Der Prinz der Skorpione: Roman - Der Schattenprinz 3 (German Edition)
mindestens siebzig sein. Er konnte nicht mehr so schnell und gefährlich sein wie früher. Wenn Sahif nur flink genug wäre… Auch Jamade schien dem Frieden nicht zu trauen, sie ließ in ihrem Kampf nicht nach.
»B eendet diesen Streit sofort, oder ihr werdet es bereuen«, sagte Iwar lächelnd.
Sahif tauschte einen Blick mit Jamade. Sie ließen einander gleichzeitig los.
»V erflucht sei die Bruderschaft der Schatten«, keuchte Sahif. Er bemerkte erst jetzt, dass er völlig erschöpft war. Der Kampf hatte ihn mehr mitgenommen, als er gedacht hatte.
»W as geht Euch unser Streit an?«, keuchte Jamade.
»V iel– oder wenig, je nachdem, wie man es betrachtet.«
»W ie seid Ihr so schnell hierhergelangt?«, fragte Sahif düster.
Iwar zupfte an seinen grauen Locken. »N achdem wir Aban so unerwartet verlassen mussten, stießen wir zufällig auf eine schnelle Galeere, die nach Frialis wollte. Ich konnte den Kapitän überreden, seinen Kurs zu ändern. Er setzte uns an der Küste unweit Felisans ab, wo ein gütiges Schicksal wollte, dass ich auf einen reitenden Boten traf. Er überließ mir sein Pferd, als Toter hatte er wohl auch keine Verwendung mehr dafür. Es ist erstaunlich, wie schnell man vorankommt, wenn man sich nicht durch andere Menschen aufhalten lässt, nicht wahr? Ich bin schon seit gestern hier.«
»U nd was, bei allen Höllen, wollt Ihr hier?«, fragte Sahif.
Iwar lächelte. »I ch bin nicht dumm, junger Schatten. Ich habe schon bemerkt, wenn auch etwas spät, dass deine Schattenschwester in einem sehr wichtigen Auftrag unterwegs war. Hier in dieser Burg erfuhr ich endlich auch noch das, was ich nicht schon ohnehin erraten hatte. Und ich denke, dass diese Kammer, um die es geht, auch für unsere Bruderschaft von enormem Nutzen sein wird.«
Sahif hasste den Mann aus tiefster Seele. Alles, was er gelernt hatte, alle dunklen Künste, alle abgefeimten Tricks, die tückischsten Möglichkeiten, ein Leben zu nehmen– er hatte sie von Meister Iwar, dem Obersten aller Lehrmeister der Schatten, gelernt. Er wünschte sich, er wäre ihm nie begegnet, denn es war Iwar, der einen kaltblütigen Mörder aus ihm gemacht hatte. »I ch kann weder Euch noch Jamade oder meiner Schwester erlauben, die Kammer zu öffnen. Es würde das Ende der Welt bedeuten«, stieß er hervor. Er prüfte seine Chancen. Jamade sah vollkommen ermattet aus. Wenn er schnell war und Jamade erledigte, ohne Vorwarnung…
»U nd woher willst du das wissen?«, fragte Iwar freundlich.
»V on jenen, die die Kammer gebaut haben, von den Erdgeistern, die in diesen Bergen leben, den Mahren selbst!«
»N un, sie sagen vielleicht nicht die Wahrheit«, meinte der Schattenmeister ungerührt. »A n ihrer Stelle würde ich auch lügen.«
»I ch kann es nicht erlauben. Ich habe es versprochen«, sagte Sahif und zog sich einen halben Schritt zurück, um Raum für einen Angriff zu haben.
Iwar lächelte kühl. »D u hast auch mir etwas versprochen, auf Bariri, erinnerst du dich?«
Sahif wurde kalt. Er erinnerte sich nur zu gut.
»D u hast mir versprochen, etwas für mich zu tun, wenn ich es will, auch wenn es dir gegen die Ehre gehen sollte, nicht wahr, junge Natter?«
Sahifs Hand krampfte sich um den Messergriff. Wenn er nur schnell genug war, dann konnte er diesen Wahnsinn vielleicht doch noch verhindern. Er musste nur Jamade töten, dann wäre der Schlüssel verloren. »M eister, das könnt Ihr nicht verlangen. Das Schicksal der Welt steht auf dem Spiel.«
Iwar lachte. »U nsinn! Ich glaube kein Wort von dem, was diese Erdgeister dir vielleicht erzählt haben. Nein, Sahif, du wirst deiner Schwester und deiner Schattenschwester erlauben, die geheime Kammer für uns zu öffnen. Dann gehen wir hinunter und sehen gemeinsam, was wir dort finden.« Er blieb freundlich, auf jene kalte Art, die Sahif als Schüler so sehr gefürchtet hatte, war sie doch nur eine dünne Maske für gnadenlose Grausamkeit. Meister Iwar lächelte, als er sagte: »E s ist mein Wunsch, Sahif.«
***
Faran Ured war zurückgeblieben, als die Helmonter mit Schlachtgebrüll den Hügel hinaufstürmten. Er hatte wenig Interesse daran, dem Gemetzel zuzusehen, an dem er große Schuld trug. Die Stadtmauer war eingestürzt, langsam, mit Verzögerung, aber dann doch. Er hatte also seine Aufgabe erfüllt, aber um welchen Preis? Er würde die Magie vermutlich nicht so bald wieder um etwas bitten dürfen. Er lief langsam den Hang hinauf in die Stadt, er hatte es nicht eilig, das Ergebnis
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