Der Prinz in meinem Maerchen - Roman
Würde zusammen.
»Mir geht es gut«, erklärte sie von Schluckauf unterbrochen, wischte sich mit der Hand übers Gesicht und stellte überrascht fest, wie nass dieses war. Mühsam atmete sie tief ein. Sie wollte nur noch laufen, bis alles vorüber war, vor Rory weglaufen und ihren Körper zwingen, so auf andere Gedanken zu kommen.
Vor dir selbst wegzulaufen, willst du wohl sagen , ertönte eine frostige Stimme in ihrem Hinterkopf. Doch Michelle ignorierte diese Stimme, stieß sich vom Zaun ab und rannte in die entgegengesetzte Richtung, ohne sich noch einmal umzudrehen.
Weinen und gleichzeitig laufen war gar nicht so einfach, doch es lenkte sie ab. Als Michelle schließlich in Richtung des Kanals abbog, war es beinahe schon acht Uhr. Ihr Gesicht hatte glücklicherweise wieder normale Züge angenommen, um den Gassigängern nicht aufzufallen, die in dieser Herrgottsfrühe schon unterwegs waren.
Langsam joggte sie die Swan’s Row hinunter und listete alle Aufgaben auf, die sie an diesem Morgen erledigen konnte, um die erlebte Beschämung möglichst schnell zu vergessen. Sie drosselte das Tempo noch mehr, als sie eine Gestalt auf ihren Eingangsstufen sitzen sah.
Rory, zusammen mit Tarvish. Rory aß ein Croissant aus einer Papiertüte heraus, während Tarvish geduldig auf Krümel wartete. Ein dicker Stapel Sonntagszeitungen lag auf der Treppe, daneben stand eine mit Frühstückszutaten gefüllte Einkaufstüte vom Sainsbury’s-Supermarkt.
»Oh Gott«, keuchte Michelle laut, als Rory sich erhob, um sie zu begrüßen.
»Guten Morgen«, sagte er und wischte sich schnell die Krümel von der Hose. »Heute muss ich Tarvish leider früher vorbeibringen, deswegen dachte ich, wir könnten vielleicht zusammen brunchen und Zeitung lesen …«
»Und Sie sind nicht auf die Idee gekommen, dass ich vielleicht lieber allein sein würde?«
»Was soll ich denn tun?« Rory deutete auf Tarvish. »Ich tanze nur nach seiner Pfeife. Wir sind nichts weiter als seine persönlichen Diener.«
Grollend griff Michelle unter das Vogelhaus aus Terrakotta und holte darunter einen Schlüssel hervor, mit dem sie die Haustür aufschloss.
Rory bestand darauf, das Frühstück zuzubereiten, während sie duschen ging. Als Michelle in einer frischen Jeans und mit noch feuchtem Haar die Treppe herunterkam, duftete es im ganzen Haus nach einem Full English Breakfast. Rory war am Herd beschäftigt und hatte ein Geschirrtuch über der Schulter hängen.
Michelle nahm den Schaden, den ihre saubere Küche genommen hatte, in Augenschein. Rory hatte ganze vier Pfannen, fünf Schüsseln sowie mehrere Teller benutzt, und doch hatte er es geschafft, die Arbeitsplatte mit Krümeln zu übersäen. Tarvish hockte ihm zu Füßen und trug die schuldbewusste, aber triumphierende Miene eines Hundes zur Schau, der beim Kochen mit den anfallenden Resten gefüttert wurde.
Michelle sah genauer hin und entdeckte Krümel in seinen strähnigen schwarzen Barthaaren. »Rory«, legte sie ermahnend los. »Hat Tarvish etwa …«
»Setzen Sie sich«, befahl Rory ihr, ohne sich umzudrehen. »Ich bin dabei, ein Präzisionsfinale hinzulegen. Das Timing ist dabei entscheidend.«
Widerwillig ließ sich Michelle am Tisch nieder und schenkte sich eine Tasse Tee aus der Kanne ein. Danach setzte sie die Kanne auf einen Dreifuß und schob Untersetzer unter die Tassen.
»Hier. Essen Sie das.« Rory schob ihr einen vollen Teller hin und setzte einen an seinen eigenen Sitzplatz. Danach bedeckte er seinen Frühstücksspeck zuerst mit Tomatensoße, danach mit Brown Sauce. »Hauen Sie rein«, fuhr er fort, als Michelle nicht sofort loslegte.
Sie aß ein Stück von dem Würstchen und musste erstaunt zugeben, dass Rory ein hervorragendes Rührei kochte. Ihr aufgewühlter Magen fühlte sich immer besser an, je mehr Frühstücksspeck sie aß.
Nachdem Rory seinen Teller leergeputzt und Michelle ihren nur zur Hälfte bewältigt hatte, schob er seinen Stuhl zurück und musterte sie mit seinem kühlen, klaren Blick.
»Da wir hier gerade so schön zusammensitzen, möchte ich Ihnen gern von mir, Esther und Zachary erzählen«, erklärte er.
»Bitte?« Michelle aß weiter, um ihre Überraschung zu überspielen. »Das geht mich aber nichts an.«
»Und ob Sie das etwas angeht. Immerhin verurteilen Sie mich andauernd als einen egoistischen Dad, der sein Kind im Stich gelassen hat. Das brauchen Sie jetzt gar nicht zu leugnen. Außerdem deuten Sie unterschwellig auch immer wieder an, ich würde oben in
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