Der Priester
ist es her, dass Sie in Templemore waren?«, fragte Brogan. Sie meinte die Polizeiakademie in Tipperary, auf die sämtliche Garda-Anwärter im Lauf ihrer dreijährigen Ausbildung immer wieder für Schulungen gingen.
»Im April war es ein Jahr«, entgegnete er, jetzt noch nervöser, wodurch sein breiter Kerry-Akzent noch deutlicher herausstach.
Brogans Antwort kam eiskalt. »Tja, in diesem Fall müssten Sie wissen, dass Paragraph 4 des Criminal Law Rape Acts von 1990 eindeutig besagt, dass jede Penetration der Vagina, so gering sie auch ist, durch irgendein Objekt, das von einer anderen Person gehalten oder geführt wird, eine Vergewaltigung darstellt. Irgendein Objekt«, wiederholte sie laut. »Ich denke, darunter fällt auch ein rotglühender Metallgegenstand, oder?« Sie sah alle nacheinander an und fuhr dann fort: »Und das bedeutet, wenn wir den Perversen erwischen, der dafür verantwortlich ist, kriegt er lebenslänglich.«
Als alle anderen den Raum verlassen hatten, kam Brogan auf Mulcahy zu. Sie lächelte nicht und hieß ihn auch sonst nicht willkommen. Andererseits war er auch nicht unbedingt begeistert, dass man ihn ihr aufgedrängt hatte, was sollte er also schon erwarten? Ihre nächsten Worte überraschten ihn dann aber doch.
»Ich möchte mich für Cassidys Verhalten entschuldigen. Vermutlich fand er das komisch.«
»Er ist nicht der Einzige, den es ankotzt, dass ich hier aushelfen soll.«
Brogan verstand ihn falsch und unterbrach ihn, indem sie eine Hand hob. »Sie haben recht, ich bin auch nicht begeistert, aber davon sollten wir uns nicht aufhalten lassen, okay? Ich persönlich finde eine Verbindungsperson eigentlich nicht schlecht. Solange Sie mir Ihre spanischen Freunde vom Hals halten, bin ich glücklich und zufrieden.«
»Sie sind genauso wenig meine spanischen Freunde wie die Ihren«, sträubte Mulcahy sich. »Und wenn Ihrem Sergeant nicht die Sicherung durchgebrannt wäre, hätten wir beide dieses Problem nicht.«
Wieder hob sie die Hände, dieses Mal umspielte ein leichtes Lächeln ihre Lippen.
»Okay, wir sind also beide nicht glücklich mit dieser Situation. In diesem Fall sollten Sie sich an Ihren Auftrag halten, ich werde mich an meinen halten, und wann immer es erforderlich ist, werden wir gemeinsam auftreten.«
»Klingt vernünftig«, sagte Mulcahy.
Sie brach ab, stemmte eine Hand in die Hüfte und begutachtete den Raum mit einem Blick, der besagte, dass sie lieber irgendwo anders wäre. Dann fuhr sie fort: »Na ja, wo Sie aber schon hier sind, dachte ich mir, dann können wir Sie auch einsetzen.«
»Haben Sie etwas Bestimmtes im Sinn?«
»Tja, nach dem, was Sie gestern sagten, habe ich mich gefragt, ob wir bei der Suche nach dem Motiv des Täters nicht auch die Familie des Opfers unter die Lupe nehmen müssen.«
Mulcahy zog eine Augenbraue hoch. »Sie meinen ihren Vater.«
»Ja, als Innenminister hat er doch bestimmt viele Feinde, oder?«
»In Spanien vielleicht.« Mulcahy runzelte die Stirn. »Aber warum sollten die hier zuschlagen? Wieso seine Tochter da mit hineinziehen? Und das ohne einen Hinweis zu hinterlassen, dass es gegen ihn gerichtet ist? Ziemlich unwahrscheinlich, finden Sie nicht?«
»Wer weiß?« Sie zuckte die Achseln. »Im Moment möchte ich eben nichts ausschließen. Ich werde einfach allen Hinweisen nachgehen, bis sich etwas als vielversprechend herauskristallisiert. Vielleicht könnten Sie bei der spanischen Polizei nachfragen, ob die in dieser Richtung irgendwelche Verdachtsmomente haben. Das müsste sich doch sicher als Teil der Verbindungsarbeit tarnen lassen.«
»Selbstverständlich«, sagte Mulcahy. »Wir werden jeden Stein umdrehen.«
Sie wandte sich um und wollte gehen, stoppte dann aber ab und sah ihn noch einmal an.
»Eigentlich hatte ich gehofft, dass Sie noch etwas für mich erledigen könnten. Das ist allerdings ziemlich langweilig.«
»Ja?«
»Tja«, sagte sie dann lächelnd. »Wie ich gestern schon sagte, hat dieser Täter mit allergrößter Wahrscheinlichkeit vielleicht nicht das Gleiche, aber doch etwas Ähnliches schon einmal getan – wenn auch vermutlich nicht so aufsehenerregend wie in diesem Fall. Ich habe einen Mitarbeiter gebeten, eine Rasterfahndung von allen gemeldeten sexuellen Übergriffen im Raum Dublin aus dem letzten Jahr durchzuführen – also alles aufzulisten, was von uns oder auch auf den Revieren vor Ort aufgezeichnet wurde. Sie sind jetzt ja schon eine Weile wieder hier, daher nehme ich an, dass Sie sich mit
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