Der Prinz und der Soeldner
hätten, tröstete Miles sich selbst.
Tung, Elena und Chodak guckten auch alle wie Touristen.
Miles ließ sie Haltung annehmen, um die schneidigen militärischen Willkommensgrüße ihrer Gastgeber entgegenzunehmen und zu erwidern.
»Ich bin Oberstleutnant Natochini, stellvertretender Kommandeur der Prinz Serg«, stellte sich der ranghöchste Barrayaraner vor. »Leutnant Yegorov hier wird Sie und Oberstleutnant Bothari-Jesek zu Ihrem Treffen mit Admiral Vorkosigan führen, Admiral Naismith. Kommodore Tung, ich werde Sie persönlich auf der Prinz Serg herumführen, und es wird mir eine Freude sein, alle Ihre Fragen zu beantworten. Falls die Antworten nicht der Geheimhaltung unterliegen, natürlich.«
»Natürlich.« Tungs breites Gesicht sah enorm befriedigt aus. Wirklich, wenn Tung noch ein bisschen selbstgefälliger würde, dann könnte er implodieren.
»Wir werden uns Admiral Vorkosigan zum Mittagessen in der Offiziersmesse der höheren Ränge anschließen, nach Ihren Treffen und unserem Rundgang«, fuhr Oberstleutnant Natochini an Miles gewandt fort. »Unsere letzten Dinnergäste hier waren der Präsident von Pol und seine Begleitung, vor zwölf Tagen.«
In dem sicheren Bewusstsein, dass die Söldner die Bedeutung des Privilegs verstanden, das ihnen eingeräumt wurde, führte der barrayaranische Offizier Tung und Chodak, die beide glücklich waren, den Korridor hinab. Miles hörte, wie Tung leise kicherte: »Mittagessen mit Admiral Vorkosigan, höhö …«
Leutnant Yegorov dirigierte Miles und Elena in die entgegengesetzte Richtung. »Sie sind Barrayaranerin, Madame?«, wollte er von Elena wissen.
»Mein Vater war achtzehn Jahre lang ein durch Lehnseid gebundener Gefolgsmann des verstorbenen Grafen Piotr«, erklärte Elena. »Er starb im Dienste des Grafen.«
»Ich verstehe«, sagte der Leutnant respektvoll. »Sie sind also mit der Familie bekannt.« Das erklärt Ihre Einladung, konnte Miles ihn fast denken sehen.
»Ah, ja.«
Der Leutnant blickte mit etwas mehr Zweifel auf ›Admiral Naismith‹ herab. »Und … hm … ich habe gehört, dass Sie Betaner sind, Sir?«
»Ursprünglich«, sagte Miles in seinem breitesten betanischen Akzent.
»Sie … finden vielleicht die Art, wie wir Barrayaraner manche Dinge tun, ein bisschen formeller, als Sie es gewohnt sind«, warnte der Leutnant. »Der Graf, verstehen Sie, ist an den Respekt und die Ehrerbietung gewöhnt, die seinem Rang zustehen.«
Miles beobachtete amüsiert, wie der ernsthafte Offizier nach einer höflichen Methode suchte, um ihm zu sagen: Nennen Sie ihn ›Sir‹, wischen Sie nicht Ihre Nase an Ihrem Ärmel ab und unterlassen Sie Ihre verdammten egalitären betanischen Frechheiten. »Sie dürften ihn als sehr respekteinflößend empfinden.«
»Ein echter Wichtigtuer, nicht wahr?«
Der Leutnant runzelte die Stirn. »Er ist ein großer Mann.«
»Och, ich wette, wenn wir ihm beim Essen genügend Wein zu trinken geben, dann wird er schon auftauen und schmutzige Geschichten erzählen wie jeder andere auch.«
Yegorovs höfliches Lächeln fror auf seinen Lippen fest. Elena rollte mit den Augen, beugte sich herab und flüsterte energisch: »Admiral, benehmen Sie sich!«
»Oh, ist schon gut«, seufzte Miles bedauernd. Der Leutnant war über Miles’ Kopf hinweg Elena einen dankbaren Blick zu.
Miles bewunderte im Vorübergehen, dass alles wie aus dem Ei gepellt aussah. Abgesehen davon, dass sie neu war, hatte man bei der Planung der Prinz Serg an die Diplomatie ebenso wie an den Krieg gedacht und ein Schiff gebaut, das geeignet war, den Kaiser bei Staatsbesuchen zu befördern, ohne an militärischer Wirksamkeit einzubüßen. In einem Querkorridor, dessen Wandverkleidung zum Teil offenstand, sah er einen jungen Fähnrich, der eine Technikergruppe bei kleineren Reparaturen dirigierte – nein, bei Gott, das war originale Installationsarbeit.
Die Prinz Serg hatte den Orbit mit den Arbeitsmannschaften noch an Bord verlassen, wie Miles gehört hatte. Er blickte schnell über die Schulter zurück. Wenn Gott und General Metzov es nicht anders gewollt hätten, dann wäre ich jetzt hier an Bord. Wenn er seine Nase auf der Insel Kyril bloße sechs Monate sauber gehalten hätte … – er empfand einen Stich unlogischen Neides auf den geschäftigen Fähnrich.
Sie betraten den Offiziersbereich. Leutnant Yegorov führte sie durch ein Vorzimmer in ein spartanisch eingerichtetes Flaggbüro, das doppelt so groß war wie alles, was Miles je zuvor auf einem
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