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Der Preis des Schweigens

Der Preis des Schweigens

Titel: Der Preis des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beverley Jones
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beschwerte sie sich und leerte ihren Sambuca in einem Zug. »Also, soll ich jetzt versuchen, mit Wilkins zu flirten, oder nicht? Er hat definitiv keine feste Freundin, oder?«
    »Zumindest behauptet Bodie das, und der ist das Liebesorakel des Bezirks«, antwortete ich.
    »Orakel?«, fragte sie verwirrt. »Wie diese Dinger, die sie in Carmarthen bauen?«
    »Nein, die heißen Korakel, Serian. Das sind kleine Boote für Binnengewässer. Ach, egal. Ich meinte jedenfalls, dass Bodie über sämtliche Liebschaften Bescheid weiß.«
    »Was, wenn er nicht kommt?«
    »Das hier ist die Weihnachtsfeier seines Bezirks. Natürlich wird er kommen.«
    Während Serian sich zu einem Mädchen aus der Buchhaltung umdrehte und mit ihr weiter über Männer plauderte, saß ich an der Bar und versuchte krampfhaft, nicht die Aufmerksamkeit des perversen Oliver zu erregen, der in der Nähe herumlungerte. Wenn man als weibliches Mitglied der nicht-uniformierten Belegschaft ohne freizügiges Outfit und dick umrandete Panda-Augen bei einer Weihnachtsfeier aufkreuzt, macht man den Leuten irgendwie Angst, weil sie einen nicht einordnen können. Man gehört weder zu den Uniformierten, die die Drecksarbeit machen, noch zu den hohen Tieren, die glauben, sie wären unverzichtbar (bis sie betrunken sind und einem einreden wollen, dass sie eigentlich ganz normale Typen von nebenan sind, vor allem die Älteren).
    Wenn der für organisiertes Verbrechen zuständige Superintendent beschwipst auf einen zutorkelt, in Stonewashed Jeans und mit einem Ohrstecker, der »Ich bin heute nicht im Dienst« schreit, kommt man sich ein bisschen so vor, als würde man in der Schuldisco von seinem Mathelehrer bedrängt, der mit »cooler« Jeansjacke zur »Aktuellen Hitparade« tanzt, um zu zeigen, wie glänzend er sich mit der Jugend versteht.
    Glücklicherweise eilte mir Dan zu Hilfe. »Darf ich mir meine Freundin kurz ausborgen?«, fragte er genau in dem Moment, als Oliver neben meiner rechten Schulter angekommen war und den Mund aufmachte, um mich anzusprechen. Dan drückte mir ein Glas Wein in die Hand, und ich schob meinen Sambuca ein Stück die Theke hinunter. Irgendjemand würde sich schon darüber freuen. Zum Glück ließ sich Oliver bereitwillig von Serian ablenken, die auf die Tanzfläche trippelte und mit Begeisterung zu Beyoncés »Single Ladies« die Hüften schwang. Das vorne geschlitzte Leopardentop meisterte die Herausforderung nur ungenügend.
    »Hör mal, Schatz, ich habe gerade mit Phil gesprochen, und er hat mir angeboten, für ihn die Leitung bei den Notfallübungen zu übernehmen, die im Laufe der nächsten Monate geplant sind«, erklärte Dan, während er mich in ein stilles Eckchen führte, in dem wir uns besser unterhalten konnten. Ich wusste, dass diese Notfallübungen, die dem Schutz der öffentlichen Sicherheit dienten und an denen auch die berittene Polizei und Sondereinsatztruppen teilnahmen, mehrmals im Jahr stattfanden. Als Nächstes sollte eine Grippe-Pandemie nachgestellt werden, und der Pressestelle fiel die Aufgabe zu, die »Bevölkerung zu beruhigen«, besorgniserregende Anzeichen für Absperrgitter und andere Maßnahmen zur »Regulierung von Menschenmassen« schönzureden und auf keinen Fall preiszugeben, welche Freizeitstätten und Bürogebäude zu improvisierten Leichenhallen umfunktioniert worden waren.
    »Das ist eine tolle Chance für mich«, fuhr Dan eifrig fort. »Praktische Einsatzerfahrungen machen sich immer gut im Lebenslauf, und ich könnte ein bisschen Extrageld für unsere Hochzeit verdienen.«
    »Und wann soll das Ganze stattfinden?«
    »Das Vorbereitungswochenende ist für den fünfzehnten, sechzehnten Januar geplant, und am einundzwanzigsten Januar und am dritten März wird dann die Grippe-Pandemie nachgestellt.«
    »Aber Dan! Am fünfzehnten Januar ist das Treffen mit der Hochzeitsplanerin, und am einundzwanzigsten wollten wir die Vorbesprechung mit dem Fotografen machen.«
    »Echt? War das schon fest vereinbart? Das habe ich gar nicht mitgekriegt, tut mir leid.«
    »Ich habe dich bestimmt hundert Mal gebeten, dir die Termine in den Kalender zu schreiben!« Wenn etwas nicht in meinem und seinem Terminkalender stand, kam es auch nicht zustande, das wusste ich aus Erfahrung. Bisher fand die Hochzeitsplanung offenbar nur in meinem Kalender statt.
    Dan besaß immerhin den Anstand, ein zerknirschtes Gesicht zu machen. »Wir können die Termine doch sicher verlegen, oder? Die Übungen sind leider nicht verschiebbar, die

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