Der Preis des Schweigens
ich übernehmen. Regel Nummer eins ist natürlich: Konsumiere nie die Drogen, die du verkaufst. Außerdem hat dieser Blödmann den Wohnwagen für seine kleinen Internetauftritte genutzt. Regel Nummer zwei: Man scheißt nicht, wo man isst, nicht wahr? Sein Sperma war bestimmt im ganzen Wagen verteilt, und wer weiß was noch alles für Körperflüssigkeiten. Dass er ab und zu im Wohnwagen übernachtete, wusste ich, aber nicht, dass er dort Geschäfte macht. Aber mir hätte klar sein müssen, dass er sich nicht an die Regeln hält.«
»Geschäfte? Was für Geschäfte?«, fragte ich, auch wenn ich längst wusste, was er meinte.
»Jetzt stell dich nicht dumm, Jen. Du hast doch selbst mitgewirkt. Außerdem hast du ja anscheinend die gebrannten CDs mit seinen Videos im Wohnwagen gefunden.«
Ich hatte überhaupt keine CDs gefunden, aber es war vielleicht von Vorteil, wenn Justin glaubte, dass ich Beweise gegen ihn in der Hand hatte.
»Ja, ganz nette Filmchen«, antwortete ich. »›Surfschlampen‹, nicht wahr? Das hat natürlich wahnsinnig viel Stil, Justin. Ich hätte wirklich mehr von dir erwartet.«
»Und dein Verlobter von dir sicher auch, oder?«, sinnierte er mit einem halben Lächeln. »›Surfschlampen‹ war Pootles Spielwiese. Ich habe meine eigenen Lieblingsseiten.« Er seufzte, und es klang beinahe reuevoll. »Es war ein Fehler, mich mit dir einzulassen. Eigentlich war das Watch-House viel zu nah an zu Hause. Aber mit der Zeit wird man unvorsichtig. Und träge. Einer von Pootles Versagerfreunden hat mir den Schlüssel für das Ferienhaus besorgt. Mir fehlte noch ein letzter Tausender, und ich dachte, es wäre leicht verdientes Geld. Ein letztes Aufbäumen, bevor ich dieses Land verlasse, um endlich ein bisschen Spaß zu haben. Und jetzt hast du mir meinen schönen sauberen Abgang versaut. Ich musste die Beweise für Pootles Heldentaten loswerden, man weiß schließlich nie. Du hättest ja auch mit der Polizei zurückkommen können.«
»Aber warum musste Gwens Wohnwagen ebenfalls dran glauben?« Ich kannte die Antwort bereits.
»Na ja, wenn ich nur den Wohnwagen von meinem Alten abgefackelt hätte, wäre das zu auffällig gewesen. Jeder weiß, dass Gwen und Len den Verkauf des Geländes aufhalten, also erschien es mir mehr als wahrscheinlich, dass die beiden irgendwo Feinde haben. Sah einfach besser aus, alle drei Wohnwagen abzubrennen. Unverdächtiger.«
»Und was ist mit den Knochen? Den menschlichen Überresten?«
»Pootle war nur noch ein Klotz am Bein«, sagte er mit Nachdruck.
Mir schnürte sich die Kehle zusammen. »Du meinst doch nicht etwa … Du kannst doch nicht …« Mein Entsetzen war mir offenbar deutlich anzusehen, denn er lachte auf.
»Nicht doch. Keine Sorge, Jen. Die Sache mit den Knochen ist zwar ein wenig bizarr, aber von Pootle stammen sie nicht, das kann ich dir versichern. Ich muss zugeben, dass ich ziemlich sauer auf ihn war, aber in Brand stecken würde ich ihn deshalb nicht. Ich bin doch kein Monster, Jennifer.«
»Apropos Pootle …« Die Worte blieben mir im Hals stecken. Ich musste Justin dringend etwas fragen, auch wenn ich Angst vor der Antwort hatte. Mit der Frage würde ich ihm meine Schwäche zeigen und ihm noch mehr Macht über mich geben. Aber ich musste es einfach wissen.
»Justin, in dieser Nacht im Ferienhaus … Da lagen zwei Kondome neben dem Bett. War das, weil … War da noch jemand anwesend?«
Er musterte mich, und in seinem Blick lag beinahe so etwas wie Bewunderung. »Das nenne ich eine gute Frage. Du hast einen Blick für Details, Jen, aber vielleicht musst du dich bis zum nächsten kleinen Actionfilmchen gedulden, um herauszufinden, wer die beteiligten Akteure sind?«
»Du meinst also, du und Pootle? Das ist doch nicht … Wie hast du …?«
»Du kannst dich nicht einmal mehr daran erinnern, oder? Die halbe Einheit deines Verlobten hätte dich bespringen können, und du hättest nichts davon mitgekriegt. Ist das nicht ein weiterer guter Grund, sich für die nächste Zahlung bereitzumachen, Nancy Drew? Dieses Mal erhöht sich der Betrag allerdings – wegen der Unannehmlichkeiten.«
»Justin, ich kann nicht. Ich werde dir kein Geld mehr zahlen. So reich bin ich auch wieder nicht, verdammt noch mal! Du hast genug Schaden angerichtet. Wie lange soll das noch so weitergehen?«
»Das hängt entscheidend davon ab, ob du mich davon überzeugen kannst, dass du ab jetzt ein braves kleines Mädchen bist. Dein fescher Polizistenfreund soll doch sicher
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