Der Prinz der Skorpione: Roman - Der Schattenprinz 3 (German Edition)
viele folgten. Sie schlugen einen Haken, überquerten einen kleinen Platz. Zwei abgerissene Arme und eine Blutlache verrieten, dass die Wächter jene getötet hatten, von denen sie eben überholt worden waren.
Und da war der Alte Lenn, schrie, weinte und lachte inmitten einer Gruppe von Menschen, die in ihrer Flucht angehalten hatten. Sie standen um den Alten, als würden sie ihn mit offenem Mund bestaunen.
»D er Lähmer, zurück!«, zischte Sahif und riss Ela hart am Arm in die entgegengesetzte Richtung.
Jetzt sah Ela das Flirren in der Luft auch. Sie stolperte hinter Sahif her, der über die nächste eingestürzte Hausmauer sprang, sie rücksichtslos weiterzerrte. Um sie herum waren andere, aber Ela achtete nicht auf sie. Sie rannte ums nackte Überleben. Ich darf seine Hand nicht loslassen, dachte sie , ich darf seine Hand nicht loslassen!
»D er Hafen!«, schrie jemand, überholte sie, als Sahif hinter einer zerstörten Mauer zögerte.
»N icht!«, hielt ihn Sahif auf, aber es war zu spät: Eine Furche grub das Pflaster um, riss den Mann in zwei Teile und wandte sich plötzlich zur Seite, als habe ihr Verursacher ein anderes, lohnenderes Ziel erspäht.
»D a hinüber«, schrie Sahif und rannte in einen bis auf die Grundmauern niedergebrannten Palast, schnell hindurch und in einen verwilderten Garten. Ela spürte Zweige, die ihr ins Gesicht schlugen. Eine Mauer versperrte ihnen den Weg, und Ela konnte hinterher selbst nicht genau sagen, wie sie hinüber gekommen war. Sahif hatte ihr geholfen, das musste es sein. Sie fühlte seine Hand nicht mehr in ihrer. Für einen Augenblick setzte ihr Herzschlag aus. Er war fort! Dann war er wieder bei ihr, packte sie am Arm, so hart, dass es schmerzte, und zog sie weiter. Ela begriff, dass er einem verwundeten Krieger über die Mauer geholfen hatte. Ein paar Schritte weiter stolperten Männer und Frauen aus einer alten Pforte hervor, die Ela gar nicht gesehen hatte. Da war das Wasser, der Hafen.
»Z u den Schiffen!«, rief Sahif.
Die Männer und Frauen rannten, und Ela rannte keuchend mit ihnen, fühlte Sahifs festen Griff an ihrem Arm. Mit einem hässlichen Sausen wurde der Mann direkt neben ihr von irgendetwas getroffen. Er blieb stehen, und als Ela sich weiterstolpernd umwandte, sah sie, dass er verwundert seinen eigenen Arm vom Pflaster aufhob. Sahif riss sie grob nach vorn. Da war der Kai, und dort draußen warteten die rettenden Schiffe. Sie hetzten weiter. Ein markerschütternder, unirdischer Schrei ertönte. Ela wäre fast gestürzt. Eine flirrende Säule, durchmischt mit Staub und Wasserdampf– ein Wächter–, hatte sich am Ufer aufgetürmt, dicht am Kai, als versuche er, hinaus aufs Meer zu kommen und scheue doch vor dem Wasser zurück. Ela wäre stehen geblieben wie all die anderen um sie herum auch, denn dieser Massartu konnte ihnen leicht den Weg abschneiden. Aber Sahif riss Ela unerbittlich weiter. »N icht umdrehen«, zischte er.
Ela blickte über die Schulter. Da! Der, den sie den Totengräber nannten, pflügte sich durch den alten Palast, den sie gerade durchquert hatten. Er verfolgte sie! Ela sah voller Grauen Steine und Holz zur Seite fliegen. Sie spürte Holz unter den Füßen, bemerkte erst jetzt, dass sie längst auf dem Kai waren. Hinter ihr pflügte der Wächter knirschend durch Balken und Gestein. Plötzlich sprang sie und erkannte erst, als sie wieder aufkam, dass der Boden unter ihr schwankte. Das Schiff, sie waren auf dem Schiff!
»D ie Leinen!«, schrie jemand, und irgendwie geriet das Schiff in Bewegung, löste sich von der Kaimauer und trieb quälend langsam auf das Wasser hinaus.
»D ie Riemen! Wo sind die Riemen?«, schrie eine Frau.
Auf dem Kai waren noch Menschen, sie rannten um ihr Leben, aber der Pflug war schneller. Ela konnte sich nicht abwenden. Sie sah die unsichtbare Macht in einer Wolke aus Holz, Steinen und zerfetzten Leibern auf sich zurasen. Nur noch wenige Schritte war sie entfernt, dann hielt sie jäh an und ließ einen nervenzerreißenden Schrei hören, verharrte und wandte sich plötzlich um. Sie kehrte zum Ufer zurück. Da! Da hetzte eine dunkle Gestalt am Ufer entlang, der Marghul, verfolgt von einer Wolke aus Staub und Schutt. Er hielt auf einige Fischerboote zu, die am Ufer lagen, aber plötzlich öffnete sich vor ihm zischend der Boden. Er schlug einen Haken, verschwand in den Ruinen, und die Wächter jagten ihm nach.
Lenn war irgendwo hinter ihnen und schrie und lachte so schrill, dass es Ela durch Mark
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