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Der Preis des Schweigens

Der Preis des Schweigens

Titel: Der Preis des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beverley Jones
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strampelnd um Hilfe rief. Tatenlos sah ich zu, wie sein Kopf immer tiefer abtauchte und schließlich unter der Wasseroberfläche verschwand. Ich lächelte.
    Manchmal stellte ich mir auch vor, dass Jack ein altmodischer Wasserkessel war, der zu pfeifen anfing, wenn man ihn zum Kochen brachte. Weil ich wusste, dass es gleich wieder so weit war, beschloss ich, noch ein wenig Hitze hinzuzufügen. »Es tut mir wirklich leid, Jack, aber ich kann nun einmal nur das bestätigen, was mir an gesicherten Informationen vorliegt. Versuchen Sie es doch einfach später noch mal, vielleicht nach der Mittagspause.«
    »Und was ist mit meiner Deadline?«
    »Tja, tut mir leid.«
    Jetzt hörte ich deutlich das Pfeifen, das ankündigte, dass er gleich Dampf ablassen würde.
    »Wozu seid ihr verdammten Pressereferenten überhaupt da?«, zischte Jack. »Was genau ist eigentlich eure Aufgabe?«
    Ich bin die gute Fee, die Wünsche gewährt , dachte ich wieder. Die Wünsche von euch schmierigen, sensationsgierigen Schreiberlingen. Es brachte nichts, Jack diesen Umstand zu erklären, und es war auch nicht mehr nötig. Er hatte bereits aufgelegt. Mit einem gelassenen Lächeln legte ich das Telefon beiseite.
    »War das Jack NewsBeatWales?«, fragte mein Chef, offiziell Leiter der Pressestelle und inoffiziell »Alptraum-Nigel«. Das mit dem Alptraum war ironisch gemeint, ein Running Gag unter uns Pressereferenten. Nigel war der vermutlich netteste Vorgesetzte auf der ganzen Welt.
    »Wer sonst?«, antwortete ich mit gespielter Resignation.
    »Hat er wieder einmal einfach so aufgelegt? Wenn ich diesem arroganten kleinen Mistkerl je in einem Pub über den Weg laufe, knöpfe ich ihn mir so richtig vor. Er ist dir doch hoffentlich nicht verbal zu nahe getreten, oder?«
    Verbal zu nahe getreten – der gute alte Nige! »Nicht doch. Er hat nur das übliche allgemeine Geschimpfe über uns nutzlose Pressereferenten vom Stapel gelassen.«
    »Der hat Nerven! Glaubt er, wir wären nur dazu da, ihn und sein billiges Boulevardblatt mit blutrünstigen Details zu versorgen? Wenn er noch einmal einfach auflegt, wenn er mit dir redet, hole ich eine Polizeisirene und halte sie ans Telefon, bis ihm das Trommelfell platzt.«
    Er strahlte über seinen Einfall und schob die trendige quadratische Brille auf seiner schmalen Nase nach oben. Heute trug er eine rosa und lila changierende Krawatte à la Tom Ford und einen eleganten grauen Anzug. Nige war sechs Jahre älter als ich und der bestangezogene Mitarbeiter der gesamten Etage, vielleicht sogar des ganzen Gebäudes. Er experimentierte gerne mit gewagten Ensembles, die er in Männermagazinen gesehen hatte. Jetzt zupfte er sorgfältig seine Krawatte zurecht und sagte: »Keine Ahnung, wie du so ruhig und höflich bleiben kannst. Du bist einfach zu nett, Jen. Beim nächsten Mal sagst du ihm, dass er sich seine Anfrage in den Hintern schieben kann.«
    »Ich bin nicht nett, nur professionell.«
    »Das bist du, keine Frage. Aber du bist viel zu freundlich zu diesen Menschen. Wenn er das nächste Mal anruft, stellst du ihn einfach zu mir durch. Ich werde schon mit ihm fertig.«
    Nein, Nige, wirst du nicht, weil Jack dich erstens in Grund und Boden redet und ich zweitens sehr gut allein klarkomme. »Mach ich.«
    »Sehr gut. Könntest du um elf an der Terrorismus-Sitzung teilnehmen, wenn du bis dahin deine Köder für die Presse ausgeworfen hast?«
    »Muss ich wirklich?«
    »Einer muss hin.«
    »Dabei kommt doch nichts als Blödsinn raus. Als ob jemand tatsächlich den Bahnhof von Pontypridd in die Luft jagen oder Milzbrandsporen an die Mitte-links-Partei in Mumbles verschicken würde!«
    »Ja, aber die Kollegen von der Terrorbekämpfung fühlen sich nun mal sicherer, wenn wir Medienprofis mit im Zimmer sitzen und an ihren Lippen hängen.«
    »Also gut. Aber dann muss Serian die Gasleck-Evakuierung und die Helikopter-Anfrage übernehmen.«
    »Geht klar. Siehst du, du bist schon wieder zu nett! Du hättest mich so lange zappeln lassen können, bis ich den erhängten Mann auch noch an einen anderen Mitarbeiter übertragen hätte.«
    »Das ist übrigens eine sehr hübsche Krawatte, die du da trägst«, bemerkte ich. »Und der Anzug auch. Ist der neu? Die Farbe steht dir.«
    »Das habe ich auch gesagt, aber meine Frau findet die Krawatte ein bisschen …« Er unterbrach sich und hielt sich die Hand vor den Mund, um diskret zu flüstern: »Schwul.«
    »Nein. Fröhlich ja, aber nicht schwul.«
    Ich schnappte mir meinen Notizblock und

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