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Der Preis des Lebens

Der Preis des Lebens

Titel: Der Preis des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Endres
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Flucht rollend fortsetzte, bis auch er schließlich von einer krummen Baumwurzel gestoppt wurde und in einer schlammigen Pfütze liegen blieb, die sich schnell zu einer schmutzigen rotbraunen Schliere verfärbte.
Unter rauem Gelächter kehrten die Söldner zu ihrem provisorischen Lager zurück, um ihren Kameraden vom Ausgang der lustigen Treibjagd auf den Bauerntölpel zu berichten.
Und natürlich, um den Angriff auf das Dorf vorzubereiten.
*
    Lorn und Visco standen im Schatten eines mit Fichten und Tannen bewachsenen Hanges. Hinter ihnen lag der Eingang zu einer kleinen Höhle, in deren Innerem Visco der bewusstlosen jungen Frau ein Deckenlager bereitet hatte.
Dort lag das Mädchen mit gleichmäßig gehendem Atem und erholte sich von den Schrecken des Nachmittags, während Lorn und Visco vor der Höhle saßen und sich zankten: Im Moment exzessiv über das Beschaffen von Feuerholz, generell aber über den Umstand, dass Lorn nach wie vor stinksauer war, da sie wegen Viscos Starrsinn nun tatenlos hier herum saßen und darauf warten mussten, dass das Mädchen endlich aufwachte.
» Du hast sie angeschleppt. Also wirst du auch dafür sorgen, dass sie es warm hat.« Lorn verschränkte die Arme vor der Brust. »Oder denkst du allen Ernstes, dass ich deinen Herzensdamen nun schon Feuerholz besorge?«
Visco seufzte. »Wieso nimmst du's mir eigentlich so übel, dass ich ihr helfen möchte? Selbst für dich sollte so was normal sein. Das gebietet allein schon die Menschlichkeit.«
» Menschlichkeit ? Und das aus deinem Mund?«
»Du weißt, dass du mich damit nicht mehr treffen kannst«, entgegnete Visco ernst. Er straffte die Schultern und deutete in die Höhle. »Ich werde jedenfalls hier sein, wenn die Kleine erwacht.« Sein ernster Tonfall verlor seine Wirkung, als er zum Ende hin eine Spur zu dick auftrug: »Dieser Dame muss bewiesen werden, dass ich kein Monster bin!«
»Am besten sagst du ihr, dass du seit mindestens hundertfünfzig Jahren tot sein müsstest«, schlug Lorn trocken vor.
»Du bist einfach geschmacklos.«
»Dein Glück. Andernfalls wäre ich nicht mit dir unterwegs.«
»Ja, was hab ich für ein unverschämtes Glück«, murmelte Visco und schenkte Lorn anschließend ein aufgeschlossenes Lächeln. »Also – wann gehst du jetzt Feuerholz sammeln? Es wird bald dunkel.«
Lorn ignorierte den Vampir und stapfte ohne ein weiteres Wort in die Höhle.
»Gut, dass wir drüber geredet haben«, seufzte Visco und schlenderte lustlos in die andere Richtung davon, um den Waldboden nach Ästen und Hölzern abzusuchen.
*
    Mit den letzten Strahlen der hinter den Bäumen versinkenden Sonne erreichte Bork die Palisade aus grob bearbeiteten Baumstämmen, die Egemunde in erster Linie vor wilden Tieren schützen sollte. Gut anderthalb Manneslängen hohe Stämme umgaben das kleine Dorf, in das nur ein großes, von einer turmähnlichen Plattform überdachtes Tor und eine versteckte Tür an der Nordseite der Palisade Einlass boten. Jeden Abend nach Einbruch der Dunkelheit standen die Männer Egemundes in festgelegten Schichten auf dem Wehrgang und spähten in die Nacht hinaus, um den Frieden und die Sicherheit ihrer schlafenden Mitmenschen zu sichern.
An diesem Abend war es kalt und ungemütlich auf Egemundes hölzernem Schutzwall, die Stimmung ungewohnt angespannt. Das lag zum einen an den Nebelschwaden, die aus dem Wald in Richtung Dorf zogen und alles, was sie mit ihren geisterhaften Fingern berührten, in milchige Schleier tauchten; zum anderen lag es aber auch an dem Besuch eines fahrenden Händlers am Nachmittag und dem, was der rundliche Mann zu erzählen gehabt hatte.
Der Kaufmann war mit seinem von einem struppigen Maultier gezogenen Karren nach Egemunde gekommen und hatte in der Dorfmitte zwei Stunden lang gesalzene Heringe, geräucherten Seelachs, Haarspangen aus Fischbein und kleine Fässchen mit Talg und Tran verkauft, ehe er im einzigen Gasthaus des Dorfes gegessen hatte, wo sich schnell eine kleine Menschenmenge um den Tisch des dicken Fremden bildete.
In der Folge war der fahrende Händler den neugierigen Egemundern nichts schuldig geblieben und belohnte ihr Interesse an seiner Person mit allerhand Neuigkeiten. Mitunter berichtete er von einem wilden Trupp Söldner, der seit einiger Zeit die Gegend auf dieser Seite des Flusses unsicher machte. Von ihrem letzten Auftraggeber in einem Nachbarschaftskrieg zwischen zwei Herzögen um den Sold geprellt, hatten die Söldner in den letzten Wochen nicht nur beide Herzogtümer

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