Der Prinz und der Soeldner
fürchte, der liebe Stanis ist dabei, seine Nützlichkeit zu verlieren.«
Miles erblasste, als er sich daran erinnerte, was Metzov sonst noch bei dem Gespräch gesagt hatte. »Wegen … Illoyalität?«
»Überhaupt nicht. Illoyalität kann manchmal sehr nützlich sein, unter richtiger Leitung. Aber die gesamte strategische Situation kann sich demnächst drastisch ändern. Unvorstellbar. Und nach all der Zeit, die ich damit verschwendet habe, ihn mir warmzuhalten. Ich hoffe, dass nicht alle Barrayaraner so langweilig sind wie Stanis.« Sie lächelte kurz. »Das hoffe ich doch sehr.«
Sie lehnte sich vor und sah ihn gespannt an. »Ist es wahr, dass Gregor … äh … von zu Hause weglief, um dem Druck seiner Berater zu entgehen, eine Frau zu heiraten, die er nicht ausstehen konnte?«
»Er hatte es mir gegenüber nicht erwähnt«, sagte Miles verblüfft. Warte mal – was hatte Gregor dort draußen vor? Er sollte lieber vorsichtig sein und nicht aus der Reihe tanzen. »Allerdings gibt es da Besorgnis. Wenn er in absehbarer Zeit ohne Erben sterben sollte, dann befürchten viele, dass ein Kampf zwischen verschiedenen Gruppen ausbrechen könnte.«
»Er hat keinen Erben?«
»Die verschiedenen Gruppen können sich nicht einigen. Außer auf Gregor.«
»Also wären seine Berater froh, wenn er heiratete.«
»Überglücklich, nehme ich an. Hm …« Miles’ Unbehagen an dieser Wendung des Gespräches verwandelte sich plötzlich in eine Erleuchtung, wie der Blitz vor der Druckwelle. »Kommandantin Cavilo – Sie stellen sich doch nicht etwa vor. Sie könnten sich zur Kaiserin von Barrayar machen, oder?«
Ihr Lächeln wurde wölfisch. »Natürlich könnte ich das nicht. Aber Greg könnte es.« Sie richtete sich auf, offensichtlich verärgert über die Verblüffung auf Miles’ Gesicht. »Warum nicht? Ich habe das richtige Geschlecht. Und offensichtlich auch die richtige militärische Vorgeschichte.«
»Wie alt sind Sie?«
»Lord Vorkosigan, wirklich, was für eine unhöfliche Frage.« Ihre blauen Augen funkelten. »Wenn wir auf derselben Seite wären, könnten wir zusammenarbeiten.«
»Kommandantin Cavilo, ich glaube, Sie verstehen Barrayar nicht. Oder die Barrayaraner.« Tatsächlich hatte es Epochen in der Geschichte von Barrayar gegeben, in die Cavilos Art der Kommandoführung gepasst hätte. Zum Beispiel die Terrorherrschaft von Kaiser Yuri dem Wahnsinnigen. Aber man hatte die letzten zwanzig Jahre versucht, von alldem wegzukommen.
»Ich brauche Ihre Kooperation«, sagte Cavilo. »Oder zumindest könnte sie sehr nützlich sein. Für beide von uns. Ihre Neutralität könnte ich … tolerieren. Ihre aktive Opposition wäre jedoch ein Problem. Für Sie. Aber wir sollten es vermeiden, uns schon in diesem frühen Stadium in den Fallen negativer Einstellungen zu verfangen, nicht wahr?«
»Was ist mit der Frau und dem Kind dieses Frachterkapitäns geschehen? Mit der Witwe und dem Waisenkind vielmehr?«, fragte Miles durch die Zähne.
Cavilo zögerte kurz. »Der Mann war ein Verräter. Von der schlimmsten Sorte. Hat seinen Planeten für Geld verkauft. Er wurde bei einem Akt der Spionage gefasst. Es gibt keinen moralischen Unterschied zwischen dem Befehl zu einer Exekution und ihrer Ausführung.«
»Da stimme ich zu. Und eine Reihe von Rechtssystemen auch. Was ist mit dem Unterschied zwischen Exekution und Mord? Vervain befindet sich nicht im Krieg. Seine Handlungen mögen illegal gewesen sein und Verhaftung, Prozess und Gefängnisstrafe oder soziopathologische Therapie erforderlich gemacht haben – wo ist dabei der Prozess geblieben?«
»Ein Barrayaraner, der sich um Legalität streitet? Wie seltsam.«
»Und was ist mit seiner Familie passiert?«
Sie hatte einen Augenblick Zeit zum Nachdenken gehabt, verdammt noch mal. »Die langweiligen Vervani haben ihre Freilassung verlangt. Natürlich wollte ich nicht, dass er erfuhr, dass sie nicht mehr in meinen Händen waren, sonst hätte ich ja meinen Zugriff auf sein Verhalten aus der Ferne verloren.«
Lüge oder Wahrheit? Es gab keine Methode, dies festzustellen. Aber sie macht einen Rückzieher von ihrem Fehler. Bevor sie sich auf sicherem Boden fühlte, ließ sie ihre Reaktionen davon bestimmen, dass sie ihre Dominanz durch Terror erreichte. Weil sie sich nicht auf sicherem Boden fühlte. Ich kenne den Ausdruck, der auf ihrem Gesicht war. Mörderische Paranoiker sind mir so vertraut wie das Frühstück, ich hatte einen siebzehn Jahre lang als Leibwächter. Für einen
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