Der Prinz der Rache: Roman (German Edition)
zu Tage, auch wenn sie alle nichts gesehen haben wollen, aber das braucht Zeit. «
» In der Tat « , murmelte der Alte und nahm Lizet die Feder aus der Hand. » Die Raben, ich habe von dieser Gruppe gehört. Gab es nicht aufrührerische Flugblätter, die mit einer schwarzen Feder versehen waren? «
» Ich halte es für eine falsche Fährte, Oberst, gelegt, um uns von den wahren Tätern abzulenken « , erklärte Lizet.
» Wenn es aber wirklich diese Raben waren, haben wir sie bisher sträflich unterschätzt. Dann müssen wir ihnen entschlossen entgegentreten « , meinte Kedos.
» Ganz recht « , sagte Ursem. » Ihr übernehmt das am besten selbst, Kedos. «
Dann wandte er sich an Lizet. » Ihr seid bei unseren Leuten dafür berüchtigt, dass Ihr vor der nötigen Härte zurückschreckt, Hauptmann, doch dieses Mal werdet selbst Ihr begreifen, dass es ohne Härte nicht geht. Zieht in Betracht, dass die Leute mehr wissen, als sie sagen. Also werdet Ihr genau das tun, was Ihr vorgeschlagen habt; Ihr selbst, Lizet, werdet die Nachbarn gründlich, sehr gründlich, und mit allen zu Gebote stehenden Mitteln befragen. Ich will in drei Tagen wissen, wer es gewagt hat, die Hand gegen einen von uns zu erheben, verstanden? Sehr gut. Vielleicht gelingt es uns ja doch noch, aus Euch ein richtiges Gespenst zu machen. «
Esrahil Gremm war seit einigen Wochen ein viel beschäftigter Mann, denn neben den eigenen Geschäften und denen des Rates oblag ihm auch die Führung der neu gegründeten Kauffahrergilde der Mildtätigen Hand, und da gab es viel zu tun. Er organisierte Decken, Zelte und Lebensmittel für diejenigen, die beim Feuersturm erst fast alles verloren hatten und in den Wochen danach das letzte bisschen Besitz hatten drangeben müssen, um zu überleben. Er war viel im Katzenviertel unterwegs, mehr als je zuvor in seinem Leben, sah nach, wo es fehlte, und versuchte, bei den Kauffahrern Hilfe zu organisieren. Er hatte so viel zu tun, dass er sich manchmal wunderte, wie er all das bewältigte, vor allem hatte er daher kaum noch Zeit, sich Sorgen um gewisse Dinge zu machen, die sein Neffe Viltor trieb.
» Du siehst zufrieden aus, Esra « , meinte Sester Elgos, der ihn im Katzenviertel traf.
Gremm war gerade damit beschäftigt, mit einigen anderen Kauffahrern Lebensmittel und abgelegte Kleidung an die Bedürftigen zu verteilen.
» Du kannst uns gerne helfen, Sester « , meinte Gremm fröhlich.
» Danke, aber diese Art Lorbeeren will ich dir überlassen. «
Gremm sprang von dem Kistenstapel, von wo er sich Übersicht verschafft hatte. » Was denn für Lorbeeren? «
» Tu nicht, als ob du es nicht wüsstest. Du wirst in den Ruinen als Bote des Himmels gefeiert. Ich glaube, die Leute beten abends sogar für dich. «
Gremm blieb der Mund offen stehen. » Das hast du dir ausgedacht, Sester! «
» Na ja, sie beten nicht nur für dich, wenn es dich beruhigt. Ihre Gebete gehören außerdem Kämmerer Ajeler, deinem alten Freund Telius Nestur und einem Mann, den sie den Einarmigen nennen. «
» Nestur? Wirklich? Sie sollten ihn eher verfluchen als für ihn beten. Er hetzt die Leute auf, nur um dem Rat Knüppel zwischen die Beine zu werfen. « Er nahm Elgos beiseite und sagte leise: » Dir kann ich es ja sagen, aber unsere Idee findet auch deshalb so großen Anklang im Rat, weil man erkannt hat, dass wir Nestur auf diesem Weg das Wasser abgraben können. Ich glaube nicht, dass Ajeler sich uns sonst angeschlossen hätte. «
» Und ärgert es dich nicht, dass er dir den Rang abläuft? «
» Warum sollte es? Wir helfen den Leuten, darum geht es. «
Elgos verzog das Gesicht zu einem dünnen Grinsen. » Du bist manchmal wirklich sehr blauäugig, Esra. Ajeler ist das gewiss nicht. Er will sich beliebt machen, weil er weiß, was all deine Kollegen im Rat auch wissen – dass der Archont nicht ewig leben wird. «
» Was redest du da, Sester? Memnon erfreut sich bester Gesundheit – und ich hoffe, dass er noch lange über die Geschicke der Stadt wacht. «
» Dennoch, eines Tages wird man einen Nachfolger brauchen. «
» Bist du gekommen, um mit mir über Politik zu reden, Sester? Wie du siehst, habe ich jede Menge zu tun. «
» Kein Grund, verärgert zu sein, mein Freund. Nein, ich bin hier, um dir etwas zu bringen, Esra. Ich habe zwei Namen für dich. «
Gremm war es, als habe ein Blitz aus heiterem Himmel eingeschlagen. Seine Knie wurden weich, und all die Tatkraft, die ihn eben noch durchströmt hatte, schien von diesem
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