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Der Prinz und der Soeldner

Der Prinz und der Soeldner

Titel: Der Prinz und der Soeldner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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waren geknebelt an ihre Stühle gebunden.
    Tung hatten seinen gelben Pyjama mit einer grauen Interimsuniform vertauscht, auf der die Insignien eines Kommodore eilig über die Kapitänsabzeichen gesteckt waren. Die Reaktionen der Versammelten auf Tungs einführende taktische Präsentation reichten von Zweifel bis Erschrecken, überwältigt (fast) von der stürmischen Geschwindigkeit der Aktionen, die von ihnen verlangt wurden.
    Tungs zwingendstes Argument war die unheilvolle Andeutung, dass sie, wenn sie sich nicht selbst als die Verteidiger des Wurmloches etablierten, vielleicht gezwungen sein könnten, durch das Wurmloch hindurch später eine vorbereitete cetagandanische Verteidigung anzugreifen, eine Vision, die rings um den Tisch allüberall Schauder hervorrief. Es könnte schlimmer sein, war immer eine unwiderlegliche Behauptung.
    Als sie ein Gutteil hinter sich hatten, massierte Miles seine Schläfen und beugte sich zu Elena hinüber, um ihr zuzuflüstern: »War es immer so schlimm, oder habe ich es nur vergessen?«
    Sie schürzte nachdenklich ihre Lippen und erwiderte murmelnd: »Nein, die Beschimpfungen waren besser in den alten Tagen.« Miles grinste gequält.
    Er erhob hundert unbefugte Forderungen und machte hundert haltlose Versprechungen, und schließlich löste sich die Sitzung auf, jeder kehrte an seinen Dienstplatz zurück. Oser und der Kapitän der Peregrine wurde unter Bewachung zum Schiffsgefängnis gebracht. Tung hielt nur an, um kritisch auf die braunen Filzpantoffeln zu blicken.
    »Wenn du meinen Haufen kommandieren willst, mein Sohn, würdest du dann bitte einem alten Soldaten eine Gunst erweisen und dir ein Paar vorschriftsmäßige Stiefel besorgen?« Zum Schluss blieb nur Elena zurück.
    »Ich möchte, dass du noch einmal General Metzov verhörst«, sagte Miles zu ihr. »Hol aus ihm all die taktischen Daten über die Aufstellung der Rangers heraus, die du kannst – Codes, im Dienst und außer Dienst befindliche Schiffe, letzte bekannte Positionen, Eigenheiten des Personals, und dazu alles, was er über die Vervani wissen mag. Streiche jede unglückliche Bezugnahme auf meine wahre Identität, die er von sich geben sollte, und gib die Daten dann ans Planungszentrum weiter, mit der Warnung, dass nicht alles, von dem Metzov denkt, es sei wahr, auch notwendigerweise wahr sein muss. Es kann hilfreich sein.«
    »In Ordnung.«
    Miles seufzte und sank an dem leeren Konferenztisch erschöpft auf seine Ellbogen.
    »Du weißt, die planetarischen Patrioten wie die Barrayaraner – wir Barrayaraner – haben unrecht. Unser Offizierskader denkt, dass Söldner keine Ehre haben, weil sie gekauft und verkauft werden können. Aber Ehre ist ein Luxus, den sich nur ein freier Mann leisten kann. Ein guter kaiserlicher Offizier wie ich ist nicht durch die Ehre gebunden, er ist nur gebunden. Wie viele dieser ehrlichen Leute habe ich gerade in ihren Tod gelogen? Es ist ein seltsames Spiel.«
    »Würdest du heute irgend etwas ändern?«
    »Alles. Nichts. Ich hätte zweimal so schnell gelogen, wenn ich es tun müsste.«
    »Du sprichst schneller mit deinem betanischen Akzent«, räumte sie ein.
    »Du verstehst mich. Tue ich das Richtige? Wenn ich es schaffe. Ein Misserfolg ist automatisch falsch.« Nicht ein Pfad in die Katastrophe, sondern alle Pfade …
    Sie hob ihre Augenbrauen. »Sicher.«
    Seine Mundwinkel zuckten nach oben. »Also du«, die ich liebe, »meine Lady aus Barrayar, die Barrayar hasst, bist die einzige Person in der Hegen-Nabe, die ich auf ehrliche Weise opfern kann.«
    Sie neigte ihren Kopf zur Seite und erwog seine Worte. »Danke, Mylord.« Sie berührte mit ihrer Hand seinen Scheitel und verließ den Raum.
    Miles zitterte.

 
KAPITEL 15
     
    Miles kehrte in Osers Kabine zurück, um schnell die Dateien der Komkonsole des Admirals durchzusehen. Er versuchte, all die Veränderungen in der Ausrüstung und im Personal in den Griff zu bekommen, die stattgefunden hatten, seit er zuletzt Kommandant gewesen war. Außerdem wollte er wissen, wie die Nachrichtendienste der Dendarii und der Aslunder die Ereignisse in der Hegen-Nabe darstellten. Irgend jemand brachte ihm ein Sandwich und einen Kaffee, die er zu sich nahm, ohne es wahrzunehmen. Der Kaffee konnte ihn nicht mehr munter halten, obwohl er immer noch unter einer fast unerträglichen Spannung stand.
    Sobald wir vom Dock ablegen, werde ich in Osers Bett fallen. Er sollte wohl besser wenigstens einen Teil der sechsunddreißig Stunden Transitzeit

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