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Der Prinz der Rache: Roman (German Edition)

Der Prinz der Rache: Roman (German Edition)

Titel: Der Prinz der Rache: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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salbungsvoll gesprochen hatte.
    An der Treppe machte er halt, stellte die Kerze ab und zog den toten Melorer in eine der leerstehenden Kammern. Er wollte nicht am nächsten Tag über ihn stolpern und am Ende sein Schicksal teilen.
    Als Lizet sich am nächsten Morgen zu Beginn seines Dienstes auf der Wache meldete, wurde er von Oberst Chalis auf die Dienstkammer gerufen.
    » Was gibt es, Oberst? « , fragte er.
    » Das sollte ich Euch fragen, Lizet. Man schickt nach Euch. «
    » Nach mir? «
    » Der Archont höchstpersönlich verlangt nach Euch. Ihr sollt zur Mittagsstunde in den Tempel kommen, und, ich zitiere, alle Unterlagen zum Fall Merson, vor allem aber ein bestimmtes Buch mitbringen. Außerdem weist er Euch an, Eure Gefangene freizulassen. «
    » Meine Gefangene? «
    » Ja, seltsam, nicht wahr. Ich habe nachgefragt, denn meines Wissens haben wir derzeit keine Gefangene in unserem Kerker. Oder gibt es da etwas, was ich wissen sollte, Lizet? «
    » Nein, Oberst. «
    » Schön. Dann zur Mittagsstunde im Tempel. Was seltsam ist, denn dann soll dort doch eine Hochzeit gefeiert werden. «
    Lizet begann zu verstehen: die Hochzeit. Der Archont hatte vor, sie platzen zu lassen! Er plante einen Schlag gegen Varos, den neuen Kammerherrn, den vielleicht mächtigsten Mann der Stadt – nach dem Archonten.
    Ein solcher Skandal, die Verwicklung in den Fall Merson, das würde Varos vernichten, und das an diesem Freudentag. Es war teuflisch! Lizet eilte nach Hause, holte das Buch und auch die Pergamente und überflog sie noch einmal. Er musste gut vorbereitet sein. Und die Gefangene? Mochte für den Augenblick bleiben, wo sie war. Vielleicht brauchte er sie doch noch. Über ihr weiteres Schicksal würde er erst nach der Hochzeit entscheiden.

Der große Tag, er war tatsächlich gekommen. Esrahil Gremm konnte es kaum glauben. Er stand auf der Treppe vor dem Tempel, wartete und ließ sich von der Sonne wärmen, die von einem wolkenlosen Himmel auf die Stadt herablächelte. Es war ein angenehmer Sommertag mit leichten Winden vom Meer, die gelegentlich Blütenblätter aus den Kaisergärten herüberwehten. Es war, als hätten die alten Götter sich in den Kopf gesetzt, diesem Tag so viel Schönheit wie nur möglich angedeihen zu lassen.
    » Ein unvergleichlicher Tag, Menher, nicht wahr? « , riss ihn eine Stimme aus dem kurzen Moment der Verzückung.
    Gremm blickte auf die ausgestreckte Hand eines Bettlers. Auf den zweiten Blick sah er, dass es ein Gesegneter war. Es war der Blinde, den er schon öfters gesehen und über dessen unheimliche Kunst er schon viel gehört hatte.
    Hastig zog er seine Börse aus dem Wams und legte rasch zwei Sechskronenstücke in die ausgestreckte Hand.
    » Ihr seid sehr großzügig, Menher « , dankte der Bettler.
    » Ja ja « , murmelte Gremm, den die schlichte Anwesenheit des Blinden in Verlegenheit brachte.
    » Wenn Ihr es erlaubt, werde ich Euch dafür einen Gefallen tun. «
    » Einen Gefallen? Danke, nein, ich habe alles. Es gibt keine Toten, die Ihr für mich rufen könntet, Menher. «
    » Keine Angst, ich verlange nichts dafür, Ihr habt mir ja schon reichlich gegeben. Eigentlich ist es etwas, was ich Euch schon lange hätte ausrichten sollen, Menher Gremm. «
    » Ihr wisst, wer ich bin? «
    » Wer würde den berühmten Freund der Armen nicht kennen, Menher? Hört, ich bringe Grüße. «
    » Grüße? Von wem? «
    » Von Eurer Frau, Menher. Sie bittet Euch, sie gehen zu lassen. «
    » Meine …? «
    » Sie ist der Meinung, dass es Zeit ist. Sie wünscht, dass Ihr endlich auch den Frieden findet, den sie für sich auf der anderen Seite gefunden hat. «
    » Aber meine Frau, sie … « , begann Gremm, aber er vollendete den Satz nicht, denn plötzlich sah er in schmerzender Klarheit die Wahrheit, die er seit Jahren leugnete.
    » Entschuldigt mich, Menher Gremm, ich werde erwartet « , verabschiedete sich der Bettler.
    Gremm sah ihm verstört nach.
    Der Gesegnete drängte sich durch die Menge, die darauf wartete, in den Tempel eingelassen zu werden. Als die Leute ihn bemerkten, öffnete sich rasch eine Gasse. Diese Menschen, sie alle waren hier, um die Verbindung der Häuser Gremm und Varos zu feiern.
    Das schwere Tor öffnete sich, und die Leute strömten hinein. Nur Esrahil Gremm blieb auf der Treppe stehen, von den Worten des Gesegneten bis ins Mark erschüttert.

» Ist alles in Ordnung? « , fragte Vil noch einmal. Er lief nervös in einer der Nebenkammern des Tempels auf und ab.
    » Alles ist in

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