Der Prinz in meinem Maerchen - Roman
neidisch zu werden, da jedes Mal, wenn er mit Becca simste, comicmäßige Sterne über seinem Kopf zu tanzen schienen. Bei manchen Leuten geschah so etwas tatsächlich , und Owen gehörte offenbar dazu.
Als er nicht antwortete, räumte Michelle die Teller vom Tisch, um sich auf andere Gedanken zu bringen. Ganz gleich, wie sehr sie Owen liebte und Becca mochte – der Zeitpunkt war nicht sehr günstig, diesem fast schon kitschigen Hin- und Hergesimse zuzusehen. Nachdem sie mit der Öffnung der Kartons die Geister der Vergangenheit gerufen hatte, war ihre Trauer um die verlorene Zeit ihrer Zwanziger in den letzten Tagen deutlich schlimmer geworden. Nur eine eingehende Kontrolle ihrer Verkaufszahlen vermochte sie davon abzulenken.
»Owen, könntest du mal kommen und mir helfen?«, bat sie. Als er jedoch nicht antwortete, drehte sie sich zum Tisch um. Owen starrte schweigend auf sein Handy. »Was ist los?«
Owen schwieg, schob aber das Mobiltelefon über den Tisch. Sein Gesichtsausdruck war seltsam ausdruckslos, sodass sich Michelle schon einen Augenblick lang fragte, ob Becca wohl mit ihm Schluss gemacht hatte.
Es wäre schon ziemlich gemein, dies per SMS-Nachricht zu tun, fand Michelle – und so gar nicht Beccas Art. Vielleicht war es auch ein anderes Mädchen, sein Schwarm aus Dublin, der sich nun meldete, um die heiße Affäre fortzusetzen. Wie peinlich!
Michelle nahm sein Handy. Die Nachricht stammte in der Tat von Becca, doch dort stand: »Ich bin schwanger. Kannst du heute Abend um sieben Uhr zu mir kommen?«
»Oh mein Gott!«, entfuhr es Michelle.
Die Nachricht war ausformuliert, also keine SMS-Sprachkürzel für Becca. Und doch besaß die kurze Nachricht einen hochexplosiven Inhalt. Dieser würde alles verändern und besaß so viele Zeichen, dass das Display des Mobiltelefons ausgefüllt war. Michelle musste die Nachricht dreimal lesen, um ihren Inhalt zu begreifen.
Sie merkte, wie ihr Adrenalinspiegel in die Höhe schoss und ihr schlecht wurde. »Oh mein Gott, Owen! Was hast du dir bloß dabei gedacht?«
Unfähig, auch nur einen Ton herauszubekommen, schüttelte er den Kopf.
»Sie ist erst achtzehn! Sie ist noch ein Kind! Warum um alles in der Welt habt ihr nicht irgendein Verhütungsmittel benutzt?« Michelles Stimme schraubte sich in die Höhe, und ihr Magen krampfte sich immer mehr zusammen. »Du dummer, nichtsnutziger Idiot! Was soll Becca denn jetzt tun? Was wird aus ihrem Studienplatz? Das arme Mädchen … Du bist wirklich alt genug, um zu wissen, wie …«
»Sei still!« Owen schob seinen Stuhl zurück und stützte sich auf dem Tisch ab; dabei starrte er sie verstört an. »Gib mir wenigstens eine Chance!«
»Oh mein Gott, die arme Becca!«, wiederholte Michelle und schlug sich die Hand vor den Mund, als ihr das volle Ausmaß des Ganzen klar wurde. »Sie hat doch immer nur das gewollt, was alle wollten. Arme Anna. Oh Gott, die arme Anna! Und Phil erst … das hat ihn sicher umgehauen …«
»Jetzt hör auf, alle anderen zu bemitleiden!«, schrie Owen plötzlich. »Was soll ich denn jetzt bloß tun?«
»Du tust das, worum auch immer sie dich bittet.«
»Und ich darf da kein Wörtchen mitreden?«
»Soll ich ehrlich sein?« Michelle sah ihn mit blitzenden Augen an. »Nein. Nein, darfst du nicht. Hier geht es jetzt um Becca, nicht um dich. Denn ganz egal, ob sie sich für das Baby entscheidet oder es abtreiben lassen will – du kannst die Sache einfach hinter dir lassen, aber Becca wird für den Rest ihres Lebens damit leben müssen, egal, wie es weitergeht. Darum wirst du tun, was sie sagt.«
Michelle wusste kaum, was sie da sagte – die Worte sprudelten schneller aus ihr heraus, als sie darüber nachdenken konnte. Selbst ihre Stimme schien nicht nach ihr zu klingen – sie war deutlich höher und schriller. Zwar sprach sie über Becca, doch eine leise Stimme hinter diesem Wortschwall warnte sie davor, dass dies einen anderen Ursprung hatte. Dies waren in Wahrheit Worte, über die sie lange Zeit nachgedacht hatte, die sie allerdings in einer verschlossenen Kiste in ihre Erinnerung verbannt hatte. Jetzt plötzlich kamen sie hervor und äußerten sich in vollständigen Sätzen.
Owen starrte sie an und verstand nur Bahnhof.
»Auch mein Leben wird sich von Grund auf verändern!«, protestierte er und schlug sich mit der Hand auf die Brust. »Ich werde Becca auf keinen Fall sitzenlassen. Wofür hältst du mich eigentlich?«
»Für jemanden, dem ich schon oft aus der Patsche geholfen
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