Der Prinz der Skorpione: Roman - Der Schattenprinz 3 (German Edition)
eine pünktliche Wachablösung der Posten, teilte die plötzlich so kampfesmutigen Handwerker mit den Überläufern aus der Burg zu gemeinsamen Truppen ein und sorgte dafür, dass das böse Blut, das wegen »d er Sache auf dem Markt« zwischen Bürgern und Atgather Soldaten bestand, nicht überkochte.
Sechster Tag
Es dämmerte bereits, als Gajan zurückkehrte. Er sah blass aus, und sein Sohn war nicht bei ihm.
»N un, Gajan, könnt Ihr uns erklären, was es mit dieser Geschichte auf sich hat?«, fragte Pelwa spitz.
»V erleumdung«, stieß der Prinz einsilbig hervor und verfiel dann in düsteres Schweigen.
»W ir sollten weitermachen«, bat Aggi, »d enn immer noch ist viel zu tun und erst wenig entschieden.«
Zu seinem Leidwesen sollte sich das vorerst auch nicht ändern, denn jede Einigung, die sie erreichten, wurde fast sofort wieder in Frage gestellt, meist von Pelwa, während Gajan zunächst gar nichts sagte und erst nach langer Zeit wieder aus der Düsternis seiner eigenen Gedanken zurückkehrte.
»V ielleicht«, so warf Aggi jetzt ein, »s ollten wir uns nicht nur Gedanken darüber machen, was wir tun werden, sondern auch, was der Feind tun wird, wenn wir seinen Forderungen nicht nachkommen.«
»R edet Ihr von dem Ultimatum, das uns der Padischah gestellt hat?«, fragte Hasfal, um gleich hinzuzusetzen: »N ur über meine Leiche werden wir ihm die Tore öffnen. Er droht zwar, uns sonst alle zu töten, doch er ist der Große Skorpion– selbst wenn wir uns ergeben, können wir nicht auf seine Gnade rechnen.«
Aber Gajan meinte: »D er Hauptmann hat Recht. So wie es im Augenblick aussieht, wird der Padischah bald mit aller Macht angreifen. Und er hat genug Krieger, um auf allen Seiten zugleich anzugreifen.«
»W ir haben genug Männer, um einen Angriff abzuwehren«, meinte Hasfal.
»E inen vielleicht, aber bestimmt keinen zweiten«, gab Aggi zu bedenken.
»U nd wenn ihn seine Tochter doch noch über die Burg hereinlässt?«, meinte der Protektor düster.
»D ann sind wir verloren«, murmelte der General.
»W enn sie es gestern nicht getan hat, wird sie es heute auch nicht tun«, wiederholte Aggi das, was er schon mehrfach gesagt hatte.
»D as stimmt, dann können wir ihn abwehren, tagelang«, meinte Hasfal in plötzlicher Zuversicht.
Aggi fand seine Wankelmütigkeit schwer zu ertragen. »I ch fürchte nur, dass dieser Feind über Mittel und Wege verfügt, auch die starken Mauern unserer Stadt zu überwinden.«
»I hr denkt, er wird Magie einsetzen, Aggi?«, fragte Gajan.
»E s ist seit der Großen Übereinkunft verboten, Magie in einer Schlacht einzusetzen«, hielt der Protektor dagegen.
»F ragt unsere Reiterei, was der Padischah davon hält«, murmelte Hasfal.
»F ür mich«, sagte Aggi zögernd, »i st es eigentlich nicht die Frage, ob der Große Skorpion in die Stadt eindringen kann, sondern nur, wann. Ganz Oberharetien ist doch in seiner Hand, und wir können nicht auf Entsatz hoffen. Er kann uns aushungern, wenn er will. Aber wenn er sich erst hier hereingekämpft hat, wird es schlimm für die Menschen.«
»I hr denkt hoffentlich nicht daran, ihm die Stadt kampflos zu übergeben, Hauptmann«, knurrte Pelwa.
Aggi schüttelte den Kopf. »I ch habe mit einigen Bauern gesprochen, die, während die Schlacht tobte, über die Berge nach Atgath kamen. Sie mussten fliehen, weil die Helmonter im Norden keinen Stein auf dem anderen gelassen haben. Sie haben Männer getötet, Frauen geschändet und Häuser niedergebrannt, obwohl niemand dort auch nur an Widerstand gedacht hat. Ich denke, der Große Skorpion will den Kampfgeist des Seebundes brechen. Er wird Atgath dem Erdboden gleichmachen, um andere Städte zu warnen. Eine bedingungslose Übergabe kommt also nicht in Frage.«
»U nd ich habe immer noch nicht begriffen, was der Große Skorpion hier will«, polterte Pelwa. »I ch habe ja verstanden, dass er an mehreren Orten zugleich zuschlägt, und ich befürchte, dass er nicht nur Truppen in Felisan und vor Atgath hat– was ich aber nicht verstehe, ist, was ihn an dieser schäbigen kleinen Stadt anzieht. Wegen des berühmten Silbers, das es hier nicht gibt, wird er ja wohl nicht hier sein, und ganz gewiss führt ihn auch nicht die Liebe zu seiner Tochter hierher!«
»V ielleicht kann ich das erklären«, sagte eine Stimme vom Eingang der Schänke.
Im fahlen Licht des neuen Tages erkannte Teis Aggi drei Gestalten, die in der Tür der Schänke standen. Er blinzelte, denn er glaubte nicht, was
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