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Der Preis des Schweigens

Der Preis des Schweigens

Titel: Der Preis des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beverley Jones
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du nicht willst, dass man dir tut, das füg auch keinem andern zu.« Mein Gewissen schwieg hartnäckig. Stattdessen dachte ich in aller Klarheit und Seelenruhe: »Bitte, lieber Gott, mach, dass er tot ist. Er hat es verdient.« Ein rabenschwarzes Gebet, aber dennoch ein Gebet.
    Meine Tagträume wurden von der Stimme des Chiefs unterbrochen, der strikt darauf bestand, eine Beschwerde bei Jacks Herausgeber einzureichen, die eine Entschuldigung verlangte, ein schriftliches Schuldeingeständnis. Ich wusste, dass dadurch alles nur noch schlimmer geworden wäre und er erneut unterstrichen hätte, was für ein Trottel er war.
    »Aber Sie haben es wirklich zu ihm gesagt, oder? Ob nun streng vertraulich oder nicht?«
    »Hmpf«, machte er unverbindlich, was so viel wie Ja hieß.
    »Dann versichere ich Ihnen, dass wir nicht viel tun können. Lassen Sie es darauf beruhen, es ist nicht mehr rückgängig zu machen.« Wenn man 60.000 Pfund im Jahr verdient, heißt das eben noch lange nicht, dass man über gesunden Menschenverstand oder die Fähigkeit verfügt, den Mund zu halten, wenn es darauf ankommt. »Jetzt können wir nur noch die Fehler ausbügeln und eine neue Pressemitteilung veröffentlichen, in der wir darlegen, wie der derzeitige Stand ist und dass es sich keineswegs um eine Mordermittlung handelt.«
    Hoffen wir, dass es auch nicht zu einer solchen kommt , dachte ich insgeheim. Wie ich vor ein paar Tagen zu Dan gesagt hatte, starben ständig irgendwo Menschen, wurden Leichen gefunden, begannen Ermittlungen. Meistens handelte es sich um Zufälle, zur falschen Zeit am falschen Ort. Wie bei der alten Dame, die Dan und seine Männer zu spät gefunden hatten und die von Wildtieren angefressen worden war. Wenn sie solches Pech gehabt hatte, dann verdiente Justin es erst recht, zumal wenn man bedachte, was er mir und vermutlich auch anderen angetan hatte, vor allem Suzy Milland. Die Zeit würde zeigen, ob es seine Leiche war, die man im Wohnwagen gefunden hatte.
    Die nächsten acht Stunden vergingen wie im Flug, denn sobald die südwalisischen Medien Wind von Jacks Schlagzeile bekommen hatten, klingelten unablässig die Telefone, und in der Pressestelle brach fieberhafte Geschäftigkeit aus. Nur mit Mühe gelang es uns, das Chaos unter Kontrolle zu halten. Nigel sah aus, als stünde er kurz vor einem Nervenzusammenbruch, und der Chief war überall im Weg, rutschte unruhig auf einem Stuhl herum oder ging nervös auf und ab, während wir die Presseanfragen entgegennahmen. Die dicke Paula drückte sich mehrmals vor unserer Bürotür herum, vermutlich weil ihr noch etwas eingefallen war, was sie mir unter die Nase reiben konnte, aber da der Chief in der Pressestelle sein Lager aufgeschlagen hatte, traute sie sich nicht herein.
    Um elf Uhr vormittags sprang ich ins Auto und verbrachte den Rest des Tages in Swansea, wo wir noch einmal den Interviewmarathon vom Vortag wiederholten.
    Die einzig gute Nachricht war, dass sich trotz der flächendeckenden Berichterstattung keine neuen Zeugen gemeldet hatten, die etwas über die geheimnisvolle Frau mit der Baseballkappe wussten.
    Am schlimmsten war das Warten, bis die Spurensicherung mit ihren Pinzetten, ihrem weißen Pulver und ihren Bürsten endlich ihre langsame, penible Arbeit verrichtet hatte. Es würde mindestens vierundzwanzig Stunden dauern, bis sie den gesamten Tatort durchkämmt hatte und die Forensiker erste Erkenntnisse über die Knochenfunde liefern konnten. So quälend die Warterei auch war, ihr Ende war wenigstens absehbar. Ich kam mir vor wie eine zum Tode Verurteilte, die auf ihre Begnadigung durch den Gouverneur wartete, während die Gefängnismitarbeiter nebenan schon den elektrischen Stuhl vorbereiteten.
    Es war acht Uhr abends, als ich endlich nach Hause aufbrechen konnte. Der Schneeregen war in dicke Flocken übergegangen und der Himmel von dichten Wolken verhangen. Ein trügerischer orangener Glanz über den Dächern verriet, dass ein Sturm im Anmarsch war und der Schneefall vermutlich noch stärker werden würde. Prompt kam der Verkehr auf den meisten Straßen von Südwales zum Erliegen, und ich kroch die M4 entlang und brauchte über eine Stunde für eine Strecke, die normalerweise zwanzig Minuten gedauert hätte.
    Als ich mich endlich mit hängenden Schultern und bleiernen Beinen den dunklen Gartenweg entlang zu unserem Haus schleppte, sehnte ich mich nur noch danach, die Tür hinter mir zu schließen und die feindselige Welt draußen zu lassen.
    Offenbar achtete

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