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Der Preis des Schweigens

Der Preis des Schweigens

Titel: Der Preis des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beverley Jones
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hinüber und sehen Sie nach, ob Detective Superintendent Sellers da ist. Ich weiß, dass sie heute im Haus ist, aber sie geht nicht an ihr Handy, wahrscheinlich weil sie weiß, dass ich es bin. Aber ich hätte sie gerne bei dieser Sitzung dabei. Könnten Sie das für mich tun?«
    »Natürlich«, antwortete ich mit einem fröhlichen Lächeln. Ich war es gewohnt, dass ich als IT-Fachfrau und Mädchen für alles missbraucht wurde. Also ging ich den Flur entlang zum Großraumbüro der Kriminalpolizei.
    Schon als ich mich der Tür näherte, hörte ich eine vertraute Stimme sagen: »DSS hätte gerne, dass der Bericht der AHMV an die ZPE weitergeleitet wird, damit sie die F1 machen können und die SpuSi die ganze Chose an die SAS schicken kann.«
    »Ich hab kein Wort verstanden, Kumpel. Geht das Ganze auch ohne Fachchinesisch?«
    »Detective Superintendent Sellers hätte gerne den Bericht von der Abteilung für Häuslichen Missbrauch und Vermisstenmeldungen, damit die Kripo die Zeugenaussage beifügen und die Spurensicherung das Ganze an die Staatsanwaltschaft weiterleiten kann.«
    »Eine F1 ist aber keine Zeugenaussage, sondern eine ›Durchsuchung verdächtiger Personen‹, du Trottel.«
    »Da hat die Chefin aber was anderes gesagt.«
    »Ganz sicher nicht, du Superhirn.«
    »Dann ruf sie doch an und frag sie, was sie gemeint hat.«
    »Ich kann schlecht bei der Chefin anrufen und sagen: ›Tut mir leid, aber könnten Sie mir noch mal sagen, was Sie haben wollen? Mein Kollege war leider zu blöd, um es sich zu merken.‹«
    »He!« Der empörte Aufschrei wurde von einem Antistressball begleitet, der quer durchs Zimmer flog und krachend in der Klimaanlage landete.
    »Darf ich euch kurz stören, Jungs? Oder ist euer kleiner Schlagabtausch streng vertraulich?«, erkundigte ich mich lächelnd.
    Bodie und Doyle grinsten breit und winkten mich ins Zimmer.
    »Die entzückende Jen! Wir haben dich schon vermisst!«, rief Bodie donnernd.
    Detective Constable Bodie hieß eigentlich Marc Ryan – in der vornehmen Schreibweise mit c wie Marcus Aurelius und nicht in der alltäglichen Variante mit k, wie er immer wieder betonte, wenn ich seinen Namen in einer Pressemitteilung nennen wollte. Passenderweise trug Bodie zu seinem Julius-Cäsar-Haarschnitt und seinem muskulösen Körperbau neuerdings Ziegenbart und Koteletten, was seine Ähnlichkeit mit Russell Crowe in Gladiator noch unterstrich, ein beabsichtigter Effekt, da war ich mir sicher. Allerdings war Bodie wesentlich jünger und gesprächiger als sein filmischer Doppelgänger.
    Detective Constable Doyle hieß eigentlich Jim Williams und wurde auch Jimmy oder Jimbo genannt. Er war kleiner und dünner als Bodie, hatte Locken, ein jungenhaftes Gesicht und ein listiges Grinsen. Was Bodie an Muskeln zu bieten hatte, brachte Doyle an Grips und Schnelligkeit mit. Die halbmondförmige Harrison-Ford-Narbe an seinem Kinn hatte er einem Schläger zu verdanken, der den Fehler gemacht hatte, ihn durch das Fenster eines Pubs nach draußen zu befördern. Jimmy hatte dem Kerl daraufhin eine unerwartete Tracht Prügel verpasst und drei Jahre hinter Gittern aufgebrummt. »Flink wie eine Klapperschlange und elegant wie eine Raubkatze«, hatte Jim damals grinsend geprahlt und sich stolz über die Stiche an seinem Kinn gestrichen. Seither hatte sich niemand mehr mit ihm angelegt.
    Bodie und Doyle traten normalerweise im Doppelpack auf und kabbelten sich wie ein altes Ehepaar, vermutlich um ihre tiefe, männliche Liebe zueinander zu überspielen, die natürlich rein platonisch war.
    »Hereinspaziert!«, polterte Bodie in einer Lautstärke, die nicht nur mein Trommelfell, sondern auch die auf dem Fensterbrett gestapelten Aktenordner und Zeitungsausschnitte vibrieren ließ. Er schrie mich nicht aus bösem Willen an, denn dieser Ton war unter Kriminalbeamten durchaus üblich. Sobald ein Polizist vom Police Constable zum Detective Constable aufstieg, schien er jede Kontrolle über seine Lautstärke zu verlieren. Bodie war derzeit sogar stellvertretender Detective Sergeant, während seine direkte Vorgesetzte im Mutterschaftsurlaub war, wodurch seine Stimme in den letzten drei Wochen offenbar noch ein Stückchen lauter geworden war.
    »Ich will euch aber nicht stören, wo ihr doch gerade so wahnsinnig beschäftigt seid.«
    »Für dich haben wir immer Zeit, Schätzchen«, erklärte Doyle grinsend. »Wir haben nur gerade unsere Ablage auf den neuesten Stand gebracht. Setz dich doch«, forderte er mich auf und

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