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Der Priester

Der Priester

Titel: Der Priester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerard O'Donovan
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mitzuschreiben, damit es als Zeugenaussage verwendet werden kann.«
    »Ah, gut. Bitte, dann lassen Sie uns hineingehen.«
    Mulcahy warf Martinez einen fragenden Blick zu. Er hatte nur zugestimmt, dass ein Psychiater beim Gespräch anwesend war und ein Stenograf natürlich auch. Aber was wollten die anderen hier? Martinez zuckte die Achseln, wusste auch nicht, wie er damit umgehen sollte, und überließ es so Mulcahy, die Leute an der Tür aufzuhalten. Dabei kam ihm die Psychiaterin zu Hilfe und erläuterte Don Alfonso behutsam, dass seine Anwesenheit seine Tochter zwar zweifelsohne beruhigen würde, sie aber gleichzeitig auch hemmen könnte, und der Anwalt ohnehin hinterher eine Abschrift der Stenografin lesen könnte. Weder Salazar noch Ordonez schienen glücklich darüber zu sein, doch Mulcahy und Dr. Mendizabal blieben hartnäckig. Mulcahy lächelte ihr dankbar zu, als sie durch die Tür in den Nebenraum gingen.
    Der Samstag war nicht ruhiger geworden, so dass Siobhan keine Zeit gefunden hatte, den Hinweisen nachzugehen, die sie von Doherty bekommen hatte. Seit dem Ende der Konferenz war Griffin ihr mit seiner schlechten Laune auf die Nerven gegangen und hatte leise über die einzelgängerischen Entscheidungen des Herausgebers geflucht. Heffernan hatte eine totale Kehrtwende vollzogen und darauf bestanden, dass die Emmet-Byrne-Story nicht mehr gut genug für die Titelseite war.
    »Der dämliche Wichser ist noch sauer auf Lonergan und den Generalstaatsanwalt«, murrte Griffin. »Der gönnt ihm den Erfolg nicht, obwohl die es wirklich verdient haben.«
    Eine halbe Stunde später geriet eine Story in den Fokus, auf die Griffin schon die ganze Woche ein Auge gehabt hatte. Ein Rentner aus Cork, der schon vor ein paar Tagen als vermisst gemeldet worden war, wurde in einem Gebüsch nur dreihundert Meter von seinem Pflegeheim tot aufgefunden. Griffin witterte einen Knüller. Also hatte Siobhan stundenlang in der Nachrichtenredaktion festgesessen und an der Story gearbeitet, die in Häppchen von freien Mitarbeitern, Agenturen und all jenen hereinkam, denen sie am Telefon etwas über den erschreckenden Zustand von Irlands Altenheimen entlocken konnte. Zumindest würde ihr Name unter dem Artikel stehen.
    Sie hatte fast alles erledigt und machte eine kurze Pause, als sie beim Überfliegen der AP -Meldungen auf ihrem Monitor etwas entdeckte, das sie veranlasste, in den lauwarmen Kaffee zu husten, an dem sie gerade nippte.
    »Herrgott, Paddy, komm mal eben her. Hast du das gesehen?«
    Griffin, der gerade am Telefon einen seiner Nachwuchsreporter zur Schnecke gemacht hatte, weil es ihm nicht gelungen war, Informationen über ein rattenverseuchtes Altenheim in Tubbercurry zu bekommen, knallte den Hörer auf die Gabel und kam mit von Stress gezeichnetem Gesicht zu ihr herüber.
    »Was gibt’s?«
    »Guck dir das an.« Sie deutete auf die Agenturmeldung, die sie auf dem Bildschirm geöffnet hatte.
    15.35 Dublin: Gardaí weigern sich, einen Kommentar zu unbestätigten Berichten abzugeben, nach denen eine junge Frau gestern Nacht vor einem Club im Stadtzentrum entführt wurde. Sie erklärten nur, sie würden »sämtliche Aspekte des Vorfalls untersuchen«.
    »Was ist damit?«, fragte Griffin.
    Sie sah, wie sich seine Augenbrauen zusammenzogen, als wüsste er genau, worauf sie hinauswollte, hätte aber keine Lust mitzuspielen.
    »Ach, komm schon, Paddy. Was ist, wenn es wirklich nicht Byrne war?«
    »Und was ist, wenn irgendein Arschloch bei Associated Press eine totale Nullmeldung zu einem Riesenskandal aufblasen will?«, konterte er. »Du weißt genauso gut wie ich, was ›vor einem Club im Stadtzentrum‹ bedeutet. Irgendein Wichtigtuer, die Nase voller Koks und zu blöd, die Zeitung zu lesen, sieht, wie jemand seine Freundin etwas hart rannimmt, und ruft die Polizei. Und du weißt selbst, dass ›unbestätigte Berichte‹ sofort in der Ablage unter Dummes Zeug landen.«
    »Und was ist, wenn doch was dran ist? Vielleicht steckt da draußen ein Mädchen in Schwierigkeiten.«
    Griffin starrte sie an und schüttelte ganz langsam den Kopf. »Wenn ich danebenliege, wirst du mich kreuzigen, oder?«
    »Das nächste Jahr lang auf jeden Fall, ohne jede Gnade.« Sie lächelte, dann stieß sie zu. »Außerdem werde ich es allen anderen erzählen. Es wäre das traurige Ende einer großen Karriere.«
    »Du mich auch«, grunzte er, dann sah er zu Heffernans Tür. »Aber er mich erst recht. Also los, setz dich ans Telefon und guck mal, was du

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