Der Prinz der Rache: Roman (German Edition)
« , entgegnete Vil düster.
Sie redeten auch an diesem Abend nicht viel, aber als sie sich geliebt hatten und nebeneinanderlagen, sagte Vil: » Macht es dir eigentlich gar nichts aus? «
» Ich habe mich daran gewöhnt. «
» Ich meine nicht die heimlichen Treffen. Ich meine, dass ich Leute getötet habe. «
» Das meinte ich auch « , antwortete sie.
Er küsste sie. » Du bist erstaunlich « , stellte er fest.
Sie lächelte und antwortete nicht. Er legte den Kopf an ihre Brust, lauschte auf ihren Herzschlag und dachte, wie unfassbar es doch war, dass sie ihn nicht verurteilte für das, was er tat.
» Wie geht es deiner Schwester? «
Er hob den Kopf. » Warum fragst du? «
» Hast du mit ihr noch einmal über das Feuer gesprochen? «
» Nein, denn ich weiß nicht, was ich ihr sagen soll. «
» Die Wahrheit? «
» Ich soll ihr sagen, dass sie den Feuersturm verursacht hat? Ich soll ihr sagen, dass all die Menschen, die darin umgekommen sind, all die zerstörten Häuser – dass das ihre Schuld war? Nein, das werde ich sicher nicht tun. «
» Aber wenn sie es nicht erfährt, wird sie nie lernen, damit umzugehen. «
» Und wenn sie es erfährt, treibt es sie vielleicht in den Wahnsinn. Sie war ziemlich schwierig in letzter Zeit. «
» Weil du sie ausgeschlossen hast? «
» Ich beschütze sie doch nur! Oder hältst du es für eine gute Idee, meine Schwester in ein Hurenhaus mitzunehmen? Siehst du! Aber sie nimmt es mir übel. «
» Vielleicht findet sie etwas, das sie ablenkt. «
» Was meinst du? «
Skari lächelte wieder. » Nichts. Das heißt, es kann sein, dass sie es vielleicht schon gefunden hat. «
Und obwohl Vil sie küsste und bedrängte, wollte sie nicht erklären, was sie damit meinte. Irgendwann gab er es auf. Am nächsten Tag fragte er Peker, ob er etwas über seine Schwester herausgefunden habe.
» Da ist nichts Besonderes, Vil. Sie geht mit der Köchin auf den Markt, besucht ein paar andere junge Damen in Kauffahrerhäusern, wenn sie zum Tee geladen wird – sonst ist ihr Leben so langweilig, dass ich es niemals aushalten würde. «
» Sonst nichts, Pek, ganz sicher? «
» Gar nichts, Vil. «
Aber Vil hatte das Gefühl, dass der Freund ihm irgendetwas verschwieg.
Der Sommer brachte für einige Wochen fast täglich Regen, was ungewöhnlich, aber gut fürs Geschäft war, und so hatte Vil eine Menge zu tun und keine Zeit, seinen Racheplänen nachzugehen, jedenfalls war es das, was er seiner Schwester sagte, wenn sie fragte. Es schien ihr wirklich besser zu gehen, und Peker sagte, dass es dafür keine verdächtigen Gründe gebe.
Also ließ Vil die Dinge zunächst auf sich beruhen.
Dann, eines Morgens, kam er besonders spät, weit nach Sonnenaufgang, aus dem Bamaal. Er genoss es, durch die kühle Sommerluft zu spazieren und das Erwachen der Stadt mitzuerleben. Auf dem Obermarkt tauchten gerade die ersten Händler auf, und Vil erwarb von einem Bäcker, der seinen Stand noch gar nicht fertig aufgebaut hatte, ofenfrisches Brot, ganz wie seine Schwester es liebte. Ein gemeinsames Frühstück, etwas, was sie viel zu selten hatten, das war es, was ihm vorschwebte.
Aber dann stand er mit dem Brot unter dem Arm in der Diele und erfuhr, dass Tiuri gar nicht zu Hause war.
» Wo ist sie denn hingegangen? « , fragte er die Köchin, viel zu verblüfft, um wütend zu sein.
» Zum Fischmarkt, an den Hafen, Herr. «
» Wäre das nicht eigentlich Eure Aufgabe? «
» Aber die junge Doma besteht darauf, selbst dort hinzugehen. «
» Immer? Wie oft geht sie denn dorthin? «
» Beinahe täglich, Menher. «
Vil packte seinen Mantel und verließ das Haus. Sie aßen nicht oft Fisch, also gab es für diese täglichen Ausflüge einen anderen Grund. Ihm fiel nur einer ein. Wie dumm er gewesen war! Er schlief für gewöhnlich bis gegen Mittag, und Tiuri schien das schamlos auszunutzen. Er eilte ins Hafenviertel und spürte diese Wut in sich, die nur seine Schwester wecken konnte.
Am Markt herrschte trotz der frühen Stunde schon das übliche Gewimmel von Dienstboten und Händlern. Vil irrte zwischen den Ständen umher, aber er konnte Tiuri nicht finden. Er schüttelte den Kopf über sich selbst. Seine Schwester hatte der Köchin nur gesagt, dass sie auf den Markt wollte, sie konnte sonst wo am Hafen stecken. Rastlos suchte er die Molen und Stege ab.
Da! Auf einem etwas abseits gelegenen alten Holzsteg, der am Ende einen Blick auf das offene Meer erlaubte, sah er seine Schwester stehen. Ihr dunkles
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