Der Prinz der Rache: Roman (German Edition)
in einer Schänke und … «
Der Hauptmann beugte sich tatsächlich leicht hinab, als wolle er riechen. Vil rammte ihm das Knie in den Unterleib, drehte sich um und rannte in den nächsten schmalen Durchgang. Er hoffte, auf der anderen Seite herauszukommen, aber dann war es doch eine Sackgasse. Gut geplant, Vil, fluchte er, sah im gleichen Moment einen Stapel Bauholz, sprang hinauf, und schwang sich aufs Dach.
» Ihm nach, Ihr Narren! « , brüllte der Hauptmann von der Kreuzung.
Vil balancierte über den First. Eben noch vom Fackelschein geblendet, brauchte er eine Weile, um sich an das schwache Licht zu gewöhnen. Er trat fehl, rutschte das Dach hinunter, fiel beinahe in eine schmale Gasse, durch die einige Soldaten rannten. rappelte sich auf, nahm Anlauf, sprang hinüber auf das nächste Dach und hastete weiter. Hinter ihm tauchten Soldaten auf den Dächern auf. Vil konnte ihre Rüstungen im Mondschein blitzen sehen. Er zog im Laufen sein verräterisch helles Wams aus und legte es hinter einen Schornstein. Geduckt schlich er weiter, bis er seine Verfolger aus den Augen verlor.
Überall in der Stadt erklangen plötzlich Signale. Galt das ihm? Er erreichte eine breitere Gasse, zu breit, um hinüberzuspringen. Unten marschierten Soldaten, jetzt hielten sie an. Hatten sie ihn bemerkt?
Der Offizier brüllte: » Wir fangen auf dieser Seite an, Männer, aber wir arbeiten uns quer durch das ganze Viertel! Keine falsche Zurückhaltung! Heute zeigen wir ihnen, wer Herr in dieser Stadt ist. Und seid auf der Hut! Der Mann, den wir suchen, ist gefährlich. Auf geht’s! «
Die Soldaten schwärmten in kleinen Gruppen aus und hämmerten mit den Fäusten gegen Türen, und wo ihnen nicht gleich geöffnet wurde, traten sie die Tür ein und drangen ein. Drinnen wurde geschrien, gestritten und geflucht. Dann zerrten die Soldaten die ersten Leute auf die Gasse. Vil sah einen Wächter, einen jungen Kerl, der eine laut schreiende, spärlich bekleidete Frau an den Haaren aus dem Haus zerrte.
Vil wich zurück. Er brauchte einen anderen Weg, aber überall wimmelte es von Soldaten, überall wurden Menschen auf die Straße gezerrt, wurde in Schänken, Läden und Häusern Mobiliar zertrümmert, gelegentlich offenbar auch gekämpft. Die Soldaten brüllten, Menschen weinten und jammerten; es war ein heilloses, furchtbares Chaos, und Vil steckte mittendrin fest.
Ihm wurde heiß und kalt bei dem Gedanken, dass sie vielleicht bald auch in seinem Laden so wüten würden. Tiuri war dort. Er musste vor ihnen da sein!
Er sah einen kleinen Trupp in eine schmale Gasse marschieren. Er folgte ihm leise auf dem Dach. Der Trupp teilte sich in zwei Dreiergruppen, die in zwei Läden eindrangen. Es waren schlichte Handwerksläden, ein Schuster, ein Bäcker. Vil verstand nicht, was sie da zu finden hofften. Kurz darauf zerrten zwei Soldaten einen alten Mann auf die Straße, einen Schuster, der noch eine Sandale in der Hand hatte und sie wie zum Beweis seiner Harmlosigkeit den Soldaten hinhielt. Sie warfen ihn zu Boden und traten auf ihn ein. Dann brüllte der, der noch im Haus war, nach seinen Kameraden.
» Geh nur, mit dem werde ich schon fertig « , sagte eine der Wachen lachend.
Vil löste vorsichtig eine schwere Schindel aus dem Dach, wartete, bis der zweite Soldat im Haus verschwunden war, und ließ sich lautlos auf die Straße fallen. Er schlich sich von hinten an die Wache an, aber der Schuster sah ihn kommen und jammerte um Hilfe.
Der Soldat drehte sich um, doch bevor er das Schwert aus der Scheide geholt hatte, zog Vil ihm eins mit der Schindel über. Sie zerbrach, und der Helm rollte mit hellem metallischen Klingeln über das Pflaster. Der Soldat sank auf den Boden und rührte sich nicht mehr.
» Verschwindet besser, wenn Ihr könnt « , rief Vil dem Schuster zu und begann hastig, dem Soldaten das Wams und die Arm- und Beinschienen auszuziehen.
» Alles beschlagnahmt! « , rief ein Soldat, der gerade aus der Bäckerei trat, schwer beladen mit zwei silbernen Kerzenleuchtern. » He! « , rief er, als er sah, was da vor sich ging.
Vil griff sich den Helm und rannte. Der Soldat brüllte ihm hinterher, verfolgte ihn aber nicht, vermutlich, weil ihm die beiden Kerzenständer wichtiger waren.
Vil zog sich in einer dunklen Ecke um. Der Helm hatte eine hässliche Beule, aber das konnte er nicht ändern.
Er spähte um die Ecke, sah keine Soldaten und trabte los. Von nun an würde er ein Läufer mit wichtiger Nachricht sein. Er konnte nur
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