Der Prinz der Rache: Roman (German Edition)

hoffen, dass ihn niemand aufhielt und fragte, für wen diese angebliche Nachricht bestimmt sei.
    Inzwischen schien im ganzen Viertel die Hölle los zu sein. Soldaten drangen in Häuser ein, zerrten Leute heraus oder beschlagnahmten alles, was wertvoll erschien. Tavernen wurden regelrecht zertrümmert, und irgendwann kam Vil an Soldaten vorbei, die eine Schankmaid in eine Ecke drängten und vergewaltigten. Er sah Offiziere, die versuchten, ihre Leute zu bändigen, aber die Sache schien ihnen mehr und mehr aus der Hand zu gleiten. Und dann waren da Scholaren, die dem Treiben tatenlos zusahen.
    Als er endlich die Scherengasse erreichte, fürchtete er schon, zu spät zu kommen, denn auch hier waren Soldaten eingefallen. Sie waren damit beschäftigt, Meister Hamars Metzgerei zu verwüsten. Der Metzger stand auf der Straße, jammerte, und seine Frau zerkratzte einem Soldaten, der sie aus dem Haus schleppte, das Gesicht. Auch beim Schneider hatten sie die Tür eingetreten, und drinnen wurde gebrüllt und geschrien, und Carem Halfar hielt mit Müh und Not seinen Vater zurück, der sich auf ein paar Soldaten stürzen wollte, die unter großem Lärm seine Schuhmacherwerkstatt durchwühlten.
    Sein eigener Laden schien noch unberührt.
    Vil sah den Grund: Purgus, der Stumme, hatte sich mit verschränkten Armen vor der Tür aufgebaut und zeigte seine Muskeln. Aber weit mehr als das waren es wohl die weißen Haare des Gesegneten, die die Soldaten abschreckten.
    Plötzlich geschah etwas Eigenartiges: Ein ganzes Rudel fetter Ratten brach aus der eingetretenen Tür des Metzgers hervor und ergriff quiekend die Flucht.
    » Meine Malakin! Meine Malakin! « , rief Hamar.
    » Du Schwein, du verkaufst Rattenfleisch! « , schrie ihn ein Soldat an und schlug ihm dem Schwertknauf ins Gesicht.
    » Aufhören! « , ging Vil dazwischen. Und dann, als ihm klar wurde, dass das nicht sehr geschickt war, setzte er geistesgegenwärtig hinzu: » Sie haben den Flüchtigen in die Enge getrieben, im Hohlweg. Der Oberst braucht jeden Mann! «
    Die Soldaten glotzten ihn unschlüssig an, einer von ihnen hielt immer noch den Metzger am Kragen gepackt. Vil rief: » Schnell doch, es kostet euch sonst den Kopf. «
    Fluchend pfiff der Offizier, ein junger Leutnant, seine Leute zurück, und eilig hasteten sie davon.
    Vil half dem Metzger auf die Beine. » Seid Ihr ein Soldat geworden? « , fragte der verstört.
    » Wie? Nein, das Zeug habe ich mir nur geliehen. Geht und helft Eurer Frau, Menher Hamar. «
    » Aber meine Malakin! «
    » Sind verschwunden, und das sollten wir auch tun, denn diese Soldaten werden bald wieder hier sein « , rief Vil.
    Der Stumme grinste ihn an und umarmte ihn plötzlich.
    » Ist Tiuri da drin? Wir müssen wirklich hier weg! «
    Peker und Gibean waren ebenfalls da, sie schafften Waren, deren Herkunft offensichtlich heikel war, in das Geheimversteck.
    » Vergesst das, die nehmen alles auseinander. Schnappt Euch das Geld, und dann müssen wir so schnell wie möglich hier weg! «
    Tiuri stellte sich jedoch quer. » Das ist unser Laden, Vil, und an Purgus trauen die sich sowieso nicht vorbei. «
    » Ja, jetzt, aber sie kommen wieder, und ich glaube, sie werden ziemlich wütend sein, wenn ihnen klar wird, dass ich sie reingelegt habe. «
    » Ich gehe nicht weg. «
    » Ich bin ihrer Meinung « , sagte Sed, der sonst so wenig wie möglich mit Vil sprach. Sein Gesicht mit dem zerschmetterten Wangenknochen sah auch jetzt, drei Wochen nach dem schlimmen Kampf, immer noch übel aus. Und es wird nicht viel besser werden, dachte Vil. Er sah den linken Arm seines Freundes, der verkrüppelt und nutzlos herabhing. » Wir können die ganze Nachbarschaft zusammentrommeln. Wenn wir zusammenhalten, werden diese Feiglinge schon ihren Schwanz einziehen. «
    » Sed, das ist Unsinn « , rief Vil verärgert.
    » Ich bleibe jedenfalls! « , verkündete Tiuri.
    » Tiri, ich habe für solche Kindereien jetzt keine Zeit. «
    » Dir ist aber schon klar, dass sie nur deinetwegen hier sind, oder? Es ist deine Schuld, wenn sie das ganze Viertel auf den Kopf stellen. «
    Vil starrte sie sprachlos an. Sie hatte ihn doch selbst dazu gedrängt, Rache zu üben. Er war kurz davor, ihr an die Gurgel zu gehen, aber dann drehte er sich um und rannte die Treppe hinab, um zu sehen, wie weit Peker und Gibean waren.
    » Nur die wertvollsten Sachen, und schon gar nichts Schweres. Wir reisen mit leichtem Gepäck! Und du, Pek, geh nach oben und rede mit meiner Schwester. Vielleicht