Der Prinz der Skorpione: Roman - Der Schattenprinz 3 (German Edition)
wieder gehorchte. Inzwischen hegte er den Verdacht, dass sich die berühmte Kammer oben befand, in der Nähe der Gemächer des Herzogs. Das wäre einerseits seltsam, weil die Alte Magie sich doch tief unter der Erde befinden würde, aber andererseits war die Kammer ein Werk der Mahre, und die waren auch in der Lage, einen Weg nach unten irgendwo in luftiger Höhe anzulegen.
Leider hörte er dort oben die Westgarther lärmen, und er hatte keine Lust, ihnen in die Quere zu kommen. Er lauschte auf den Lärm eines Kampfes, der dort oben gerade stattzufinden schien. Oder war er schon vorüber? Es war wieder merkwürdig still geworden.
Die andere, eigentlich noch logischere Möglichkeit war, dass sich die Kammer der Mahre irgendwo unten in den alten Katakomben befand. Er war schon einmal dort gewesen, vor dreihundert Jahren. Eine solche Kammer hatte er nicht gefunden, allerdings hatte er damals auch nicht gewusst, dass sie überhaupt existierte. Da unten befand sich das Reich des Nekromanten. Auch diese Begegnung hätte er sich gerne erspart. Er blieb an der Treppe stehen. Oben oder unten? Im Prinzip war es gleichgültig, er hatte keine Möglichkeit, die Kammer zu öffnen, er würde den Padischah und Prinz Weszen enttäuschen müssen, und das hieß, er würde seine Familie in noch größere Gefahr bringen.
»V erdammt!«, stieß er hervor. Gab es keinen anderen Weg? Er mahnte sich zur Ruhe. Statt kopflos hin und her zu rennen, sollte er lieber nachdenken. Er atmete tief durch. Worin lag die größte Schwierigkeit? Darin, dass er nicht fliehen konnte, denn die Gedanken der Mittler reisten schneller als jedes Schiff, und der Hinweis, den Weszen ihm gegeben hatte, war sehr ungenau. Die Dünen von Massat? Ein weites Land.
Eins nach dem anderen, mahnte er sich. Bin ich erst in Aramas, wird sich der Rest finden. Aber wie kann ich schneller dort sein als die Gedanken dieser Mittler? Gar nicht!, fluchte er lautlos. Dann sah er es vor sich. Drei Mittler hatte er beim Padischah gesehen. Er musste sie töten! Das war es! Dann musste er nach Felisan, auf dem schnellsten Pferd, das er finden konnte. Auch dort saß wenigstens ein Mittler, nein, eher zwei, denn der Prinz, der dort eingefallen war, hatte bestimmt seinen eigenen Mittler mitgebracht. Aber wenn er die auch noch erledigte? Dann, ein schnelles Schiff… Er schüttelte den Kopf. Viele Danns und Wenns. Er müsste Verwirrung stiften, seine Feinde ablenken, mit wichtigeren Dingen beschäftigten. Plötzlich stand es ihm kristallklar vor Augen: Er musste den Großen Skorpion töten!
Er schluckte, denn dieser Gedanke war ungeheuerlich. Aber hatte Prinz Weszen es nicht gesagt? Hatte er nicht gesagt, dass der Padischah diese angebliche Kränkung durch sein Versagen bis an sein Lebensende nicht vergessen würde? Und das war es: Das Lebensende, er musste es herbeiführen.
Er schüttelte den Kopf, denn das war viel leichter gesagt als getan. Die besten Leibwächter und Zauberer wachten über Akkabal at Hassat. Er würde kaum nah genug an ihn herankommen… es sei denn, es sei denn, er hatte etwas, das der Padischah unbedingt haben wollte. Ja, er brauchte einen Gegenstand, einen magischen Gegenstand, genau das, was Prinz Weszen von ihm verlangt hatte. Und da er die geheime Kammer nicht öffnen konnte, gab es nur einen anderen Ort, wo er das Gesuchte finden konnte: Er musste hinab in die Katakomben, in das Reich des Totenbeschwörers. Vielleicht hatte Meister Hamoch das, was er brauchte. Er atmete noch einmal tief durch. Es war ein Plan, lückenhaft, gefährlich, wahnsinnig sogar, aber es war ein Plan.
Plötzlich fühlte er sich von einer unsichtbaren Kraft emporgehoben und gegen die Wand gedrückt. Er schrie überrascht auf, dann tauchte das Gesicht von Prinz Sahif vor ihm auf.
»I ch kann nicht behaupten, dass ich nach Euch gesucht hätte, Meister Ured, aber es ist gut, dass ich Euch treffe.«
»A ber…«
»D ie Mahre wünschen Euren Tod. Und ich bin ihnen einiges schuldig.«
»I ch bin nicht freiwillig hier, man zwingt mich!«, stieß Ured hervor. Er gab sich ängstlich, aber eigentlich konnte ihm das Messer eines Schattens nicht viel anhaben. Er sollte ihn ruhig töten, der Ring würde ihn wieder zum Leben erwecken. Dann dämmerte ihm, dass dieser Mann den Auftrag von den Mahren erhalten hatte, was hieß, dass er von dem Ring wissen musste.
»W ie könnte man einen so mächtigen Magier zwingen, Meister Ured?«, fragte der Schatten ruhig. Sein Messer lag an Ureds Kehle.
»M
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