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Der Preis des Verrats (German Edition)

Der Preis des Verrats (German Edition)

Titel: Der Preis des Verrats (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leslie Tentler
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herumschwebte. Sie klammerte sich an Reids Arm, sog seine Kraft in sich auf. Hin und wieder dachte sie, er wäre das Einzige, das sie aufrecht hielt.
    Kunstvolle Grabstätten und Grabsteine standen verstreut auf dem Hang des Saint John Cemetery, einige davon waren mehr als zweihundert Jahre alt. Steinerne Engel, Putten und Madonnen mischten sich mit weiß gekalkten gotischen Kreuzen. Die frisch ausgehobene Grube, wo Bliss zur Ruhe gebettet werden würde, wirkte wie ein scharfer Widerspruch zu der antiken Schönheit der Gräber ringsumher.
    „Erde zu Erde, Asche zu Asche, Staub zu Staub“, stimmte der Pfarrer an. „In der festen und sicheren Hoffnung auf die Auferstehung und das ewige Leben …“
    Caitlyn zerriss es das Herz, als ein Schluchzer aus der ersten Reihe drang, wo Bliss’ Familie auf Klappstühlen saß. Eine Plane des Beerdigungsinstituts schützte sie vor dem Regen. Bliss’ Mutter, Meredith, weinte und hielt den Kopf gesenkt. Richter Harper saß neben ihr und hatte seinen Arm um ihre Schultern gelegt.
    Jetzt gab der Pfarrer das Zeichen, und der Sarg wurde langsam in die Erde gesenkt. Dann stand ein Familienmitglied nach dem anderen auf und warf eine symbolische Handvoll Erde auf den Sarg, während eine Frau das Vaterunser sang, ohne Begleitung und in einem hochfliegenden Sopran. Als Felicity, die jüngste der Harper-Geschwister, sich wieder auf ihren Platz setzte, begegnete sie Caitlyns Blick über die Menge hinweg. Eine Mischung aus Trauer und Hass spiegelte sich auf ihrem Gesicht. Caitlyn spürte, wie neue Tränen in ihr aufzusteigen drohten. Aber dann fühlte sie Reids Hand auf ihrem Rücken. Am liebsten hätte sie ihr Gesicht gegen das Revers seines dunklen Trenchcoats gedrückt, es gepackt, um sich an ihm festzuhalten. Aber stattdessen straffte sie ihre Schultern und schaute geradeaus.
    Allmählich begann sich die Trauergemeinde zu zerstreuen. Reid hielt den Regenschirm weiter über ihre Köpfe und führte Caitlyn in Richtung seines Geländewagens. Das Fahrzeug stand unter der leuchtend orangen Krone einer Eiche an der Straße, die in den Friedhof hineinführte. Der Regen hatte zugenommen, der spätnachmittägliche Nebel wurde zunehmend dichter, und die Trauergäste begannen wie eine anschwellende Flut zu ihren Autos zu strömen. Caitlyn schaute umher, sah, wie die Agenten Tierney und Morehouse die Leute musterten. Reid hatte ihr erzählt, dass das FBI während des Gottesdienstes anwesend sein würde, denn oft sei der Täter bei einem solchen Anlass zugegen, um das Leiden der Hinterbliebenen mitzuerleben, die mit den Folgen seines Verbrechens zurechtkommen mussten. Für den Täter war es nur eine weitere Art und Weise, sich am Schmerz anderer Menschen zu weiden.
    Sie spürte, wie ein Schaudern in ihr aufstieg, das mit der Kälte nichts zu tun hatte.
    Als sie sich dem Fahrzeug näherten, hörte Caitlyn eine Männerstimme ihren Namen rufen. Richter William Harper kam auf sie zu. Er war ein stattlicher Mann, hochgewachsen, hatte silbernes Haar und Schultern so breit wie die eines Football-Linebackers. Sein schwarzer Anzug war regenüberströmt.
    „Richter Harper …“
    „Wie kannst du es wagen, hierherzukommen“, spie er aus. Caitlyn hatte das Gefühl, als ob sich die Erde unter ihr auftat. „Bliss war meine Freundin. I…Ich wollte einfach …“
    „Du bist daran schuld, dass sie getötet wurde!“ Richter Harper stieß einen Finger unter ihre Nase, seine wilden, gramerfüllten Augen verengten sich unter den buschigen Augenbrauen. „Es sollte dich treffen! Die Zeitungen sagen, der Killer habe nach dir in diesem Haus gesucht.“
    „Das reicht. Gehen Sie weiter“, warnte Reid ihn. Seine Stimme klang leise und beherrscht. Fast unmerklich wies er auf die Marke des Justizministeriums an seinem Gürtel.
    Der Richter blickte ihn abfällig an. „Glauben Sie, dass mich das irgendwie kümmert, Jungchen? Wissen Sie, wer ich bin?“
    „Sie trauern, Richter Harper. Ich bedauere Ihren Verlust. Aber das Letzte, was Sie wollen, ist hier eine Szene machen.“
    Harper blitzte Reid an, dann schoss sein Blick zurück zu Caitlyn. Der Richter würgte die Worte förmlich hervor. „Ich habe meiner Bliss gesagt, sie soll den Auftrag nicht annehmen – über diesem Ort, deiner Familie liegt ein Fluch. Dich hätte es treffen sollen, Caitlyn. Ich hoffe, du lebst mit diesem Wissen jeden Tag.“
    Als er sich auf dem Absatz umdrehte und zurück zu seiner Familie schritt, stand Caitlyn wie erstarrt da. Ihre Lunge

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