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Der Priester

Der Priester

Titel: Der Priester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerard O'Donovan
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instinktiv ihre Quelle, selbst wenn es bloß Mark war. Trotzdem fühlte er sich freier, seine Version der Ereignisse zu erzählen.
    »Gracia arbeitete auch bei Europol. Als politische Beraterin. Sie ist Ökonomin.«
    »Aber sie war auch hübsch, ja?«
    »Ja, sehr«, sagte Mulcahy und lächelte über ihre Direktheit. »Unglaublich schön und elegant auf diese dunkle, spanische Art. Ich spielte absolut nicht in ihrer Liga, dachte ich zumindest. Na, um es kurz zu machen, eine Zeitlang lief es fantastisch. Tolle Hochzeit. Wunderbare Flitterwochen. Wir hatten uns eine wunderschöne Wohnung im Herzen Madrids gekauft, gleich hinter dem Prado. Sie war erfolgreich in ihrem Job, ich in meinem. Das Leben war perfekt.«
    »Und was ist dann passiert?«, fragte Siobhan. »Ich darf ja wohl davon ausgehen, dass irgendwas passiert ist.«
    Sie versuchte, es ihm leicht zu machen.
    »Klar. Vor einem Jahr – und das war einzig und allein meine Schuld – hat sie mich aufgefordert auszuziehen.«
    »Weil Sie ungezogen gewesen sind?«
    Mulcahy nickte, was aber gar nicht nötig gewesen wäre. Die Schuld war ihm praktisch ins Gesicht gemeißelt.
    »Und Sie sind immer noch nicht ganz über die Trennung hinweg, oder?«
    Mulcahy war überrascht, eine Spur von Resignation in ihrer Stimme zu hören.
    »Nein, das stimmt so nicht. Wir waren … Unsere Beziehung hatte sich damals schon ziemlich totgelaufen. Wir waren sowieso drauf und dran, uns zu trennen. Das hat das Ganze nur noch beschleunigt. Also, es war natürlich ziemlich hart – und ehrlich gesagt ist es das immer noch –, aber es wäre sowieso passiert.«
    »Dann sind Sie also nach Dublin zurückgekommen, um sich von ihr zu lösen? Doch was war mit Ihrem Job? Wollten Sie den denn nicht behalten? Ich dachte, die Arbeit wäre Ihnen wirklich wichtig gewesen?«
    Er hob nur die Hände. »Da steckt noch einiges mehr dahinter. Ich hab doch gesagt, dass es kompliziert ist.«
    »Das stimmt«, sagte sie und rutschte auf dem Sitz herum. »Ich frage mich, ob ich mir nicht ein Kissen hätte mitbringen sollen. Nach ein paar Stunden werden diese Bänke wahnsinnig unbequem.«
    Mulcahy trank den Rest aus seinem Weinglas und verspürte eine Welle der Erleichterung. Er sah zum Berg hinauf, der sich dunkel neben ihnen erhob, hörte das fröhliche Geplapper aus dem Pub. Er war glücklicher und unbelasteter als sonst irgendwann in den letzten Monaten. Ganz egal, was man über den Katholizismus dachte, eine ordentliche Beichte war einfach unübertrefflich.
    »Also«, sagte er, »was halten Sie davon, dass ich reingehe und uns noch eine Flasche von diesem Stoff besorge und dabei gleich mal nachgucke, was mit unserem Essen ist. Wenn ich zurück bin, kann ich Ihnen dann den Rest der Geschichte erzählen.«
    »In Ordnung, aber denken Sie daran, dass ich noch fahren muss. Sie werden das meiste davon allein trinken müssen.«
    »Dafür haben Sie mich genau am richtigen Abend erwischt«, gab Mulcahy zu und ging in den Pub.
    Brogan schaltete ihren Computer aus, beugte sich vor, legte die Hände über die Ohren und massierte sich mit den Daumen den Nacken. Es war halb zehn, und sie hatte nicht eine, sondern zwei Stunden darauf gewartet, dass Rafferty ihr ein paar erste Ergebnisse aus dem Lieferwagen meldete. Und dann war die Nachricht sehr enttäuschend ausgefallen: Bisher hatten sie keine eindeutige Verbindung zu Scully gefunden. Trotzdem war nicht alles schlecht. Auf dem Boden hatten sie Haare, Fasern und Hautschuppen ausmachen können, die sie jetzt analysierten, und dazu einen alten Bodenbelag, der durch irgendetwas kürzlich stark verschmutzt worden war – um was es sich dabei handelte, würden sie allerdings erst morgen früh erfahren. Mit ihren UV -Lampen hatten sie dann noch ein paar Blutspritzer an einer Seitenwand entdeckt. Brogan wollte sich keinen falschen Hoffnungen hingeben, hatte in diesem Fall aber das Gefühl, dass alles gut ausgehen würde. Trotzdem würden sie frühestens gegen Mittag des folgenden Tages einen Blutgruppenvergleich mit Jesicas Blut machen – und es würde wahrscheinlich noch Tage dauern, bis das Ergebnis des DNA -Tests fertig war. Aber vielleicht konnte man Scully damit in der nächsten Vernehmung ins Schwitzen bringen?
    Sie setzte sich aufrecht hin, wischte ein paar Gegenstände, die noch auf dem Schreibtisch lagen – Stifte, ein paar Berichte und Antragsformulare – in die Schublade und schloss sie ab. Sie war fast zu müde zum Fahren, besonders wenn sie daran dachte, in welcher

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