Der Preis der Ewigkeit
gefangen genommen; und die Maßnahmen, mit denen die Sechs sichergestellt haben, dass die Titanen nie wieder die Sonne sehen …“ Er verzog das Gesicht. „Allein wegen Rhea haben sie nicht dasselbe mit Kronos gemacht. Sie hat sie darum angefleht. Was die Sechs gemacht haben, bedeutet für Titanen mehr oder weniger den Tod“, verdeutlichte er. „Zumindest so weit man Titanen überhaupt töten kann. Und weil Rhea ihre Mutter ist, haben die Sechs auf sie gehört.“
„Haben sie sie deshalb nicht mit eingesperrt?“
„Auch damals hat sie sich nicht am Krieg beteiligt“, erklärte James. „Wenn überhaupt, hat sie den Sechs geholfen.“
„Ah ja“, murmelte ich. Wenigstens ging es Henry gut, aber ohne Rhea standen wir in diesem Krieg auf verlorenem Posten.
„Du solltest ein bisschen schlafen“, sagte James. „Wir haben heute noch viel vor.“
„Du aber auch“, gab ich zurück, und für den Rest des Flugs versuchte ich, seinen Rat zu befolgen. Doch Schlaf bedeutete im Moment entweder Visionen von Kronos oder Albträume von sich aus dem Erdreich erhebenden Titanen, und ich konnte mich nicht von Henry losreißen. Nicht einmal für Milo. Das Einzige, was ich im Augenblick für unseren Sohn tun konnte, war, dafür zu sorgen, dass Henry lebendig und gesund genug war, ihn im Arm zu halten, wenn wir ihn endlich zurückbekamen.
Das Flugzeug setzte zur Landung an und widerstrebend weckte ich Henry. Ohne Gepäck war es nur ein kurzer Weg durch den Flughafen, bis wir ein Taxi nehmen und uns auf eine weitere lange Autofahrt einstellen konnten.
Athen war nicht der einzige Ort, der von den Folgen der Flutwelle betroffen war. Überall begegneten uns Spuren der Verwüstung: Flüchtlinge, die sich am Rand des Rollfelds in Zelten zusammendrängten, Trümmer des ehemaligen Athen über die gesamte Küstenlinie verstreut – und die Städte, durch die wir kamen, waren praktisch ausgestorben.
„Die Erdbeben haben alle verjagt“, erklärte der Taxifahrer. Wieder bemerkte ich, dass er zwar nicht Englisch sprach, ich ihn aber trotzdem verstand. Diese Fähigkeit musste ich irgendwann nach meinem Sommer in Griechenland dazugewonnen haben. „Nach dem, was in Athen geschehen ist, glauben viele, dass ein Fluch auf uns liegt.“
„Erdbeben?“, hakten James und ich gleichzeitig nach, wobei ich Englisch sprach und er etwas, das vermutlich Griechisch war.
„Sie haben noch nichts davon gehört?“, wunderte sich der Fahrer und für einen Moment wirkte James abwesend. Ich konnte nicht hören, was er sagte oder zu wem er es sagte, aber es war offensichtlich, dass er mit jemandem kommunizierte.
„Phillip meint, seit dem Angriff auf Athen hat es mehr als ein Dutzend schwache Erdbeben um die Ägäis herum gegeben“, klärte James uns leise auf. „Und zwei starke.“
Was bedeutete, dass noch mehr Menschen in einem Krieg gestorben waren, von dessen Existenz sie nicht einmal etwas ahnten.
„Er versucht, unsere Barrieren im Untergrund zu durchbrechen“, hörte ich Henry von der anderen Seite einwerfen.
„Aber es funktioniert doch nicht, oder?“, bohrte ich nach und gleichzeitig schüttelten James und er die Köpfe. „Gut.“
Den Rest der Fahrt über schwieg ich. Wie im Flug verstrichen die Stunden, während wir durch das griechische Hinterland auf genau das Katastrophengebiet zufuhren, das alle anderen eilig verließen. Wieder konnte ich mich nicht überwinden zu schlafen. Angespannt saß ich neben Henry, dessen Augen sich immer wieder für lange Zeit schlossen, und nicht einmal unser Fahrer schien noch besonders gesprächig, nachdem er uns auf den neuesten Stand gebracht hatte. Hin und wieder wies ihm James den Weg, und auch wenn der Einheimische leicht genervt schien, sich von einem Touristen die Route erklären lassen zu müssen, diskutierte er nicht herum.
Endlich, als ich mich langsam fragte, ob wir Athen je erreichen würden, hielt das Taxi auf halbem Weg einen steilen Hügel hinauf. „Weiter kann ich nicht“, entschuldigte sich unser Fahrer. „Da ist nichts mehr, wohin wir fahren könnten, und ich habe so schon kaum noch genug Benzin für den Rückweg.“
„Ist in Ordnung“, beruhigte James den Mann und drückte ihm ein Bündel Geldscheine in die Hand. „Behalten Sie den Rest.“
Wir stiegen aus dem Auto, und ich hielt mich dicht bei Henry, als James voranging. Die Straße führte in einem weiten Bogen in Richtung Hügelkuppe, und auch wenn ich keine Spur von Athen entdecken konnte, schien James zu wissen,
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