Der Prinz der Rache: Roman (German Edition)
misstrauisch herüberäugte.
» Eine Kerze? Abendessen? Wie wollt Ihr das denn bezahlen, Doma Rohana? « , lautete die mürrische Antwort des Eisenkönigs, als Vils Mutter ihre Bitte vorgebracht hatte.
» Aber die Handschuhe … «
» Die sind die Miete für eine Woche. Von Logis war die Rede, nicht von Kost! «
» Ach, Semer, nun stell dich nicht so an und gib der Frau schon ihre Kerze « , rief es aus dem Hintergrund.
» Und das Essen? « , fragte Rohana Merson, als sie den kurzen gelblichen Stumpen in der Hand hielt.
» Erwartet nicht, dass Ihr hier bei uns eingeladen werdet, denn es reicht doch kaum für uns selbst. Morgens gibt es Reis und Gemüse, dort oben, unweit der Wache. Ansonsten kann ich Euch empfehlen, nach Ratten Ausschau zu halten, denn die verirren sich immer wieder hierher, außerdem findet Ihr weiter unten mit etwas Glück … «
Aber da wurde er von seiner Frau unterbrochen, die ihn zur Seite schob und einen Topf in den Händen hielt. » Verzeiht meinem Mann, Doma, er ist manchmal etwas langsam und hat wohl vergessen, dass ich Euch etwas von dem abgeben kann, was ich für morgen vorgesehen hatte. Ich bin Coria Geffai und die Frau von diesem Holzklotz. «
Als Vils Mutter dankbar zugreifen wollte, zog sie den Topf jedoch zurück. » Verzeiht, Doma « , sagte die Frau, » Ihr seid neu hier und wisst noch nicht, dass in der Halde nichts verschenkt wird, denn Großzügigkeit gilt hier als Schwäche, und Schwäche wiederum kann tödlich sein. Doch bin ich bereit, Euch diesen Topf Reis für, sagen wir, zehn Kronen zu überlassen. «
» Aber ich habe keine zehn Kronen, und die Handschuhe, die ich Eurem Mann gab, sind doch sicher hundert wert. «
» Wie Semer schon sagte, die sind für die Miete, und vor allem für seinen Schutz, den Ihr nicht vergessen dürft. « Die Frau sah sie nachdenklich an. » Der Mantel, den Ihr tragt, er ist sicher auch einiges wert. «
» Ihr wollt einen Mantel für einen Topf Reis? «
Coria Geffai zuckte mit den Achseln. » Hier unten werdet ihr lange Zeit keinen Mantel brauchen, denn kalt ist es hier wahrlich nicht. «
» Ich verkaufe ihn Euch, für hundert Kronen. Er bringt sicher das Doppelte auf dem Markt. «
Die Frau schüttelte den Kopf. » Euch bares Geld zu geben erscheint mir gefährlich, vor allem für Euch. Ich schlage Euch vor, dass Ihr den Mantel hier hinterlegt. Mein Mann schreibt Euch achtzig Kronen dafür gut, in unserem Buch. Und so bekommt Ihr auch morgen und übermorgen noch gut zu essen, Ihr und Eure Kinder. Euer hübscher Junge sieht wirklich hungrig aus. «
» Ich bin nicht hungrig « , erklärte Vil, dem der Magen knurrte.
» Hundert Kronen « , versuchte es Rohana Merson noch einmal.
» Fünfundsiebzig, weil Ihr beginnt, mir meine Zeit zu stehlen, Doma « , lautete die ungerührte Antwort.
Als sie mit dem Topf Reis, aber ohne den Mantel zu ihrer Höhle zurückgingen, fragte Vil: » Warum hast du dich darauf eingelassen, Mutter? Ich hätte leicht bis morgen früh ausgehalten. «
» Du vielleicht, Vil, aber Tiuri und Faras müssen essen, und sie können nicht bis morgen früh warten. Aber wir werden die Großherzigkeit dieser Leute nicht vergessen, nicht wahr? «
Sie aßen mit den Fingern aus dem Topf, im Schein ihrer einen kümmerlichen Kerze, weil sie weder Geschirr noch Besteck hatten, und für eine Weile machte es sogar Spaß, die Mahlzeit derart ungezwungen einzunehmen. Im Hause Merson wäre so etwas nie möglich gewesen. Aber der Reis war knapp bemessen, und Vil entging nicht, dass seine Mutter, die sehr darauf achtete, dass gerecht geteilt wurde, sich selbst das Wenigste nahm.
Dann war der Topf leer, und betretenes Schweigen machte sich in ihrer armseligen Behausung breit. » Kinder, es wird Zeit für das Abendgebet, und dann werden wir schlafen. Morgen ist ein neuer Tag. Ihr werdet sehen, das hier ist bald vorbei. «
» Wann denn? « , fragte Faras.
» Bald, mein Schatz, bald. Und jetzt lösche bitte die Kerze, Tiuri. Solange wir hier sind, sollten wir sparsam mit dem umgehen, was wir haben. «
Vil wurde früh wach, und sein Magen knurrte. Er schälte sich aus seinem Mantel, in dem er geschlafen hatte. Vorsichtig hob er die Bretter vom Eingang und sah, dass durch die Himmelspforten die Dämmerung in die Kaverne sickerte.
Er kletterte aus der Behausung und reckte die schmerzenden Glieder, auch um die klamme Kälte loszuwerden, die ihm in die Knochen gekrochen war. Drinnen hörte er seine Geschwister und seine Mutter atmen.
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