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Der Preis des Lebens

Der Preis des Lebens

Titel: Der Preis des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Endres
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geplündert, sondern weitere drei Dörfer und vier Weiler im Umland überfallen und gebrandschatzt.
Hiras, der Wirt des Singenden Gockel, hatte dem Kaufmann für diese Information gedankt und ihm das Mittagessen geschenkt, nur um nach der eiligen Verabschiedung des Händlers zusammen mit einer Schar anderer besorgter Männer sogleich zu Bürgermeister Flanks Hof zu eilen.
Noch ehe der nach Fisch stinkende Karren des Händlers aus dem Tor geholpert war, beschloss man in einer spontanen Versammlung im Gockel , die Wachen auf der Palisade in nächster Zeit zu verdoppeln – natürlich nur für den Fall.
Das brachte zwar ein gewisses Gefühl der Sicherheit, änderte aber nichts an der angespannten Stimmung, die Bork entgegenschlug, als er die Leiter zum Wehrgang hinaufstieg.
Er grüßte die anderen, die sich bereits dort eingefunden hatten, und stampfte ein paar Mal mit den Füßen auf, um die Kälte und das taube Gefühl aus den Beinen zu vertreiben.
»Wird eine kalte Nacht, was?«, fragte er laut.
»Kalt und klamm«, bestätigte Fugar und stellte demonstrativ den Schafsfellkragen seiner Lederweste nach oben. Neben dem Schmied stand ein schwerer Hammer an der Palisade, den er nur dann in der Schmiede zurückließ, wenn er in die Kirche ging.
»Aye.« Bork lehnte seinen Eschenholzbogen und den Pfeilköcher neben Fugars Hammer, um die kalten Hände aneinander reiben zu können. »Vor allem kalt.«
»Habt ihr Svergo heute schon gesehen?«, fragte Norbam da plötzlich. Der Schweinehirt strich sich nervös über den Schnurrbart und blickte in Richtung des Turms über dem Tor.
»Glaub nich«, brummte Fugar. »Wieso?«
»Er müsste heute überm Tor Wache halten. Aber ich kann da drüben niemanden sehen.«
»Hm. Seltsam.« Bork spähte ebenfalls angestrengt in Richtung des kastenförmigen Aufbaus über dem Dorfeingang.
Svergo war eigentlich ein zuverlässiger Geselle, allen im Dorf als sauber arbeitender Gehilfe von Tomash dem Kesselflicker bekannt. Der Junge würde seinen Posten nicht ohne triftigen Grund vernachlässigen – nicht einmal für Lilis, mit der er in letzter Zeit öfter im Wald gesehen worden war. »Ich übernehme dort oben, bis er kommt«, erklärte Bork kurzerhand, griff wieder nach Bogen und Köcher und stieg geschickt die kurze schräge Trittleiter hinauf, um den höchsten und breitesten Abschnitt des Wehrganges zu erklimmen. Von hier oben konnte er wie die anderen auch den Waldrand im Auge behalten, hatte durch schmale Ritzen im Boden aber auch einen Blick auf das mit einem schweren Balken von innen verriegelte Tor, über das die Plattform wie ein kompakter Turm wachte.
Der Nebel verdichtete sich, was unter den Männern für noch mehr Nervosität sorgte.
Bork hörte Fugars tiefe Stimme durch die immer trüber werdenden Schwaden hallen. »Dieser nach Fisch stinkende Fettsack mit seinen Geschichten hat uns gerade noch gefehlt! Und dazu auch noch dieser verfluchte Nebel!«
»Reg dich ab, Fugar«, erklang eine andere Stimme, der ein kurzes Aufglühen im Nebel folgte.
Dick , folgerte Bork, als er den Schuster an seiner allgegenwärtigen Pfeife erkannte.
»Der Nebel tut dir nichts. Und das andere Dorf war vier Tagesmärsche entfernt. Außerdem hat der Kaufmann gesagt, dass die Kerle schutzlose Dörfer angreifen. Und wir sind vieles, aber sicher nicht schutzlos.«
Bork hörte, wie Dick mit der Pfeife auf die Palisade klopfte. Fugar brummte etwas Unverständliches zur Antwort.
»Svergo schon da?«, rief der Schmied nach einer Weile zu Bork hinüber. Seine Stimme hallte seltsam nach.
»Er treibt sich bestimmt wieder bei deiner Tochter rum, Dick«, stichelte Norbam.
»Oder bei deiner Frau«, versetzte Fugar und kam damit Dicks Antwort zuvor. »Heute ist kein Tag für schlechte Scherze, Norbam«, schloss der Schmied ernst.
Zustimmendes Gemurmel ertönte von allen Seiten.
Auch Bork nickte.
»Ekelhafte Suppe«, grummelte der junge Jäger leise und spähte in Richtung Waldrand.
Eine flüchtige Bewegung zwischen den Bäumen erregte seine Aufmerksamkeit. Sofort richtete er sich auf und kniff die Augen zusammen. Wieder nahm er eine Bewegung wahr. Ehe er jedoch Genaueres erkennen konnte, trieb eine Nebelbank in sein Sichtfeld und schnitt ihn förmlich von der Außenwelt ab. Jetzt sah er so gut wie gar nichts mehr – nicht einmal mehr die restlichen Abschnitte der Palisade, geschweige denn den Waldrand. Einzig und allein Dicks Pfeife glomm irgendwo schwach im trüben Grau zu seiner Linken. Die Aussichtsplattform über dem Tor

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