Der Preis der Ewigkeit
Angebot eingegangen? Möglicherweise hätte es nur gereicht, um sich ein bisschen länger vorzubereiten, aber das war immerhin etwas. Kronos würde ausbrechen, ob mit oder ohne ihre Erlaubnis, und es würde nicht mehr lange dauern, bis er ganz Europa und Afrika entvölkert hätte. Und wo würde er dann zuschlagen? Asien? Australien? Nord- und Südamerika? Wie lange würde er brauchen, um alles in Schutt und Asche zu legen?
„Millionen“, sagte Walter. „Es handelt sich um ein Vielfaches der Verwüstung, die er in Athen angerichtet hat.“
Mir wich sämtliche Luft aus den Lungen und schwer legte sich die Schuld auf meine Schultern. Es spielte keine Rolle, dass ich alles unternommen hatte, was mir nur eingefallen war, um den Rat dazu zu bewegen, Kronos’ Waffenstillstand zu überdenken. Ich hätte mehr tun müssen – es gab immer eine andere Möglichkeit. Warum hatten all diese Menschen sterben müssen? Was hatten sie Kronos getan, um das zu verdienen?
Calliope hatte es wenigstens aus einem bestimmten Grund auf mich abgesehen. Aber Kronos … Tat er das nur, um den Rat zu quälen? Um zu beweisen, dass er der Stärkere war und dass es nichts gab, was sie ausrichten konnten, um ihn aufzuhalten? Das wussten sie bereits, auch wenn Walter zu verbohrt und eigensinnig war, um zuzugeben, dass er nicht der größte und gefährlichste Herrscher im Universum war.
Ich öffnete den Mund, um Walter aufzufordern, etwas zu unternehmen – irgendwas, egal was, solange es nur diesen Attacken ein Ende setzte. Doch Henry ergriff meine Hand und streichelte mir mit dem Daumen über die Fingerknöchel und ich schwieg. In Walters Augen war ich nichts als eine unfähige Nervensäge. Aus diesem Grund würde er mir niemals zuhören, was ich auch sagte, so logisch und rational ich es auch erklärte. Niemand bis auf meine Mutter, James und Henry würden zuhören, und der Rat durfte nicht noch weiter zerfallen, als er es sowieso schon war.
„Kate, du darfst gehen“, beschied mir Walter und ohne Widerrede stand ich auf. Ich mochte jung und unerfahren sein, aber das machte mich noch nicht zu einer Idiotin. Und wenn die anderen es nicht in Ordnung brachten, würde ich es eben tun.
Schatten tanzten über die Wände von Milos Kinderzimmer, als es um mich herum erschien, und Kronos stand über die Wiege gebeugt. Er sah blasser aus als sonst, doch in seinen Augen wirbelte der Nebel und eine subtile Aura der Macht umgab ihn.
„Ich habe auf dich gewartet“, begrüßte er mich lächelnd. Behutsam legte er mir eine Hand ins Kreuz und ich zuckte zurück.
„Du bist ein Monster“, fauchte ich und streckte die Hände nach meinem Sohn in der Wiege aus. „Ist dir klar, wie viele Menschen du gerade …“
Wie immer trafen meine Finger auf nichts als Luft, doch diesmal war es anders. Mit verengten Augen spähte ich auf das zerwühlte Bettzeug und erstarrte. Milo war fort.
„Was hast du mit ihm gemacht?“, brachte ich mühsam hervor. Eine eiskalte Hand griff nach meinem Herzen. „Wo, zur Hölle, ist …“
Kronos wies hinter mich und ich fuhr herum. In einem Schaukelstuhl, der tags zuvor noch nicht da gewesen war, saß Ava und hielt Milo im Arm.
„Sie hat ihn kaum abgesetzt, seit du das letzte Mal gegangen bist“, erklärte Kronos.
Hastig stürzte ich zu ihr und Ava blickte auf. Für einen grauenhaften Moment dachte ich, sie könnte mich sehen, doch sie blickte geradewegs durch mich hindurch. „Das funktioniert nicht“, sagte sie zu Kronos. „Ist mir egal, wie oft du es versuchst. Kate ist nicht hier, und selbst wenn sie’s wäre, könntest du sie nicht sehen. Und ganz sicher würde sie nicht so furchtbare Sachen sagen.“
Also leugnete sie es noch immer. Aber im Moment war mir das egal; ich beobachtete, wie Milo selig an ihrer Fingerspitze nuckelte, und schmolz dahin. Er sah glücklicher aus, als ich ihn je zuvor gesehen hatte. Als er die Augen öffnete, sah er mich direkt an, und ich hätte schwören können, dass er lächelte.
„Hi, mein Kleiner“, flüsterte ich und kniete mich neben Ava. Eine Kufe des Schaukelstuhls glitt durch meinen körperlosen Oberschenkel. „Wie hübsch du bist.“
Seine Augen leuchteten, seine Wangen waren rosig, und als er die Ärmchen in meine Richtung reckte, lag mehr Enthusiasmus in seiner Bewegung als zuvor. Er sah aus wie ein kerngesundes, zehn Tage altes Baby. Was auch immer Ava ihm gab, es wirkte.
„Warum sieht er so viel gesünder aus?“, wandte ich mich an Kronos und er wiederholte die
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