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Der Priester

Der Priester

Titel: Der Priester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerard O'Donovan
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brauchen.«
    »Komm schon, Siobhan. Der Artikel muss jetzt raus.«
    Siobhan blickte von ihrem Monitor auf und sah, dass die Uhr 17.45 anzeigte, die Deadline für die erste Ausgabe. Sie stieß ein paar Flüche aus und klickte auf den Senden-Button.
    »Gut, da hast du das Mistding«, rief sie Griffin zu. »Ist sowieso ein Haufen Dreck.«
    Es war ihr nicht gelungen, die Sache auf den Punkt zu bringen. Sie hatte ihren Groll nur in einem etwas albernen, kleinen Kommentar über das unverantwortliche Handeln der Gardaí verarbeiten können, die die Berichte über die Entführung einer jungen Frau ignorierten und sich beharrlich weigerten, eine Verbindung zum Priester zu erkennen. Und schon den hatte sie nur mit viel Glück in die Zeitung bekommen. Sie war so sicher richtigzuliegen, dass sie davon richtige Bauchschmerzen bekam. Aber sie hatte noch nicht einmal konkrete Beweise dafür, dass wirklich eine Entführung stattgefunden hatte, abgesehen von einem Augenzeugen, den sie ausfindig gemacht und befragt hatte. Dadurch hatte sich allerdings ihre Überzeugung gefestigt, dass er die Wahrheit sagte, weil er ihr erzählt hatte, dass er einer der seltensten Spezies Dublins angehöre – den Abstinenzlern. Während sie die Sätze in den Computer hackte, musste sie die ganze Zeit daran denken, dass sich noch ein Mädchen in Gefahr befand und sie nichts dagegen tun konnte. Sie fühlte sich auf eine Art mies, wie sie es noch nie erlebt hatte. Es ging um viel mehr als nur eine Story, es ging um ein Menschenleben, und – sie sah sich in der geschäftigen Nachrichtenredaktion um – niemand schien sich dafür zu interessieren.
    Offenbar nicht einmal Mulcahy. Da hatte sie ja einen tollen Verbündeten. Er hatte nicht zurückgerufen. Tja, wer brauchte den schon? Sie hatte die Ochsentour gemacht, war Nachrufe, Todesanzeigen und das Wahlregister durchgegangen. Sie hatte sich jede freie Minute darin vertieft, wenn Griffin ihr nicht auf die Finger geguckt hatte. Und jetzt hatte sie, was sie brauchte, und sie wollte verdammt sein, wenn sie ihr Wissen nicht nutzte. Aber wie sollte sie vorgehen?
    Wieder ließ sie den Blick durch die Nachrichtenredaktion schweifen, und da, als hätte er sich gerade aus dem Nichts materialisiert, kam Franny Stoppard in die Nachrichtenredaktion geschlendert, ihr alter Kumpel und absoluter Lieblingsfotograf – mit diesen Worten würde sie jetzt jedenfalls auf ihn zugehen. Ein Bär von einem Mann, der wusste, wie man sich in schwierigen Situationen verhielt, nachdem er sich jahrelang Paparazzi hassende Prominente vom Hals halten musste. In seiner Nähe war sie sicher, und sie brauchte ihm nicht einmal zu erzählen, was sie suchte. Sie schnappte sich ihre Tasche, sagte nur kurz Griffin Bescheid, dass sie fertig und in einer Stunde für die Druckfreigabe zurück wäre, lief zu Stoppard hinüber und packte ihn am Ellbogen.
    »Oh, Gott sei Dank, dass du da bist, mein Lieber. Ich muss noch was erledigen, und du bist der Einzige, der mir dabei helfen kann.« Trotz seines offensichtlichen Mangels an Begeisterung lächelte sie ihm strahlend zu. »Komm, vielleicht kriegen wir für die Spätausgabe noch den Knüller des Jahres hin.«
    An einem Werktag hätten sie es nie geschafft. Aber heute waren die Straßen halbwegs frei, und Sirene und Blaulicht bahnten ihnen einen Weg durch den Verkehr, als Martinez wie eine Rakete aus Madrid schoss. Mulcahy verbrachte einen Teil der Fahrt damit, sich bei der Garda Transport Division in Dublin Castle über das Sirenengeheul hinweg telefonisch verständlich zu machen. Sie bestätigten schließlich, dass Rinn unter seinem Namen zwei Fahrzeuge angemeldet hätte: einen grauen Toyota Corolla, Baujahr 2003, und einen weißen Volkswagen Transporter, Baujahr 2005. Den Rest der Zeit verbrachte Mulcahy damit, sich heftig dafür zu schelten, dass er das nicht schon längst überprüft hatte.
    Als sie von der Autobahn in Richtung Flugplatz abfuhren, sah Martinez auf die Uhr und fluchte. »Nur noch fünfzehn Minuten bis zum Abflug.«
    Er nahm sein Handy vom Armaturenbrett und ließ sich zum Sicherheitsdienst des Flughafens durchstellen, befahl dann demjenigen, den er am Telefon hatte, einen Wagen an das Diplomaten-Gate zu platzieren und den Tower aufzufordern, die Maschine festzuhalten, bis sie einen VIP -Passagier an Bord genommen hätten. Ein paar Minuten später bog Martinez auf einen Zubringer ein, der zu einem Tor im Maschendrahtzaun führte. Dahinter wartete ein Wagen mit gelben Blinklichtern,

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