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Der Priester

Der Priester

Titel: Der Priester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerard O'Donovan
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hundertprozentig sicher sein, dass der Überfall nicht hier stattgefunden hat?«, fragte er.
    Keane runzelte die Stirn und schob seine Brille etwas höher auf die Nase.
    »Ja, hier im freien, einsehbaren Gelände ist mit Sicherheit nichts passiert. Auf dem Boden haben wir nichts gefunden, was die Verletzungen erklären könnte, die dem Mädchen zugefügt wurden. Es wäre unmöglich, sie so übel zuzurichten, auch noch auf diese Art, ohne irgendwelche Spuren zu hinterlassen.«
    »Und sie kann auch nicht von irgendwo anders hierhergekrochen sein, vielleicht weil sie Hilfe suchte?«
    »Auch dafür haben wir keinerlei Hinweise.« Keane zuckte die Achseln. »Na ja, aus unserer Sicht ist das abgesperrte Gebiet hier eine ziemliche Katastrophe. Erst war der Kerl hier, der sie gefunden hat – er ist auf dem Heimweg von einer Party hier entlanggestolpert, hat durch den Zaun gepisst und sie dabei entdeckt. Dann sind die Sanitäter und die Schaulustigen vom Bahnhof drübergestapft. Und weil sie noch lebte, haben sie natürlich erst mal versucht, sie zu retten, und sich nicht um den Tatort gekümmert. Mit dem Wetter haben wir allerdings Glück gehabt, weil es ziemlich trocken war. Aber hier wurde trotzdem alles ordentlich umgerührt.«
    »Also können Sie es nicht sagen«, fragte Mulcahy.
    »Na ja, so würd ich es auch wieder nicht sehen.« Keane rückte die Brille zurecht und grinste.
    »Tja, und wie würden Sie es dann sehen? Oder soll ich raten?«
    Das Grinsen des Polizeitechnikers wurde breiter. Diese Spurensicherer waren allesamt solche Klugscheißer. Benahmen sich dauernd so, als würden sie in irgendwelchen Fernsehshows herumwitzeln.
    »Also, wenn Sie sich dieses kümmerliche Etwas mal näher ansehen«, sagte er und deutete auf die dünne, von Auspuffgasen halb erstickte, struppige Hecke vor dem Geländer. »Von außen ist sie beschädigt, von dieser Seite also. Das ließe sich damit erklären, dass etwas Schweres mehr oder weniger horizontal darüber gekippt worden ist. Außerdem haben wir an den Dornen jede Menge Hautfetzen gefunden.«
    »Also war sie bewusstlos, als sie da rübergestoßen wurde?«
    »Zumindest konnte sie sich nicht mehr aus eigener Kraft bewegen. Davon muss man jedenfalls ausgehen, wenn man sich die Umgebung der Hecke ansieht.«
    »Sie haben aber noch etwas gefunden, oder?«, fragte Mulcahy. »Sie haben gesagt, dass er ›die anderen Sachen hinterhergeworfen‹ hat. Was war das?«
    »Wir gehen derzeit davon aus, dass es sich um die Kleidung des Mädchens handelt.«
    »Er hat sie mit ihr weggeworfen?«
    »Eher hinter ihr hergeschleudert. Was dazu führte, dass der ganze Kram sofort von den Sanitätern in den Boden getrampelt wurde. Aber ein, zwei Teile, die sich in der Hecke verfangen hatten, könnten sich noch als nützlich erweisen. Insgesamt ist das aber nicht viel. Ein dünner, zerschnittener Baumwollrock. Ein Trägerhemdchen aus Seide oder was Ähnlichem. Seltsamerweise haben wir ihre beiden Schuhe – natürlich mit Stöckelabsatz – und, was noch überraschender ist, wir haben ihren Slip. Der ist zwar halbwegs intakt, wurde ihr also vielleicht nicht vom Leib gerissen, aber wir müssen ihn erst genauer untersuchen. Vielleicht finden wir ja noch ein paar Hautfetzen oder so, das sieht man auf den ersten Blick nicht.«
    »Kann ich die Sachen sehen?«
    »Klar, die sind alle eingetütet und liegen für die Untersuchungen bereit.«
    Keane ging hinüber zum Lieferwagen der Spurensicherung, der immer noch mit offenen Türen am Straßenrand stand. Er sagte ein paar Worte zu dem Kriminaltechniker hinten im Wagen, worauf der ihm einen verschlossenen Plastikbeutel mit ein paar Kleidungsstücken gab, die zusammen kaum mehr als hundertfünfzig Gramm wiegen konnten.
    »Wissen Sie, was ich meine«, sagte Keane. »Das Mädel muss gestern verdammt viel Haut gezeigt haben, wollte wohl einen draufmachen, und das ist dann aus dem Ruder gelaufen.«
    »Sieht aus, als wäre sie auf einer Party gewesen. Oder vielleicht in einem Club. Haben wir irgendeine Idee, wo sie herkommen könnte?«
    Wieder schob Keane die Brille hoch und rollte kurz die Augen. »Sie sind der Detective. Wir können Ihnen nur sagen, wo wir das Zeug gefunden haben, was dran ist und auf dieser Basis ein paar Vermutungen äußern – wenn uns was einfällt. Doch so weit sind wir einfach noch nicht.«
    »Also gut, aber können Sie mir denn vielleicht sagen, was das da sein könnte?«
    Keane beugte sich über den Plastikbeutel. Mulcahy hatte etwas darin

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