Der Prinz der Rache: Roman (German Edition)
den Arm und ließ sie lange nicht mehr los.
Nicht lange danach stand plötzlich der Eisenkönig in der Tür. » Die Doma vermisst dich, Tiuri « , sagte er nach einer mürrischen Begrüßung.
Tiuri sah erst Vil und dann ihre Mutter fragend an. » Meine Kinder schlafen heute Nacht bei ihrer Mutter « , erwiderte Rohana Merson mit zitternder Stimme. » Aber ich danke Euch sehr, Menher, dass Ihr Euch während der vergangenen Tage so gut um sie gekümmert habt. «
» Tage? Wohl eher Wochen, möchte ich meinen. «
» Schließ die Tür, Vil « , verlangte seine Mutter, als der Eisenkönig grußlos wieder verschwunden war. » Nimm dieses Stück Holz, damit kannst du sie verriegeln. «
» Und Menher Delior? «
» Soll uns heute Nacht nicht stören. «
Später, als Tiuri auf dem Schoß ihrer Mutter eingeschlafen war, fragte sie, immer noch wachsbleich und mit zitternder Stimme, was in den vergangenen Tagen vorgefallen war. Vil fiel die Antwort nicht leicht. Er druckste herum, ließ einiges aus, erzählte aber das Wesentliche: » Es ist etwas in dem Schnaps, den er braut, Mutter, ein fremdes Kraut, das macht ihn so stark. «
» Und ich war so schwach, ihn zu trinken und … andere Dinge zu tun. Aber dir geht es gut – und deiner Schwester auch? «
» Mir geht es gut, Mutter, aber Tiuri … « Er hielt inne, dann berichtete er vorsichtig, was ihm Sed erzählt hatte.
Seine Mutter hörte schweigend zu, aber mit jeder Minute, die sie schwieg, wurde sie kälter und stärker, das konnte Vil fühlen. » Ich … ich werde das niemals zulassen, Mutter, niemals « , versicherte er.
» Ich auch nicht, Vil. Oh, in was für einem Nebel war ich gefangen, vor Trauer, wo doch Zorn hätte sein müssen! Zorn auf all die, die uns das angetan haben! Aber jetzt endlich sehe ich wieder klar. Vil, du musst von hier fort, hörst du? Du musst einen Weg hier hinaus finden! «
» Aber ich weiß keinen, Mutter. «
» Dann hör dich um. Ein Gremm findet immer einen Weg! Dann kannst du deine Schwester retten. «
» Und dich, Mutter. «
» Ja, aber ich bin nicht wichtig, mein Leben hat seinen Sinn verloren nach dem, was ich getan habe, was ich … Nun, ich werde solange auf deine Schwester aufpassen. Menher Geffai muss sich in Acht nehmen. Er wird meiner Kleinen nicht wehtun, und wenn ich ihn töten muss. «
» Aber Mutter, die Wachen, sie werden das nicht hinnehmen, und dann wird vielleicht alles nur noch schlimmer. «
Seine Mutter packte ihn hart am Arm: » Höre, Sohn, wir haben fast alles verloren, und was mich betrifft, so bin ich lieber tot als ehrlos. Es ist nicht schlimm, wenn ich hier sterbe, denn leben will ich hier nicht mehr. Du aber, du wirst überleben, und du wirst den Glanz unserer Familie und unsere Ehre wiederherstellen, indem du alle, die sie mit Füßen getreten haben, bestrafst. Sie sollen mit ihrem Blut für das bezahlen, was sie uns angetan haben. Alle, mein Sohn, hier und da oben! Hast du das verstanden? «
Die abgemagerten Finger seiner Mutter krallten sich schmerzhaft in seine Muskeln. Vil nickte stumm.
» Dann schwöre es, schwöre beim Leben deiner Schwester, dass du nicht ruhen wirst, bis du es getan hast. «
» Aber Mutter, Vater hat gesagt, man soll nicht schwören … «
» Schwöre es, bei der Ehre der Gremms! Enttäusche mich nicht, Viltor Aretus Merson! «
Vil schluckte, und dann schwor er, wie seine Mutter es verlangt hatte.
» Gut, du bist früher ein Mann geworden, als ich dachte, vielleicht früher, als du solltest, aber das ist nun einmal so. «
Rohana Merson erhob sich, sie stand auf unsicheren Beinen, aber Vil sah den alten Stolz wieder in ihrem bleichen Gesicht, und er spürte diese Ausstrahlung schneidender Verachtung, die ihm früher – und nicht nur ihm – regelrecht Angst gemacht hatte.
» Was hast du vor, Mutter? «
» Ich werde mit Delior reden – und mit Menher Geffai. Nein, du bleibst hier. Ich bin bald zurück, und ich will nicht, dass deine Schwester allein ist, wenn sie aufwacht. Du bist für sie verantwortlich, Vil, hörst du? «
» Ja, Mutter. «
Sie war immer noch so geschwächt, dass sie Schwierigkeiten hatte, den Riegel vor der Tür zu entfernen, aber Vil traute sich nicht, ihr seine Hilfe anzubieten. Dann war sie gegangen, auf unsicheren Beinen, aber voller Stolz und Zorn.
Die Tür blieb einen Spalt weit offen, und Vil sah, dass der neue Tag grau in die Kaverne sickerte. Von oben dröhnten bereits die ersten Hämmer der Schiffswerft. Das war jeden Morgen so, aber er
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