Der Prinz in meinem Maerchen - Roman
mädchenhaften Handschrift noch einmal Schwarz auf Weiß vor sich zu sehen. »Nicht, nachdem ich es geschrieben hatte. Na gut, ich habe durch die Anfangsseiten geblättert, dann aber aufgehört. Ich will von der Party nichts lesen. Ich weiß ja, was da passiert ist.«
Die Party . Das klang so harmlos. Es war nur ein Wort, eines, das sie seitdem millionenmal benutzt hatte, aber jetzt drehte sich das Gespräch um die eine Party – zum ersten Mal seit dreizehn Jahren, und ihr blieben die Worte im Hals stecken.
Michelle leckte sich über die Lippen.
Rory löste die Lederbänder und schlug das Buch auf, hielt dann aber inne.
Er gab ihr das Tagebuch zurück. »Ich habe das Gefühl, dass du es dringender lesen musst als ich«, erklärte er. »Ich brauche keine Details – ich muss einfach nur das wissen, was du mir erzählen willst. Hier.«
Mit zitternden Händen nahm Michelle das Tagebuch wieder entgegen und zwang sich, ab dem Beginn des Frühjahrssemesters zu lesen.
Es begann alles ziemlich gut damit, dass Michelle sehr gute Noten in den Probeklausuren bekam und Ed Pryce im wöchentlichen Sachkundeunterricht neben ihr Platz nahm – was dazu führte, dass sie dienstags die gesamte Mittagspause damit zubrachte, zur Vorbereitung darauf ihr Make-up immer wieder nachzubessern.
Im Februar kam es zu einer kurzzeitigen Irritation, als sich herausstellte, dass keine ihrer drei Valentinskarten von Ed stammte, sondern von ihrem Dad, Owen und einem seltsamen Jungen aus ihrem Jahrgang, dessen Finger immer mit Tinte blau verfärbt waren. Doch die Sache mit Ed kam wieder in die Gänge, als die Pläne für Will Taylors achtzehnten Geburtstag langsam Gestalt annahmen.
Michelle musste feststellen, dass sie jegliche Bezüge zu wichtigen weltgeschichtlichen Ereignissen der Zeit ausgelassen hatte, dafür aber bis ins kleinste Detail die Intrigen der männlichen Externen (mit Zugang zur elterlichen Alkoholbar und zu außerschulischen Treffpunkten) beschrieb, die sich gegen die Internatsschüler (die angesehenen, partyliebenden Anführer) verschworen hatten. Ed war zwar der Sprecher des Internatshauses, gehörte dort aber nicht zu den beliebtesten Jungs. Dies empfand Michelle damals aber eher als beruhigend, da die anderen Mädchen ihr Hauptaugenmerk auf das erste Rugbyteam gerichtet hatten.
3. April
Habe zwei Müsliriegel gegessen, während ich für die Prüfung gelernt habe. Hasse mich dafür, so werde ich nie abnehmen. Ed hat gefragt, ob ich mit meinem Haar etwas angestellt hätte, als er mit mir zusammen in den Speisesaal gegangen ist. Aber Katherine hat ihm gesagt, ich hätte einfach nur ihr Shampoo benutzt, was ich eigentlich ganz witzig fand. Dies bedeutete aber gleichzeitig, dass ich nur noch drei Minuten Zeit hatte, um mit Ed zu reden, bevor das Mittagessen begann. Darum habe ich es nicht mehr geschafft, irgendwelche Bemerkungen über die Party fallen zu lassen.
Daniel sagt, seine Eltern seien an dem betreffenden Wochenende nicht da, sodass wir zu ihm gehen und in seinem Garten grillen können. Trotzdem drängt Anthony immer wieder darauf, unten am Strand zu feiern. Er meint, der Rückweg zur Schule sei kürzer, also müssten wir nicht so früh Schluss machen, außerdem will er vorher dort schon Alkohol verstecken. Mir gefällt die Idee, am Strand zu feiern – das klingt ziemlich romantisch. Katherine findet die Sanddünen okay, sagt aber, wir müssten Decken mitnehmen, wenn wir nicht wollen, dass die nächsten zwei Tage Sand aus gewissen Körperteilen herausrieselt. Das hat mich ehrlicherweise ein wenig geschockt – ich hätte nicht vermutet, dass sie es schon einmal getan hat, aber sie sagt Ja, und zwar mit Anthony. Ich musste ihr versprechen, dies für mich zu behalten – da Anthony wegen Rauchens bereits eine Verwarnung bekommen hat. Sollte er noch eine erhalten, würde er von der Schule fliegen. Wahrscheinlich wird es am Strand sowieso eiskalt sein, sodass der Sand ohnehin nirgendwohin rieseln kann!
10. April – Party!!!
Darunter hatte Michelle etwas mit Bleistift geschrieben, allerdings in einer Schrift, die aussah, als sei sie die Handschrift einer anderen Person. Die Schrift wirkte unordentlich und verzerrt und war stellenweise verschmiert, während andere Passagen wütend durchgestrichen waren.
Ich schreibe dies auf, um die Ereignisse aus dem Kopf zu bekommen, um dann dieses Tagebuch zu schließen und endgültig zu zerstören.
Bin mit Katherine, Sophie und Marlene zum Strand hinuntergegangen. Bevor wir
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