörer auflegte, fragte sich Martin, ob er wirklich seinen Ohren trauen konnte. Die Geschichte war einfach unvorstellbar. Aber sie klang dennoch absolut wahr, und er glaubte Tanjas Vater. Als er gerade selbst auflegen wollte, fiel Martin ein, daß Pia noch immer in der Leitung war. Zögernd fragte sie: »Hast du erfahren, was du wissen wolltest? Ich glaube, ich habe alles richtig übersetzt.«
    »Ich bin sicher, daß die Übersetzung völlig korrekt war. Und ja, ich habe erfahren, was ich wissen wollte. Ich weiß, daß ich es nicht zu betonen brauche, aber .«
    »Ich weiß, ich darf keinem davon erzählen. Ich verspreche, ich werde kein Wort verlauten lassen.«
    »Ist gut. Du, übrigens .«
    »Ja?«
    Hörte er richtig, klang ihre Stimme hoffnungsvoll? Aber der Mut ließ ihn im Stich, und er spürte auch, daß es nicht die richtige Gelegenheit war.
    »Nein, nichts. Wir können ein anderes Mal darüber reden.«
    »Okay.«
    Jetzt meinte er fast so etwas wie Enttäuschung zu hören, aber sein Selbstvertrauen war nach seinem letzten Mißerfolg an der Liebesfront noch immer viel zu angegriffen, als daß er glauben konnte, es sei etwas anderes als Einbildung.
    Nachdem er sich bei Pia bedankt und aufgelegt hatte, gingen seine Gedanken jedoch zu anderen Dingen über. Er schrieb die Notizen von dem Gespräch rasch ins Reine und ging mit dem Ausdruck zu Patrik hinüber. Endlich hatten sie einen Durchbruch in dem Fall erzielt.
     
    Sie verhielten sich beide abwartend, als sie sich trafen. Es war das erste Mal seit der katastrophalen Begegnung auf Västergärden, und beide warteten darauf, daß der andere den ersten Schritt zur Versöhnung machte. Da Johan es gewesen war, der angerufen hatte, und Linda tatsächlich ein ziemlich schlechtes Gewissen wegen ihrem Anteil an dem Streit verspürte, ergriff sie das Wort.
    »Du, ich habe da neulich ziemlichen Mist geredet. Das war nicht meine Absicht. Ich war nur so scheißwütend.«
    Sie saßen auf ihrem üblichen Platz auf dem Heuboden der Scheune von Västergärden, und Johans Profil war wie in Stein gemeißelt, als Linda ihn ansah. Dann bemerkte sie, daß seine Züge weicher wurden.
    »Äh, vergiß es. Ich habe wohl auch ein bißchen heftig reagiert. Es war nur .« Er zögerte und suchte nach dem richtigen Wort. »Es war nur so verdammt schwer, mit all den Erinnerungen und so dorthin zu kommen. Das hatte nicht soviel mit dir zu tun.«
    Noch immer irgendwie vorsichtig in den Bewegungen, schmiegte sich Linda von hinten an und schlang die Arme um ihn. Der Streit hatte den unerwarteten Effekt gehabt, daß sie ein gewisses Maß an Respekt vor ihm gewonnen hatte. Zuvor hatte sie in ihm immer nur den Jungen gesehen, einen, der seiner Mutter und dem

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