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Der Prinz und der Soeldner

Der Prinz und der Soeldner

Titel: Der Prinz und der Soeldner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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Bewusstseinsmanipulation?
    Der Tageszyklus kroch vorbei, und Miles erwartete jeden Augenblick, dass er zu seiner allerersten Erfahrung eines Schnell-Penta-Verhörs abgeholt würde. Was würden Cavilo und Metzov mit der bizarren Wahrheit von Miles’ und Gregors Odyssee anfangen? Drei Kauriegel trafen nach unbestimmbaren Intervallen ein, und die Lichter wurden wieder gedämpft und markierten eine weitere Schiffsnacht. Drei Mahlzeiten und kein Verhör.
    Was hielt die da draußen auf? Es gab keine Geräusche oder subtile Gravitationsschwankungen, die darauf hingedeutet hätten, dass das Schiff das Dock verließ, sie waren immer noch mit der Vervain-Station verbunden. Miles versuchte, sich körperlich müde zu machen, indem er hin- und herlief: zwei Schritte, Wendung, zwei Schritte, Wendung, zwei Schritte … aber der einzige Erfolg bestand darin, dass sein Körpergeruch intensiver wurde und dass ihm schwindelte.
    Ein weiterer Tag schlängelte sich vorbei, und eine weitere ›Nacht‹ mit gedämpftem Licht. Ein weiterer Frühstücksknabberriegel fiel durch die Öffnung auf den Boden. Dehnte oder komprimierte man künstlich die Zeit, um seine biologische Uhr zu verwirren, damit er für das Verhör weichgemacht würde? Warum die Mühe?
    Er kaute an seinen Fingernägeln. Er kaute an seinen Zehennägeln. Er zog winzige grüne Fäden aus seinem Hemd und versuchte damit seine Zähne wie mit Zahnseide zu reinigen. Dann versuchte er aus winzigen, winzigen Knoten kleine grüne Muster zu machen. Schließlich verfiel er auf die Idee, Botschaften zu flechten. Konnte er ›Hilfe, ich bin gefangen …‹ als Makramee knüpfen und mit Hilfe statischer Aufladung auf dem Rücken von irgend jemands Jacke anbringen? Das heißt, falls überhaupt jemals wieder jemand käme? Er hatte schon H, I, L in zarter Spinnwebschrift geschafft, da blieb der Faden an einem Niednagel hängen, während er sein stoppeliges Kinn rieb, und aus seiner Bitte wurde ein unleserliches grünes Knäuel. Er zog einen weiteren Faden heraus und begann aufs neue.
    Das Schloss blinkte und piepste. Miles schreckte hoch und erkannte erst jetzt, dass er in dem Gemurmel seiner Isolation in einen fast hypnotischen Dämmerschlaf verfallen war. Wieviel Zeit war vergangen?
    Sein Besucher war Cavilo, forsch und geschäftsmäßig in ihrer Ranger-Uniform. Ein Wächter bezog Posten direkt vor der Zellentür, die sich hinter Cavilo schloss. Eine weitere private Plauderei, so schien es. Miles bemühte sich, seine Gedanken zusammenzubekommen, sich zu erinnern, was er vorhatte.
    Cavilo ließ sich gegenüber Miles an derselben Stelle nieder, die auch Metzov gewählt hatte, in fast der gleichen entspannten Haltung, und beugte sich vor, die Hände locker auf den Knien verschränkt, aufmerksam und selbstsicher. Miles saß mit überkreuzten Beinen, an die Wand gelehnt, und er fühlte sich deutlich im Nachteil. »Lord Vorkosigan, äh …« Sie hob den Kopf, brach ab und bemerkte: »Sie schauen überhaupt nicht gut aus.«
    »Einzelhaft bekommt mir nicht.« Seine Stimme, die er lange nicht mehr benutzt hatte, klang krächzend, er musste innehalten und sich räuspern. »Vielleicht ein Bibliotheksprojektor …« – sein Gehirn kam knirschend in Gang –, »oder besser, eine Gelegenheit zur körperlichen Bewegung.« Die ihn aus seiner Zelle und in Kontakt mit Menschen bringen würde, die er zu irgend etwas anstiften könnte. »Meine medizinischen Probleme zwingen mich zu einer disziplinierten Lebensweise, wenn sie nicht akut werden und mich behindern sollen. Ich brauche unbedingt eine Bewegungspause, oder ich werde wirklich krank.«
    »Hm. Wir werden sehen.« Sie fuhr mit der Hand durch ihr kurzes Haar und fasste ihn wieder ins Auge. »Also, Lord Vorkosigan, erzählen Sie mir von Ihrer Mutter.«
    »Ha?« Eine höchst verwirrende, jähe Wendung für ein militärisches Verhör. »Weshalb?«
    Sie lächelte gewinnend. »Gregs Erzählungen haben mein Interesse geweckt.«
    Gregs Erzählungen? War der Kaiser mit Schnell-Penta behandelt worden? »Was … wollen Sie wissen?«
    »Nun gut … ich habe gehört, Gräfin Vorkosigan stamme von einem anderen Planeten, sei eine Betanerin, die in Ihre Aristokratie eingeheiratet hat.«
    »Die Vor sind eine Kriegerkaste, aber ja.«
    »Wie wurde sie von der herrschenden Schicht – wie auch immer die sich nennt – aufgenommen? Ich hatte gedacht, die Barrayaraner seien total provinziell, voller Vorurteile gegen Leute von anderen Planeten.«
    »Das sind wir auch«,

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