Der Preis der Ewigkeit
einzige Möglichkeit, die mir einfiel.
Henry lehnte sich zu mir herüber, als spürte er, worüber ich nachdachte, und drückte mir einen Kuss auf die Schläfe. „Die Reise nach Athen wird auch nichts ändern“, flüsterte er.
„Möglich wäre es. Vielleicht finden wir etwas. Diese Menschen sind meinetwegen gestorben …“
„Das sind sie auf keinen Fall.“ Henrys Stirnrunzeln vertiefte sich. „Mit dir hat das überhaupt nichts zu tun. Irgendwann hätte Kronos die Menschheit so oder so angegriffen, und nichts, was du hättest tun können, hätte das verhindert.“
James warf mir einen bedeutsamen Blick zu, doch ich sah zu Boden. Ich konnte Henry nicht sagen, wie falsch er da lag.
„Kommt schon“, meinte James und hielt Henry die Hand hin. Der ignorierte die Geste und James ließ den Arm sinken. „Unser Flug wird bald aufgerufen. Wir sollten rechtzeitig vor dem nächsten Sonnenuntergang in Athen sein.“
„Warum ist das so wichtig?“, wollte ich wissen und stützte Henry am Ellbogen, als er unsicher aufstand.
„Je näher wir Kronos sind, desto größer ist die Gefahr, in der wir uns befinden“, erklärte James. „Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich bin nicht besonders scharf drauf, das Risiko lange auf mich zu nehmen.“
Einem Teil von mir war das gleichgültig – dem Teil, der mit den Menschen von Athen gestorben war. Doch der Teil von mir, der Henrys Hand hielt und davon träumte, auch Milo wieder im Arm zu halten, sah das anders und ich nickte. Je weniger Zeit wir in Griechenland verbrachten, desto besser. Doch hinfliegen musste ich. Davon würde ich mich nicht abbringen lassen.
„Vielleicht solltest du schon auf den Olymp zurückkehren“, schlug ich Henry vor. Wenn Kronos entdeckte, dass Rhea ihn geheilt hatte, wäre Henry tot, sobald er in seine Reichweite käme. Wie weit reichte sein Einflussgebiet wohl mittlerweile? Bis nach Athen? Nach London? Oder New York? Wie lange würde es dauern, bis er sich aus dem Inselgefängnis befreite, das die anderen um ihn herum errichtet hatten? Zur Wintersonnenwende war er aus dem Tartaros ausgebrochen. Würde er diesen Dezember dasselbe tun?
Natürlich würde er das. Das war der Grund, aus dem der Rat ihn jetzt bekämpfte.
„Nein“, sagte Henry sanft, aber bestimmt, und griff meine Hand fester. „Ich werde dich nicht noch einmal allein lassen.“
Und ich in meiner Selbstsucht brachte es nicht über mich, ihn dazu zu überreden, auch wenn es uns möglicherweise alles kosten würde.
Unser Flugzeug war fast leer. Es war wie in den Fernsehnachrichten, die man in den Stunden vor einem drohenden Hurrikan sah – stadtauswärts waren die Straßen verstopft und stadteinwärts wie leer gefegt.
Genauso erging es uns. Wir saßen allein in der ersten Klasse – jetzt, da Henry sich erholen musste, war das unumgänglich. Ich saß auf dem Platz neben ihm, sah ihm beim Schlafen zu und versuchte, ihn zum Essen zu überreden, als die Gourmetmahlzeiten kamen, doch er stocherte nur in seinem Hühnchen herum.
„Er wird schon wieder“, flüsterte James vom Sitz vor mir herüber. Obwohl Henry wieder eingeschlafen war, hielt er immer noch meine Hand. „Aber in seinem Zustand hätte er den Olymp gar nicht erst verlassen sollen, der sture Bock. Wenn wir erst zurück sind, wird er sich wesentlich schneller erholen.“
„Meinst du?“ Ich biss mir auf die Unterlippe. „Das ist einer der Gründe, warum ich nach Athen wollte. Er wird Seite an Seite mit den anderen kämpfen wollen, sobald wir zurück sind, ohne Rücksicht auf seine Genesung. So kann er sich wenigstens ein wenig ausruhen.“
Nachdenklich betrachtete James ihn. „Denkst du wirklich, er ändert seine Meinung, was den Krieg angeht?“
„Natürlich. Die haben Milo.“ Und so stur Henry auch sein mochte, unseren Sohn würde er nicht im Stich lassen. Ich zögerte. „Gibt es noch andere?“
„Andere was?“
„Titanen“, hauchte ich. „In den Mythen war auch von anderen die Rede, oder?“
James runzelte die Stirn, zwischen seinen Augenbrauen erschien eine steile Falte. „Ja, es gab noch andere, aber die werden uns keine Hilfe sein. Sie wurden mit Kronos im Tartaros begraben.“ Er musste meinen Gesichtsausdruck richtig gedeutet haben, denn hastig fügte er hinzu: „Um die müssen wir uns keine Gedanken machen. Erst mal würde Kronos nie zulassen, dass sie abhauen – er will König sein und die anderen würden ihm die Vorherrschaft streitig machen. Außerdem wurden sie alle vor Kronos
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