Der Preis der Ewigkeit
Geheimnis.“
Ich schob mir das Essen auf meinen eigenen Tisch. Anders als in der Economy-Klasse klappte man ihn aus der Armlehne hervor, und auf einem Flatscreen in der Rückenlehne des Sitzes vor mir lief ein Film, den ich nicht kannte. „Du bist doch bescheuert.“
„Ich nenne das erfinderisch.“ Sorgsam spritzte er einen Burggraben aus Ketchup um sein Fritten-Fort herum. „Na ja, aufgeweckt hab ich dich jedenfalls, weil du immer vor dich hin gemurmelt hast. Wovon hast du geträumt?“
Ich steckte mir eine Pommes in den Mund. Gar nicht so schlecht für Flugzeug-Essen. Allerdings waren die wenigen Mahlzeiten, die mir bisher in Flugzeugen serviert worden waren, auch nicht auf Porzellan und mit Silberbesteck gekommen. „Ich hab nicht geträumt. Ich war bei Milo und Henry.“
James runzelte die Stirn. „Wie oft ist Henry da bei dir?“
„Ununterbrochen. Ich hab ihn gebeten, dazubleiben, und das tut er.“
„Kannst du ihn berühren?“, wollte James wissen und ich nickte. „Und Milo?“
„Den kann nur Henry berühren. Ich nicht.“
„Okay.“ Sein Stirnrunzeln vertiefte sich. „Was hast du ihm alles erzählt?“
„Was denn, ich werd ja wohl noch mit meinem Ehemann reden dürfen, ohne dass du dich einmischst.“
James stellte den Ketchup weg und wandte mir seinen Oberkörper zu. „Hast du ihm erzählt, wohin wir gehen und was wir vorhaben?“
„Natürlich“, antwortete ich. „Na ja, nein, ich meine, was wir vorhaben, hab ich gesagt. Dass wir nach Simbabwe fliegen, hab ich vergessen zu erwähnen.“
„Gut.“ Er strich mir über die Finger und ich zog die Hand weg, verschränkte sie mit der anderen und schob sie mir zwischen die Knie. Freund oder nicht, vor vielen Jahren hatte er Henry absichtlich Schmerz zugefügt, indem er eine Affäre mit Persephone angefangen hatte. Und auch wenn Henry möglicherweise bereit war, ihm zu vergeben – vergessen hatte er es mit Sicherheit nicht und ich würde ihm keinen Grund zu neuer Sorge geben. „Wie ist er mit dir umgegangen? Hat er irgendetwas Seltsames gesagt? Irgendwas gemacht, was dir nicht ganz richtig erschienen ist?“
„Spielen wir hier Frage und Antwort, oder was?“ Ich lehnte mich in meinem Sitz zurück, das Essen so gut wie unberührt. „Das geht dich überhaupt nichts an.“
„Und ob es das tut. In einer Situation wie dieser waren wir noch nie. Während des ersten Krieges – ich war da natürlich noch nicht auf der Welt, aber Walter …“
„Ich will’s nicht hören“, fuhr ich dazwischen. Nicht wenn es mit Walter zu tun hatte.
„Musst du aber.“ Sein Ton war erstaunlich freundlich und er strich mit den Fingerknöcheln über meine Wange. Ich schaffte es, nicht zurückzuzucken. „Es ist egal, welche Rolle Walter in deinem Leben spielt, okay? Vergiss ihn. Er ist jetzt nicht wichtig.“
„Der war noch nie wichtig.“ So weit es mich anging, würde er das auch nie sein.
„So weit würde ich dann doch nicht gehen“, erwiderte James lächelnd. „Er ist immer noch der König der Götter und Vorsitzender des Rats. Wir alle sind seine Kinder. Das weißt du.“
„Was jetzt? Willst du damit sagen, schön blöd, dass ich’s nicht früher kapiert hab?“ Obwohl James darauf den Kopf schüttelte, fühlte ich mich wie die letzte Idiotin. Er hatte recht. Ava und er hatten mir erzählt, dass jedes einzelne der jüngeren Ratsmitglieder ein Kind von Walter war.
„Du bist nicht blöd“, widersprach James. „Überhaupt nicht. Walter ist der Blödmann, weil er nicht seine Rolle als dein Vater übernommen hat, als Diana uns von ihrer Krebsdiagnose erzählt hat. Sie wollte, dass er es tut“, fügte er hinzu. „Also sei nicht auch noch auf sie sauer, okay? Sie hat hart darum gekämpft, dass er sich blicken lässt. Phillip hat sogar angeboten, als dein Onkel einzuspringen, aber letztendlich hat Walter beschlossen, es würde deine Chancen in den Prüfungen verbessern, wenn du das allein durchstehst.“
„Was für ein Arschloch“, flüsterte ich und rechnete halb damit, dass ein Blitz aus dem Himmel herabfahren und uns zum Absturz bringen würde.
„Meistens“, stimmte James zu. „Ich schätze, er versteht nicht besonders viel von Gefühlen. Für keinen von uns war er wirklich ein Vater, abgesehen vielleicht von Ava, und die ist adoptiert. Aber ich kann ihm daraus keinen Vorwurf machen. Er hatte ja selbst nicht gerade das beste Vorbild.“
Das war keine Entschuldigung dafür, dass er mich im Stich gelassen hatte, obwohl er gewusst
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